Süddeutsche Zeitung

Olympische Spiele 2018:Operation Golfplatz

Der Nächste bitte: Staatskanzleichef Siegfried Schneider konnte die Bauern nicht für Olympia begeistern, nun soll Verteidigungsminister Guttenberg die Münchner Olympia-Bewerbung in Garmisch-Partenkirchen retten.

K. Riedel, C. Sebald und M. Szymanski

Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) soll jetzt die Bewerbung Münchens für die Olympischen Spiele 2018 retten. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung will Guttenberg mit den Amerikanern darüber verhandeln, ob sie einen von den US-Streitkräften benutzten Golfplatz in Garmisch-Partenkirchen vorübergehend als Fläche für Olympiabauten zur Verfügung stellen.

Die Bewerbungsgesellschaft ist auf der Suche nach Ersatzflächen, denn die Bauern in Garmisch-Partenkirchen weigern sich auch nach einem mehrstündigen Spitzengespräch mit Staatskanzlei-Chef Siegfried Schneider beharrlich, Land für Olympia zu verpachten. Sollte nicht rasch ein Ausweg aus dieser verfahrenen Situation gefunden werden, dürfte die Bewerbung scheitern.

Jetzt ruhen die Hoffnungen auf Guttenberg. Im Gespräch mit der SZ erklärte er, sich für die Olympia-Bewerbung bei seinem Amtskollegen, dem US-Verteidigungsminister Robert Gates einsetzen zu wollen. "Wie werden das prüfen", sagte er. Zu den Erfolgsaussichten äußerte er sich allerdings nicht. Der Golfplatz unterliegt dem Nato-Truppenstatut. Dies sagt den Nutzern viele Privilegien zu.

Auf dem Areal, das der Bundesvermögensverwaltung gehört und langfristig an die Amerikaner verpachtet ist, könnten Sportstätten, Athletenunterkünfte, Parkplätze und ein Medienzentrum errichtet werden. Die Bauern haben am Donnerstagabend diese Variante erneut ins Spiel gebracht. Sie war bereits von der Staatsregierung geprüft, allerdings bisher als "kaum umsetzbar" eingestuft worden. Jetzt muss Guttenberg ausloten, ob womöglich doch noch Chancen bestehen, an das Gelände zu kommen.

Verbitterte Bauern

Das Gespräch, das Staatskanzleichef Siegfried Schneider am Donnerstag bis spät in die Nacht mit den Landwirten führte, brachte keinen Durchbruch. Schneider wollte die Bauern davon überzeugen, dass die Bewerbungsgesellschaft und die Staatsregierung vertrauenswürdige Geschäftspartner seien, niemand habe Nachteile zu befürchten. Von der Olympischen Idee konnte er die Bauern offenbar dennoch nicht überzeugen.

Momentan sei nicht mit dem Einverständnis der Bauern zu rechnen, die für die Wettbewerbe nötigen Flächen abzugeben, sagte der Vorsitzende der Weidegenossenschaft Garmisch, Josef Glatz. "Noch hat Schneider nicht geholfen." Die Verhandlungen befänden sich in einer Sackgasse, die Bauern seien verbittert.

Etwa 15 Interessenvertreter und auch einige Eigentümer hatten mit Schneider diskutiert. "Es war ein sehr konstruktives Gespräch", sagte ein Teilnehmer, "anders als unser Bürgermeister nimmt Minister Schneider unsere Sorgen und unsere Vorschläge sehr ernst." Die Staatsregierung habe zugesichert, Alternativen zur jetzigen Planung zu klären. Schneider lehnte eine Stellungnahme nach dem Gespräch mit den Landwirten ab - zunächst solle in Ruhe gearbeitet werden, hieß es aus seinem Umfeld. Am Dienstag reisen Ministerpräsident Horst Seehofer und das Kabinett nach Garmisch-Partenkirchen, um dort zu tagen. Bis dahin, so hatte es Seehofer bisher betont, wolle er Fortschritte in den Verhandlungen sehen.

Wie aus Kreisen der Landwirte verlautete, haben offenbar erst zwei von etwa achtzig Grundstücksbesitzern Verträge zur Bereitstellung ihrer Grundstücke unterschrieben. Dabei hatte Garmischs Bürgermeister Thomas Schmid noch vor einer Woche im Beisein von Seehofer verkündet, dass die ersten Verträge mit Grundbesitzern ins Rathaus "flattern". Davon kann keine Rede sein.

Rundruf aus dem Rathaus

Offenbar hatten einige Besitzer besonders begehrter Grundstücke kurz vor dem Treffen ein Rundruf aus dem Rathaus erreicht. Ihnen seien im Tausch gegen ihre Wiesen Baugrundstücke im Ortskern angeboten worden.

Auf diesen Handel habe sich aber keiner eingelassen, hieß es. Die Landwirte akzeptieren Schmid nicht mehr als Verhandlungspartner, deshalb fand das Spitzengespräch am Donnerstag auch ohne ihn statt. Die Bauern hatten das zur Bedingung gemacht. Das Vertrauen zwischen ihnen und dem Bürgermeister ist völlig zerrüttet.

Schmid indes macht weiter wie bisher. Der Eindruck, dass die Staatsregierung ihn als Verhandlungsführer abgelöst habe, täusche, ließ er seinen Rathaussprecher ausrichten. Auch an diesem Tag habe Schmid wieder mit Grundstückseigentümern gesprochen. "Hier wird keiner ausgeklammert", sagte der Sprecher. Die Veranstaltung der Staatsregierung habe der Bürgermeister sogar selbst mit organisiert.

"Wir sind weiter sehr zuversichtlich"

Von einem Plan B, den die Bauern ins Spiel gebracht haben, weiß das Rathaus angeblich nichts. "Dabei hat die Staatskanzlei das Rathaus doch schon vor Wochen schriftlich aufgefordert, den Golfplatz als alternativen Standort für das Olympische Dorf ernsthaft zu prüfen", sagt ein Insider. Schmids Sprecher teilte indes nur mit: "Wir sind weiter sehr zuversichtlich, dass wir die Grundstücksverhandlungen hinbekommen."

Gleichwohl wachsen auch im Rathaus die Irritationen. Von Schneiders Treffen mit den Grundbesitzern habe er erst aus der Zeitung erfahren, sagt Schmids Stellvertreter Hannes Krätz. Es sei aber durchaus in Ordnung, dass sich die Staatsregierung nun einmische.

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Quelle:
SZ vom 24.07.2010/juwe
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