Oktoberfest 2010: Bayern in Brasilien:In Fortaleza steht ein Hofbräuhaus

Wolfgang Rühle betreibt in der brasilianischen Stadt Fortaleza ein Hofbräuhaus und organisiert ein Oktoberfest. Warum faszinieren Bier, Brezn und Bayern in der ganzen Welt?

Lisa Sonnabend

Wolfgang Helmut Rühle, 58, aus Pforzheim ist gelernter Koch und Barmann. Zwei Jahre lang arbeitete er im Münchner Hotel "Vier Jahreszeiten", ehe er auf einem Kreuzfahrtschiff anheuerte - und Brasilien kennenlernte. Im Jahr 1988 eröffnete er in Fortaleza im Nordosten des Landes sein erstes Lokal: das Hofbräuhaus. Inzwischen betreibt er auch ein Strandlokal und ein Hotel im Hinterland, auch diese heißen nach dem berühmten Münchner Vorbild. Zudem organisiert Rühle das Oktoberfest in dem kleinen Ort Guaramiranga, das im November ein zweites Mal stattfinden wird.

Oktoberfest 2010: Bayern in Brasilien: Wolfgang Rühle organisiert das Oktoberfest im Nordosten von Brasilien. Wegen des Riesenerfolgs wird es in diesem Jahr ausgebaut.

Wolfgang Rühle organisiert das Oktoberfest im Nordosten von Brasilien. Wegen des Riesenerfolgs wird es in diesem Jahr ausgebaut.

sueddeutsche.de: Geht es in Ihrem Hofbräuhaus in Fortaleza genauso zünftig zu wie im Original?

Wolfgang Rühle: Die Vorhänge, die Tischdecken, die Servietten sind alle blau-weiß, der Ludwig hängt an der Wand. Ich habe jede Menge Zinnkrüge. Es sieht aus wie in einer bayerischen Wirtschaft.

sueddeutsche.de: Und das Essen?

Rühle: Es gibt die Gerichte wie im echten Hofbräuhaus: Schweinsbraten, Haxn, Eisbein, Weißwürste mit hausgemachtem Senf, Leberkäs und Sauerkraut. Nur die Knödel kommen nicht gut an. Brasilianer essen ja viel Reis mit Bohnen, kaum Gerichte mit Kartoffeln.

sueddeutsche.de: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, im brasilianischen Fortaleza ein Hofbräuhaus zu eröffnen?

Rühle: Erst wollte ich eine Weinstube aufmachen, weil ich aus Mühlacker komme und man dort schließlich mehr Wein trinkt. Doch damit hätten die Brasilianer nichts anfangen können. Das bayerische Bier dagegen ist weltweit bekannt, es ist eine starke Marke. Von Beginn an kam mein Hofbräuhaus auch gleich gut an.

sueddeutsche.de: Wird das Bier im Maßkrug ausgeschenkt?

Rühle: Natürlich! Ich bringe die Maßkrüge immer mit, wenn ich in Deutschland zu Besuch bin, hier kann man sie nirgends kaufen. Nur dummerweise werden die Krüge immer schnell geklaut. Erst fragen die Gäste, ob sie einen mitnehmen dürfen, dann bieten sie Geld - und am Ende sind sie doch weg.

sueddeutsche.de: Und das Bier schmeckt so gut wie in Bayern?

Rühle: Eigentlich schon. Die Braumeister hier sind entweder Deutsche oder haben in Deutschland gelernt. Ich habe gemeinsam mit ihnen damals das dunkle Bier im Land eingeführt.

sueddeutsche.de: Bekommen Sie keinen Ärger mit dem Original-Hofbräuhaus wegen der Namensrechte?

Rühle: Es haben sich einmal Vertreter vom Hofbräuhaus bei mir gemeldet. Aber als ich vor 25 Jahren nach Brasilien kam, habe ich die Rechte hier schützen lassen. Die Deutschen hatten versäumt, dies weltweit zu tun.

sueddeutsche.de: Gefällt den Brasilianern Ihr Hofbräuhaus?

