Süddeutsche Zeitung

Olympia-Bewerbung:Garmischer Grundstückspuzzle

Die Situation ist verfahren - die Garmischer Bauern wollen ihre Grundstücke für Olympia nicht herausrücken. Doch die Organisatoren haben offenbar einen neuen Plan für das Athletendorf.

H. Effern, K. Riedel u. C. Sebald

Die Planer der Winterspiele 2018 sollen mit zwei neuen Vorschlägen für das Athletendorf in Garmisch-Partenkirchen die ins Wanken geratene Bewerbung retten. Sie modifizieren nach Auskunft eines Rathaussprechers gerade den bisherigen Standort am Eissportzentrum auf der Grundlage der bereits fest zugesagten Grundstücke. Diese Variante wolle man dann mit dem Golfplatz in Burgrain als alternativem Standort vergleichen, sagte der Sprecher.

Die neuen Planungen sind nötig, weil viele Bauern in Garmisch ihre Grundstücke für das Athletendorf nicht abgeben wollen. Das olympische Dorf könnte also, wie Bürgermeister Thomas Schmid wiederholt hat anklingen lassen, in die Höhe statt wie geplant in die Breite gebaut werden. Das Gemeindeland, die wenigen bisher zugesagten Flächen von Bürgern und ein Bahngelände würden in diesem Fall ausreichen, die umstrittenen Privatgrundstücke zum Bau des olympischen Dorfes würden nicht mehr benötigt.

Diese Option scheint zu stehen, denn die Immobilienfirma Aurelis, die die Bahnflächen zum Verkauf anbietet, zeigt sich zuversichtlich, dass sie sich in Kürze mit dem Markt Garmisch-Partenkirchen über den Verkauf der Bahnflächen einigen wird. "Wir sind auf der Zielgeraden. Die Bewerbungsgesellschaft braucht unsere Grundstücke und kriegt sie auch", sagte Aurelis-Geschäftsführer Stefan Wiegand. Über den Preis für die etwa 65.000 Quadratmeter schweigt er.

Das nimmt etwas Druck von der Gemeinde, deren Verhandlungen mit den Landwirten festgefahren sind. Bislang hatten nur zwei der 18 Grundeigentümer ihr Land für das Athletendorf zur Verfügung gestellt. Viele Bauern sind die Streitereien mit ihrem Bürgermeister leid. Ihre Wortführer haben einen Rechtsanwalt eingeschaltet und sammeln nun Mitstreiter. Der Jurist - es soll sich um den Grundstücksspezialisten Ludwig Seitz aus der Münchner Kanzlei Labbé & Partner handeln - soll Schmid klarmachen, dass die Landwirte ihren Grund auf keinen Fall abgeben werden, weshalb weitere Gespräche sinnlos seien.

Noch nicht auf der sicheren Seite

Angeblich haben sich ungefähr 200 Grundbesitzer der Initiative angeschlossen - "viele davon vorsorglich", sagt ein Insider. "Sie befürchten, dass Schmid angesichts der verfahrenen Situation seine Planungen über den Haufen wirft und plötzlich auch Grundbesitzer unter Druck setzt, die bislang außen vor sind." Bis Ende der Woche wollen die Bauern alle Grundstücksbesitzer auf ihrer Seite haben. "Wenn ihnen das tatsächlich gelingt, dann ist das das definitive Ende von Schmids bisherigen Planungen", sagt der Insider.

Offiziell beeindrucken solche Ankündigungen den Markt Garmisch-Partenkirchen nicht. Man werde trotz der Umplanungen weiter mit den betroffenen Grundstücksbesitzern verhandeln, sagte der Rathaussprecher. Die Bewerbungsgesellschaft wollte nicht einmal die Umplanung bestätigen. "Im Moment halten wir an unseren Planungen fest und führen weiter Gespräche", sagte ein Sprecher.

Unklar bleibt indes, ob der Golfplatz im Ortsteil Burgrain überhaupt als Standort zur Verfügung stehen würde. Er unterliegt dem Nato-Truppenstatut, das amerikanische Verteidigungsministerium müsste das Gelände freigeben. Bisher ist nur bekannt, dass der deutsche Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg einen Brief an seinen US-Kollegen mit der entsprechenden Anfrage abgeschickt hat.

Doch auch mit einer Lösung für das Athletendorf sind die Bewerber noch nicht auf der sicheren Seite. Für Sportstätten, Parkplätze und Zufahrtswege werden weitere Flächen benötigt, die nach derzeitigem Planungsstand etwa 60 Eigentümern gehören. Noch nicht gesichert sind zum Beispiel die Halfpipe-Wettbewerbe am Hausberg. Zudem droht die Stimmung im Ort zu kippen. Allein 1700 Einwohner haben bisher auf den Listen des Bündnisses NOlympia unterschrieben. Diese Unterschriften wollen die Olympiagegner um den Landtags-Grünen Ludwig Hartmann für ein Bürgerbegehren gewinnen.

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SZ vom 11.08.2010/tob
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