Parlament:Fröschl, Kurzzeit-Abgeordneter

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Von dem Mann, der in den Landtag einzog, als Horst Seehofer Bundesinnenminister wurde, hat jeder schon mal irgendwas gehört. Inzwischen kennen sie sogar seinen Namen im Parlament. Doch dass er länger bleibt, darüber macht sich Markus Fröschl keine Illusion

Von Matthias Köpf, München

"Das ist jetzt nicht so, dass es ohne den Fröschl nicht ginge", sagt der Abgeordnete, den nach seiner eigenen Einschätzung jeder im Landtag irgendwie kennt, aber von dem keiner den Namen weiß. Er heißt Fröschl, Vorname Markus, wird bald 53 Jahre alt und von der Landtagsverwaltung als Stimmkreisabgeordneter für Neuburg-Schrobenhausen geführt, obwohl er aus Nunbichl bei Trostberg im Landkreis Traunstein kommt. Daheim hatten ihm nach der Landtagswahl vor fünf Jahren schon viele gratuliert, ein bisschen voreilig allerdings. Es müsse ja nicht gleich einer sterben, hatte es geheißen. Aber in die Wirtschaft hätte doch gut wer wechseln können. Oder Bundesinnenminister werden wie Horst Seehofer im März. Seehofer hat deswegen sein Mandat im Landtag abgegeben, und Markus Fröschl ist doch noch nachgerückt ins Maximilianeum. Seit 7. Mai sitzt er im Landtag, und in diesen Tagen erlebt er wohl seine auf absehbare Zeit letzte Sitzungswoche. Das Gefühl, dass es auf ihn politisch jetzt auch nicht mehr unbedingt ankommt, verleiht Fröschl eine fröhliche Gelassenheit, wie sie im Maximilianeum sonst gerade kaum jemandem vergönnt ist.

Das mag auch ein bisschen an dem Saustall liegen, in dem Markus Fröschl sonst seiner täglichen Arbeit nachgeht. Er ist Schweinemäster, "ein ganz konventioneller" und mit 500 Tieren "ein ganz ein kleiner", wie selber sagt. In aller Frühe war er an dem Tag schon im Stall, dann hat er sich zum grün karierten Hemd die dunkle Stresemannhose, die Hosenträger und den grauen Trachtenjanker angezogen und ist nach München gefahren zu all den Sitzungen im Arbeitskreis, in der Fraktion und im Plenum. "Man muss ja die Klischees auch bedienen", findet Fröschl, wenn sie ihm daheim schon immer mit Ludwig Thomas Kunstfigur kommen und frotzeln, dass der Abgeordnete Filser wieder zum Regieren fahre. Abends geht er sowieso noch mal in den Stall, denn "für die paar Monate wär's das überhaupt nicht wert, dass ich daheim groß umstelle". Auf ein Büro verzichtet er ebenso wie auf eine Wohnung in München und auf Mitarbeiter. Die schmale Aktentasche muss reichen. Nicht mal die üblichen Visitenkarten mit Staatswappen hat er sich geben lassen, denn wie würde denn das auf einmal ausschauen?

Trachtenjanker, Mitglied in CSU, Bauernverband und katholischer Kirche, daheim ein Saustall. Markus Fröschl bedient ein paar Klischees über Abgeordnete. Trotzdem wird er höchstwahrscheinlich keiner bleiben. (Foto: Matthias Köpf)

Doch bei aller Distanz zur politischen Betriebsamkeit im Maximilianeum ist Markus Fröschl keineswegs rein zufällig im Landtag. Seit 1996 sitzt er im Traunsteiner Kreistag und seit 2002 auch im Stadtrat von Trostberg, in dem bis dahin sein Vater Mitglied war und in dem er selbst diese Woche schon zum dritten Mal fehlt wegen des Landtags. Er sei "zahlendes Mitglied" im Bauernverband, in der CSU und in der katholischen Kirche, und mit keiner dieser Organisationen sei er hundertprozentig zufrieden. "Aber von außen kannst du nichts ändern", sagt er sich und auch anderen Bauern, die sich zwar immer beklagten, aber für die Politik keine Zeit haben wollten. Fröschl schätzt, dass es vor allem die Landwirte waren, die ihn 2013 "aus dem Niemandsland der Liste" so weit nach vorne gehäufelt haben, dass er erster Nachrücker auf der oberbayerischen CSU-Liste wurde. 236 Stimmen fehlten damals für den sofortigen Einzug ins Maximilianeum. Diesmal steht er sogar weiter oben, auf Platz 16. Allerdings ist er da schon der vierte Kandidat ohne eigenen Stimmkreis, und die werden es wohl mehr als schwer haben.

Fröschl selbst würde es erklärtermaßen schon sehr überraschen, wenn er es noch einmal in den Landtag schaffen würde, aber "natürlich würde ich's wieder machen". Vielleicht könnte er dann doch noch seine erste Parlamentsrede halten, denn Redezeit hat ihm die Fraktionsführung bisher keine zugeteilt. "Ich weiß nicht, ob's eine Sternstunde des Parlamentarismus geworden wäre. Ich glaub', eher nicht", sagt er dazu. Diskutiert werde im Plenum derzeit sowieso nur in Schlagzeilen. Gleichzeitig lobt Fröschl die inhaltliche Arbeitsteilung in der Fraktion und die klaren Strukturen, die sich von der Lokalpolitik gar nicht so sehr unterschieden: "Ein paar sitzen vorne und schaffen an, dahinter organisieren ein paar als Zuchtmeister den Betrieb." Fröschl selber sitzt ganz hinten, auf dem dritten Stuhl von außen. Natürlich werde er auch immer wieder von Leuten angesprochen, dass er in München dieses oder jenes in die Wege leiten solle. "Denen muss ich dann erst einmal erklären, wie's läuft."

SZ-Grafik (Foto: N/A)

Selber fände sich Markus Fröschl im verschachtelten Maximilianeum inzwischen gut zurecht. Auch die Landtagsgaststätte findet er längst ohne den etablierten Traunsteiner Stimmkreisabgeordneten Klaus Steiner, der ihn vor vielen Jahren mit einer Gruppe vom Bauernverband zum ersten Mal hier herumgeführt hat. Und vielleicht schaffe er es ja doch wieder, sagt Fröschl, der einen nüchternen Blick auf die Lage hat, aber keineswegs ernüchtert wirkt. Den Wahlkampf führe er "mit dem nötigen Ernst, schon aus Respekt vor dem Amt und vor den Bürgern". Seine Plakate kommen aber ganz ohne Foto aus. Wie er aussieht, wissen sie schließlich inzwischen sogar im Landtag. Und der Name steht ja drauf.

© SZ vom 26.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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