Öko-Partei verliert in Umfrage:Grün welkt

Gerade hatten sie noch von einem grünen Kanzler geträumt, nun ist das Zwischenhoch wieder vorbei - zumindest in Bayern. In Umfragen liegen die Grünen im Freistaat nur noch bei zehn Prozent, die Partei muss sich wieder Ratschläge von der SPD gefallen lassen. Und noch jemand wird gefährlich: die Piraten.

Mike Szymanski

Bei der Weihnachtsfeier der Landtagsfraktion konnten die Grünen ihre Fraktionschefin Margarete Bause zur Abwechslung mal als Märchentante erleben. Draußen war es dunkel und in der Kneipe in München-Haidhausen trug Bause einen Text des österreichischen Schriftstellers Daniel Glattauer vor: "Wer zu Weihnachten nicht streitet, versäumt die beste Zeit dafür." Bitterböses fürs Fest.

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Der Ausstieg aus der Atomkraft führte die Grünen in Umfragen in ungeahnten Höhen, doch mittlerweile welken die Blütenträume wieder.

(Foto: SZ-Grafik)

Man muss schon den Humor der Grünen haben. "Alle reden über Krisen: Wirtschaftskrise, Eurokrise, Schuldenkrise", erzählte Bause hinterher. "Ich habe mir deshalb die Weihnachtskrise vorgenommen." Was sie an dem Abend wohl nicht ahnte: Jetzt haben auch die Grünen die Krise bekommen.

In der jüngsten Umfrage des Forsa-Instituts, in dem die Sonntagsfrage gestellt wurde, stürzen die Grünen auf nur noch zehn Prozent ab. Dafür käme womöglich die Piratenpartei mit sechs Prozent in den Landtag, wenn jetzt Wahl wäre. Zehn Prozent sind kein schlechtes Ergebnis, 2008 verfehlten die Grünen die Marke knapp.

Aber nach diesem Jahr, in dem die Grünen mit dem Ausstieg aus der Atomkraft ihr wichtigstes Ziel erreicht haben, sie in anderen Bundesländern teils spektakuläre Wahlerfolg feierten und gar von einem grünen Kanzler träumten - nach so einem Jahr sind zehn Prozent enttäuschend.

Deutlich "unterbewertet" findet Bause ihre Grünen. Das aber ist nur eine der zurückhaltenden Reaktionen, deshalb werde keine Panik ausbrechen. Panik wohl nicht, aber Nachdenklichkeit macht sich breit.

Wieder kluge Ratschläge von der SPD

Im Oppositionslager haben sich in der zweiten Jahreshälfte die Gewichte komplett verschoben. Ins Jahr 2011 starteten die Grünen in Umfragen mit 17 Prozent auf Augenhöhe mit der SPD. Beflügelt vom Kretschmann-Erfolg in Baden-Württemberg lösten sie die Genossen später in den Umfragen als zweitstärkste Kraft in Bayern ab. Das Selbstbewusstsein war derart groß, dass die Grünen in der taumelnden SPD den größten Risikofaktor sahen, der 2013 einer Regierungsübernahme im Weg stehen könnte.

Jetzt müssen sich die Grünen wieder kluge Ratschläge von der SPD gefallen lassen. Sie haben doch nur ein Zwischenhoch erlebt. Die Sympathie für die Grünen ist flüchtig. Christian Ude dagegen als Spitzenkandidat der SPD katapultiert die Genossen auf 24 Prozent. SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen teilt schon fleißig aus, wohl nicht ganz frei von Schadenfreude: Die Grünen müssten "sich breiter aufstellen". Grünen-Chef Dieter Janecek bleibt nichts anderes übrig, als zu kapitulieren. "Für uns steht 2013 der politische Wechsel im Vordergrund. Die SPD ist dabei klarer Favorit für die stärkste Kraft nach der CSU."

Die Grünen in Bayern hätten auch gerne einen Ude. Aber die Partei hat weder einen Mann noch eine Frau in ihren Reihen, die es von der Popularität und Beliebtheit her mit Ude und Seehofer aufnehmen könnte. Fraktionschefin Margarete Bause, die selbst als Spitzenkandidatin im Gespräch ist, sieht die Gefahr, 2013 als grüne Partei unter die Räder zu kommen. Es dürfe nicht zu einem "Zweikampf" zwischen Ude und Seehofer kommen, sagt sie.

"Wir müssen uns sputen"

Aber der Zweikampf hat längst begonnen. Die Grünen sind ins Hintertreffen geraten. Planmäßig wollten sie erst - wie früher üblich - im Frühjahr 2013 ihren Spitzenkandidaten küren. Aber in der Fraktion wachsen die Zweifel, ob dieser Fahrplan noch zu halten ist. Der Abgeordnete Ludwig Hartmann sagt: "Das ist zu spät. Wir sollten damit nicht so lange warten." 2012 müsse eine Entscheidung her. Je früher, desto besser. "Wir müssen uns sputen", sagt Hartmann.

Andere sind schon unterwegs - die Landtagswahl fest im Blick: Die Piratenpartei. Landeschef Stefan Körner macht kein Geheimnis daraus, welches Schiff er entern will. "Wir bekommen große Zustimmung bei den Nichtwählern und natürlich bei den Grünen." 4000 Mitglieder haben die Piraten eigenen Angaben zufolge in Bayern schon - halb so viele wie die Grünen.

Noch fehlt der Partei die Struktur, um in einem Flächenland Erfolg bei Wahlen zu haben. Auf Bezirksebene ist sie zwar vertreten, aber gerade einmal zwölf Kreisverbände hat die Partei in Bayern. Von Ortsgruppen weiß die Landesgeschäftsstelle nichts. Ihr fehlt das Personal. Aber die Piraten holen auf, rasch sogar. Bei den Bürgermeisterwahlen in Bayreuth, Bad Reichenhall, Lindau und Landsberg am Lech wollen sie eigene Kandidaten ins Rennen schicken. Grünen-Chef Janecek sieht die Bedrohung. "Die Piratenpartei ist ein neues, frisches Projekt", sagt er.

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