Olympische Winterspiele 2018:Zwischen den Fronten

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Der Korea-Konflikt macht die Vergabe von Olympia 2018 zur hochpolitischen Angelegenheit - ob das München nützt, ist fraglich.

Thomas Kistner und Christian Krügel

Langsam dürften Katarina Witt und Christian Ude Übung haben: Am Freitag müssen sie bereits zum dritten Mal vor einem olympischen Gremium die Vorzüge von München und Garmisch preisen, um für die Bewerbung 2018 zu trommeln. Die Prozedur ist stets dieselbe, es wechseln nur Auditorium und Schauplatz. Am Freitag ist es Belgrad, Zuhörer sind die Delegierten der Generalversammlung der Europäischen Olympischen Komitees (EOC) - eine weitere Etappe auf dem Weg zur Vergabe der Spiele am 6.Juli 2011 in Durban.

Der Korea-Konflikt könnte Auswirkungen auf die Olympia-Bewerbungen für die Winterspiele 2018 haben. (Archiv) (Foto: dpa)

Mehr Einfluss auf den Zuschlag für die Spiele 2018 als die Präsentation in Belgrad dürfte indes die Weltpolitik haben. Der nordkoreanische Raketenangriff auf Südkorea macht den Bewerbungskampf zwischen Pyeongchang, München und Annecy zum internationalen Politikum.

Südkoreas Bewerber, bislang Münchens schärfster Rivale, war flott um Schadensbegrenzung bemüht: "Der Zwischenfall hat keine Auswirkungen auf unsere Bewerbung", heißt es auf der Webseite, "die Spannungen sind noch mehr ein Grund, warum wir Frieden und Versöhnung jetzt und in der Zukunft vorantreiben sollten." Südkoreas Regierung garantiere die Sicherheit, und überhaupt: "Olympia wird helfen, die positiven Botschaften von Frieden und Verständigung überall in unserer Region zu unterstützen".

Auch das Internationale Olympische Komitee (IOC) bemüht sich, dem Eindruck entgegenzuwirken, mit dem Einschlag der nordkoreanischen Rakete sei die Vergabe schon zugunsten Münchens, zumindest aber für Europa entschieden. "Wir verfolgen die Ereignisse in der Region, aber langjährige Spannungen in der Gegend haben Südkorea auch nicht davon abgehalten, erfolgreiche Großereignisse wie die Spiele 1988 in Seoul zu veranstalten", verkündete das IOC am Mittwoch. Man hoffe auf "schnelle und erfolgreiche Klärung".

So schnell wird sich aber weder die weltpolitische Situation klären lassen noch die Frage, ob der neue Korea-Konflikt München eher nützt oder schadet. Klar ist: Sollte es kurz vor der Vergabe im Juli in Korea weitere Raketenangriffe oder gar Krieg geben, wäre ein Zuschlag für die Asiaten kaum denkbar.

Sollte es aber bei der angespannten Ruhe der vergangenen Jahre bleiben, könnte der Reiz für manches IOC-Mitglied groß sein, die Spiele ganz bewusst ins Krisengebiet zu vergeben. Seit Jahren buhlen die Olympier ja gut erkennbar darum, ernsthafter Kandidat für den Friedensnobelpreis zu werden. Und schon einmal wurde dafür auch der Korea-Konflikt herangezogen: Bei den Sommerspielen 2000 in Sydney liefen Athleten beider Länder gemeinsam ins Stadion ein. Warum sollte das Motiv von "Friedensspielen" in Korea nicht noch einmal ins Konzept passen? Im Münchner Bewerbungsteam geht zudem die Furcht um, Südkoreas Bündnispartner USA könne Druck auf das IOC ausüben - zugunsten Pyeongchangs, um politische Stärke zu demonstrieren.

Am Ende muss aber gar nicht die politische Großwetterlage den Ausschlag geben. Wahrscheinlicher ist, dass die IOC-Delegierten im Hinblick auf die Vergabe der Sommerspiele 2020 strategisch entscheiden werden. Aus Europa sind daran Paris, Rom und Madrid interessiert. Überdies dürfte den vier Schweizer IOC-Männern München 2018 nicht ins Konzept passen: Swiss Olympic hat bereits eine Arbeitsgruppe für Spiele 2022 in St. Moritz eingesetzt. So dürften sich etliche europäische Delegierte die Winterspiele 2018 nach Asien wünschen. Die Europäer aber von München zu überzeugen, ist der Auftrag von Ude und Witt heute in Belgrad - nicht unbedingt ein Heimspiel.

© SZ vom 26.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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