Süddeutsche Zeitung

Papst-Buch:In Gott's Namen, das Buch ist da

Georg Ratzinger ist ein Erzähltalent. Sein Buch "Mein Bruder, der Papst" enthält kurzweilige Geschichten aus dem Leben des Bruderpaares. Und so wurde selbst die Vorstellung des Werkes in Regensburg zu einer Anekdoten-Stunde.

Max Hägler

Es gibt Kirchenleute, die autoritär sind, konfrontativ und humorlos. Georg Ratzinger ist anders. Wer dem Bruder von Papst Benedikt XVI., zuhört, erlebt meist einen so gläubigen wie schlagfertigen und bodenständigen Menschen. Einer, der zwar von Kirchenleuten mit "Monsignore" angeredet wird, der aber trotzdem im Leben steht, und dem man gerne zuhört, auch bei den kleinen Dingen. Wie es ihm gehe, wurde er diese Woche gefragt, als er sein neues Buch vorstellte. Ach, sagte er da, einen niedrigen Blutdruck habe er, und deswegen sei er grad ein "bisserl damisch". Wobei es freilich nicht gut sei zu jammern.

Domkapellmeister war Georg Ratzinger und Chorleiter der Regensburger Domspatzen, und immer noch ist er ein Erzähltalent. Zumindest ein Teil seiner Geschichten sind nun eingefangen. Dem Journalisten Michael Hesemann hat der 87-Jährige in den vergangenen Monaten aus seinem Leben und dem seines Bruders erzählt - 270 Seiten wurden daraus, und schon die Vorstellung in Regensburg wurde zur Anekdotenstunde samt Gesundheitsstatus. Man könnte natürlich einwenden, dass über die Ratzinger-Brüder schon genug geschrieben wurde. Und man könnte nach Durchsicht von "Mein Bruder, der Papst" (Herbig-Verlag) auch feststellen, dass nun nicht wirklich viel Neues, nichts völlig Spektakuläres zu lesen ist. Aber die Lebensgeschichte des außergewöhnlichen Brüderpaares ist auch Zeitgeschichte, vom ländlichen Leben, über die 68er bis zur Gegenwart. Das an einem Stück zu lesen, aus der Sicht Georgs, ist kurzweilig, egal ob man das missionarische Ziel des Initiators Hesemann teilt oder nicht: Das Buch möge doch dazu beitragen, dass wieder mehr Familien die Kraft des christlichen Glaubens entdecken, schreibt er im Vorwort.

Der Glaube ist in der Tat bei den Ratzingers immer spürbar. Da erzählt Georg von den Kinderjahren, in denen die Mutter selbst beim Spülen Marienlieder anstimmte. Und wie sein Bruder Joseph geboren wurde, an jenem 16. April 1927. Weil Karsamstag war, zögerten die Eltern nicht und ließen "Joseph Aloisius" nur Stunden nach seiner Entbindung taufen. "Das war damals für mich alles ein bisserl rätselhaft." So geht es durchs Leben. Vom gemeinsamen Internatsbesuch erzählt Georg Ratzinger, von der gemeinsamen Abneigung gegen das Turnen, von der gemeinsamen Priesterweihe vor 60 Jahren und von den Zeiten, als Joseph Professor wurde und dann Papst: "Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich in diesem Augenblick ziemlich niedergeschlagen war." Schließlich war klar, dass die gemeinsame Zeit nun weniger würde.

Kam denn dann der Bruder Joseph überhaupt dazu, das Werk vorab zu lesen? Nein, das habe der Privatsekretär Gänswein übernommen, sagt Georg bei der Buchpräsentation. Und habe er keine Angst, dass dem Bruder, immerhin Papst, das Geschichtenerzählen zu weit gegangen sein? Das hoffe er nicht, und das glaube er nicht, antwortet Georg, auch wenn Joseph ein Brimborium um die eigene Person stets unangenehm sei. "In Gott's Namen, das Buch ist da, das wird er vielleicht sagen."

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SZ vom 15.09.2011/leos
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