Landgericht Traunstein:Missbrauchsopfer fordert im Papst-Verfahren 350 000 Euro

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Joseph Ratzinger soll als Kardinal dafür gesorgt haben, dass ein wegen Missbrauchs verurteilter Priester erneut in einer Gemeinde eingesetzt wurde. Wo er erneut missbrauchte. (Foto: Johannes Simon)

Der Mann soll vor knapp 30 Jahren von einem Priester missbraucht worden sein, den der damalige Kardinal Joseph Ratzinger trotz Verurteilung eingesetzt hatte. Am Ende könnten Erben des toten Benedikt XVI. belangt werden.

Im Zivilverfahren vor dem Landgericht Traunstein fordert ein Missbrauchsbetroffener insgesamt 350 000 Euro vom katholischen Erzbistum München und Freising und den Erben des verstorbenen Papstes Benedikt XVI. Das bestätigte der Anwalt des Mannes, Andreas Schulz, der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatten Correctiv, Bayerischer Rundfunk und Die Zeit über die Forderung berichtet und aus einem entsprechenden Schriftsatz zitiert.

300 000 Euro verlangt der Kläger demnach vom Erzbistum, 50 000 Euro Schmerzensgeld von den Erben des an Silvester gestorbenen emeritierten Papstes.

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Der Mann gibt an, vor knapp 30 Jahren im Pfarrhaus im oberbayerischen Garching an der Alz von dem verurteilten Wiederholungstäter Priester H. missbraucht worden zu sein. Dem Kläger sollen laut der Forderung im Schriftsatz "alle materiellen und immateriellen Schäden" ersetzt werden, die ihm "aus der Missbrauchstat im Tatzeitraum zwischen 1994 bis 1996 entstanden sind sowie in der Zukunft noch entstehen werden".

Benedikt XVI., der frühere Kardinal Joseph Ratzinger, habe als Chef der Glaubenskongregation 1986 mit dafür gesorgt, dass der verurteilte Priester erneut in einer Gemeinde eingesetzt worden sei. Dadurch sei es diesem erst möglich gewesen, den heutigen Kläger zu missbrauchen, so die Argumentation. Das Erzbistum hatte sich in dem Verfahren nicht auf Verjährung berufen und so den Weg für einen Prozess frei gemacht.

Der Prozess soll am 20. Juni beginnen

"Die Erzdiözese ist bereit, zur Anerkennung des Leids des Klägers ein angemessenes Schmerzensgeld zu leisten und für darüber hinausgehende Schadensersatzbegehren eine angemessene Lösung zu finden", hieß es. Der Prozess soll am 20. Juni am Landgericht Traunstein beginnen. Bis dahin muss das Gericht noch entscheiden, ob das Verfahren gegen Papst Benedikt abgetrennt wird. Denn bislang ist noch immer nicht klar, wer dessen Erbe antritt und damit dann auch die Klage erbt.

Nach Angaben von Benedikts Nachlassverwalter, seinem langjährigen Privatsekretär Georg Gänswein, kommen einige Cousins und Cousinen Ratzingers als Erben infrage. Bislang hat nach Informationen mehrerer Medien eine Cousine das Erbe ausgeschlagen. Anwalt Schulz hatte die Abtrennung des Verfahrens beantragt. Neben Ratzinger und dem Erzbistum sind auch Missbrauchstäter H. und Ratzingers Nachfolger als Erzbischof von München und Freising, Kardinal Friedrich Wetter, Beklagte in dem Verfahren.

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