Parteien - München:Nach Kritik: Münchner CSU verschiebt Präsenzparteitag

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München (dpa/lby) - Nach Kritik von verschiedenen Seiten hat die CSU München ihren für Donnerstagabend geplanten Bezirksparteitag verschoben. Die Durchführung wäre rechtlich und unter strengen Hygieneauflagen möglich und zulässig gewesen, teilte der scheidende Vorsitzende Ludwig Spaenle am Donnerstag mit. Es dürfe aber in dieser durch die Pandemie bestimmten Zeit keinerlei missverständlicher Eindruck entstehen. Bei dem Parteitag sollte ein neuer Vorsitzender gewählt werden.

Noch am Vortag hatte der CSU-Bezirksverband an seinem geplanten Präsenzparteitag festgehalten. Zu der Veranstaltung im Festsaal auf dem Nockherberg wurden zwischen 70 und 80 von insgesamt 89 Stimmberechtigten erwartet.

Kritik unter anderem seitens der bayerischen Grünen habe die Entscheidung zu der Absage nicht beeinflusst, betonte Spaenle. Er sei der Einladende gewesen. Insofern sei das seine Entscheidung gewesen, sagte Spaenle der Deutschen Presse-Agentur. Auch ein Parteisprecher erklärte auf Anfrage, es handle sich um eine "souveräne" Entscheidung des Bezirksverbandes. "Wir respektieren das."

Wer den Kurs der CSU in den vergangenen Pandemiemonaten beobachtet hat, dem dürfte an der kurzfristigen Verschiebung ohne jeglichen Einfluss aber Zweifel kommen. Vielmehr dürfte es auch internen Druck gegeben haben, immerhin widerspricht eine Präsenzveranstaltung in der Pandemie klar den Vorgaben der Parteilinie.

Zur Erinnerung: Bereits im vergangenen September hatte der CSU-Vorstand sich dafür ausgesprochen, nicht nur den großen Parteitag im Dezember wegen der Corona-Krise abzusagen, auf absehbare Zeit sollte es auch keine anderen großen Präsenzveranstaltungen mehr geben, hieß es damals. Konkret hieß das, dass unter Einhaltung von Hygieneregeln notwendige Veranstaltungen zwar stattfinden könnten, die Partei aber hier "eine besondere Vorbildwirkung" habe und daher größere Veranstaltungen und Parteitag vorerst abgesagt seien.

CSU-Generalsekretär Markus Blume hatte noch vor wenigen Tagen den Präsenz-Parteitag verteidigt. "Demokratie darf in Corona-Zeiten nicht pausieren", sagte Blume der "Abendzeitung" vom Dienstag. Alle Regeln würden "strikt eingehalten, mit extra viel Abstand und einem sehr knappen Programm".

Bei dem Parteitag sollte ein Nachfolger für Spaenle bestimmt werden. Spaenle, der Antisemitismus-Beauftragte der Staatsregierung ist und bis 2018 dem bayerischen Kabinett als Kultusminister angehörte, hatte im September seinen Rückzug angekündigt. Justizminister Georg Eisenreich gilt als Kandidat für die Nachfolge.

Die Wahl sei online nicht möglich, sagte Spaenle. "Man muss in Präsenz wählen." Er habe den Parteitag für rechtlich zulässig und aus Sicht des Infektionsschutzes für vertretbar gehalten. "Wir haben in München eine Inzidenz von unter 30." Zugleich aber dürfe eine solche Veranstaltung "nicht missverständlich rüberkommen". Ein Ersatz-Termin müsse neu festgelegt werden. "Wir werden das in den Gremien der Münchner CSU besprechen. Wie und wann wir das machen, ist nicht allein meine Kompetenz."

Unter anderem der Vorsitzende der bayerischen Grünen, Eike Hallitzky, hatte am Vortag das Festhalten an der Veranstaltung in Zeiten der Corona-Pandemie kritisiert. Die CSU sei damit ein "denkbar schlechtes Vorbild", schrieb er auf Twitter. "Wie können wir unter diesen Vorzeichen Menschen zum Durchhalten motivieren, die seit Monaten unter Beschränkungen leiden, deren wirtschaftliche Existenz bedroht ist?" Landtagsvizepräsident Wolfgang Heubisch (FDP), bezeichnete den Parteitag als "sehr fragwürdiges Zeichen an die Bürger, die mit Durchhalteparolen hingehalten werden".

© dpa-infocom, dpa:210218-99-497154/3

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