Rühle: Es kommen Gäste, die aus Bayern ausgewandert sind, aber auch viele Brasilianer. Einige, wenn sie eine Deutschlandreise planen. Sie wollen sich schon einmal auf der Speisekarte anschauen, was es so gibt. Und dann gebe ich ihnen natürlich Tipps.

sueddeutsche.de: Zum Beispiel?

Rühle: Dass sie sich drauf einstellen müssen, dass es mit Reis und Bohnen ein wenig schwierig werden könnte. Hier ist es auch üblich, dass man im Restaurant zwei oder drei Gerichte bestellt, sie in die Mitte des Tisches stellt und jeder von jedem Teller probiert. Deswegen sage ich ihnen, dass dies in Deutschland nicht so gerne gesehen wird.

Zu heiß für Lederhosen

sueddeutsche.de: Bayern und Brasilianer - sind das zwei völlig verschiedene Kulturen?

Oktoberfest 2010: Bayern in Brasilien: Bayerische Kultur in Brasilien: Für das Hofbräuhaus von Wolfgang Rühle (Foto) interessieren sich viele.

Bayerische Kultur in Brasilien: Für das Hofbräuhaus von Wolfgang Rühle (Foto) interessieren sich viele.

Rühle: Nein, das Volk im Nordosten Brasiliens ist mit den Bayern zu vergleichen. Sie feiern auch gerne Feste, sind sehr gastfreundlich, scheren sich nicht, woher man kommt und wer man ist, sie sind sehr offen und herzlich. Wie die Bayern!

sueddeutsche.de: Was fasziniert die Brasilianer an Bayern?

Rühle: Für Nordrhein-Westfalen oder Hamburg interessieren sie sich weniger. Die Stadt München oder die Ludwigs-Schlösser kennt hier dagegen fast jeder und jeder will es einmal gesehen haben. Und natürlich das Hofbräuhaus, aber dazu trage ich ja auch einiges bei (lacht)!

sueddeutsche.de: Bedienen Sie in Lederhose?

Rühle: Leider nicht. In Fortaleza ist es recht heiß, wir haben Durchschnittstemperaturen von 30 bis 35 Grad tagsüber. Deswegen ziehe ich meine Lederhose nur an, wenn ich in die Berge fahre, wo ich noch zwei Restaurants und ein kleines Hotel habe. Dort findet auch einmal im Jahr unser Oktoberfest statt.

sueddeutsche.de: Was hat es damit auf sich?

Rühle: Seit vergangenem Jahr haben wir unser eigenes Oktoberfest in Guaramiranga, einem 4000-Seelen-Dorf in den Bergen. Der Erfolg ist riesig. 2009 wurden wir regelrecht überrannt, es kamen 22.000 Besucher.

sueddeutsche.de: Geht es zu wie auf der richtigen Wiesn?

Rühle: Es dauert nur drei Tage. Aber an diesen drei Tagen haben wir mehr Fassbier ausgeschenkt als der ganze Bundesstaat im Jahr. Die Musikkapelle, die wir aus Blumenau verpflichtet haben, macht richtig zünftige Musik, halb brasilianisch, halb bayerisch. Es war richtig gute Stimmung! Nur Bierzelte gibt es in Guaramiranga nicht, alles spielt sich im Freien ab. Es braucht keine Zelte. Hier regnet es um diese Jahreszeit nie.

sueddeutsche.de: Dann findet das Oktoberfest 2010 erneut statt?

Rühle: In diesem Jahr müssen wir uns mehr Gedanken über die Organisation machen. Wir brauchen genug Parkplätze und vor allem Übernachtungsmöglichkeiten vor Ort. Viele junge Leute werden auf dem Campingplätzen übernachten. Wie haben auch einen täglichen Bus-Service von Fortaleza eingerichtet. Hier sind die Gesetze und Alkoholkontrollen zwar ein klein bisschen lascher als in Deutschland, aber das mit dem Pustemeter fängt auch hier schon an.

sueddeutsche.de: Welche bayerischen Worte bringen Sie Ihren Gästen zuerst bei?

Rühle: Oans, zwoa, gsuffa!

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