Sie kamen in der Dunkelheit, doch unbemerkt blieben sie nicht. Vier Jugendliche haben sich in der Nacht auf Samstag am Maibaum in Ottobeuren zu schaffen gemacht. Ein Nachbar hörte um kurz vor 4 Uhr den Lärm einer Motorsäge und rief die Polizei. Die Beamten rückten aus, doch als sie ankamen, waren die Täter bereits verschwunden. Den Stamm des nur Tage zuvor aufgestellten Maibaums hatten sie bereits zu einem Drittel zersägt, „mehr als laienhaft“, berichtete die Polizei. Die instabile 35-Meter-Stange wurde von der Feuerwehr gefällt, aus Sicherheitsgründen.
„Mich macht das unfassbar wütend“, sagte der Bürgermeister der Unterallgäuer Gemeinde in der Mindelheimer Zeitung. „Was sind das für Menschen, die einfach einen Maibaum zerstören?“, ärgerten sich die Pfadfinder, die den Stamm tagelang verziert und mit einem Kran vor der Basilika aufgestellt hatten. Und dann noch die Verletzungsgefahr, falls der Baum unkontrolliert umgekippt wäre, mahnte die Polizei. Das habe mit dem schelmischen Brauch des Maibaumstehlens nichts zu tun. Der übrige Baumstumpf blieb wie eine Art Mahnmal vor der Basilika stehen, darauf ein Zettel, der um Hinweise auf die Täter bat. Ganz Ottobeuren schien sauer auf die Motorsägen-Bande zu sein.

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Am Dienstagabend stellten sich die vier Übeltäter im Alter von 14 und 15 Jahren gemeinsam mit ihren Eltern der Polizei. „Der öffentliche Druck und das schlechte Gewissen“ seien offenbar zu groß geworden, teilte die Polizei mit. Den Ärger daheim kann man sich hinzudenken. Die Jugendlichen räumten demnach ein, die Säge aus der elterlichen Garage stibitzt und dann ohne viel nachzudenken zugeschlagen zu haben. Inspiriert worden seien sie durch einen bayerischen Filmklassiker, in dem ein Maibaum umgesägt wird, es dürfte sich dabei um einen der Eberhofer-Krimis handeln. Bei den Pfadfindern hätten sie sich schon entschuldigt und angeboten, den finanziellen Schaden auszugleichen. Das klingt nach ehrlicher Reue.
Da kommt einem Marcus H. Rosenmüllers „Wer früher stirbt, ist länger tot“ in den Sinn, noch ein bayerischer Filmklassiker. Zwar sägt der Lausbub Sebastian darin keinen Maibaum um, doch auch er sucht nach Erlösung von seinen kindlichen Schuldgefühlen. Sonst, so fürchtet er, landet er im Fegefeuer. Am Ende des Films lernt Sebastian, dass Vergebung möglich ist. Bestimmt auch für die Maibaum-Mörder von Ottobeuren.