"Partei für Franken":Vorbild Schottland

Eine neue Partei fordert mehr Autonomie für die Region Franken. Auch wenn das Hunderte von Jahren dauern könnte.

Olaf Przybilla

In den Tagen nach dem erzwungenen Rücktritt des damaligen Ministerpräsidenten Günther Beckstein geisterte ein Phantom durch die Leserbriefspalten nordbayerischer Tageszeitungen. Es trug viele Namen.

Franken-Flagge

Sollte Franken ein eigenes Bundesland werden, wäre Nürnberg möglicherweise die Hauptstadt.

(Foto: Montage: sueddeutsche.de)

Die meisten Schreiber aber wollten es FSU genannt wissen: eine Fränkisch Soziale Union für die geschundenen Seelen Nordbayerns. Aus der Gründung einer CSU-Abspaltung wurde nichts, trotz aller Empörung. Nun aber will sich die "Partei für Franken" auf den Weg machen, die Stimmen aller Frustrierten aus der Region zu sammeln.

Auf einem Parteitag im Oktober in Bamberg soll die Partei gegründet werden. Ein Plakat haben die Parteifranken bereits entworfen: "Pauli ausspioniert, Beckstein demontiert, Seehofer installiert, Hohlmeier rehabilitiert - und jetzt wird abserviert", so lautet die politische Grundanalyse.

Die drei fränkischen Bezirke sollen zusammengelegt werden

Als Motoren der neuen Partei treten Volker Backert in Erscheinung, derzeit SPD-Mitglied und Abteilungsleiter für öffentliche Sicherheit in Coburg, sowie Marco Mehl, der bis 2008 der Jungen Union im Kreis Erlangen vorstand. Sie nennen Ziele, die nicht neu sind: Die drei fränkischen Bezirke sollen zusammengelegt werden, auf dass sich die 4,2 Millionen Franken nicht mehr von den Altbayern auseinanderdividieren lassen.

Auch soll die "Beutekunst" in die fränkische Heimat zurückgeführt werden. Und Franken soll künftig - wie in Baden-Württemberg oder Rheinland-Pfalz - mit Hilfe eines Doppelnamens sichtbar werden: Bayern-Franken. Um das zu erreichen, wirbt Backert für einen langen Atem: Die Schotten, sagt er, hätten auch fast 300 Jahre lang für die Autonomie kämpfen müssen.

Bedarf es dafür einer Partei? Norbert Gramlich findet das nicht. Er ist Vorstandsmitglied des "Fränkischen Bundes" - jenes Vereins, der sich bislang berufen fühlt, der Frankenfolklore eine Stimme zu geben. Auch Backert ist Mitglied bei den Vereinsfranken. Seine Idee, eine Partei gründen zu wollen, hält Gramlich für abstrus. Was solle etwa, fragt er sich, der speziell fränkische Standpunkt zu Themen wie Kernkraft oder Kinderbetreuung sein? "Künftig müssten die doch darüber Auskunft geben", gibt Gramlich zu bedenken.

Ein eigenes Bundesland fordert Partei nicht - vorerst

Das Grundsatzprogramm der Partei versucht darauf tatsächlich Antworten zu finden: Für Mindestlöhne ist die Partei, auch für ein christliches Wertefundament und eine "urfränkische Form der Liberalität" - die lange schon existiert haben soll, bevor "man südlich der Donau die liberalitas bavariae als Marketingstrategie" erfunden habe.

Gegen Frauenquoten ist die Partei, gegen Linksradikale und gegen Rechtsextremismus - was aus gutem Grund betont wird, wurden doch Gründungsmitglieder des späteren "Fränkischen Bundes" zum rechtsradikalen Umfeld gerechnet. Etwaige Extremisten sollen bei den Parteifranken ausgeschlossen werden.

Ein eigenes Bundesland fordert die Partei nicht - jedenfalls so lange nicht, wie keine "grundlegende Neugliederung des Bundesgebietes" anstehe. Sollte darüber nachgedacht werden, so müsse ein eigenes Bundesland in Betracht gezogen werden. Schließlich sei Franken so groß wie Belgien, zähle fast so viele Einwohner wie Norwegen und wäre hinsichtlich Fläche und Einwohnerzahl das siebtgrößte Bundesland, argumentiert Backert.

Selbst bei der "Fränkischen Arbeitsgemeinschaft", die auch für fränkische Belange eintritt, erregt das Unmut. Helmut Ritzer, der dem Bündnis vorsteht, hält eine Partei für "schädlich für die fränkische Sache". Sollten sich bei der Landtagswahl 2013, zu der die Partei antreten will, tatsächlich Wähler finden, dann heiße es in ganz Bayern, fürchtet Ritzer, "diese Deppen aus Franken".

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