ÖDP-Parteitag:Sebastian Frankenberger: Missionar in eigener Sache

Der Mann, der das Gesicht des rigorosen Nichtraucherschutzes in Bayern ist, will seine politische Karriere ankurbeln: In Regensburg kandidert er um den ÖDP-Bundesvorsitz.

Das Satire-Magazin Titanic hatte kürzlich auf seiner Internetseite einen Startcartoon, über den es sich trefflich streiten lässt: Er zeigt Sebastian Frankenberger, wie er nach dem erfolgreichen Volksbegehren beide Daumen nach oben reckt und triumphierend grinst, in Kombination mit einem Foto der kürzlich verstorbenen Loki Schmidt. Dazu der Schriftzug: "Jetzt geht Sebastian Frankenberger zu weit."

Rauchverbotsinitiator Frankenberger sucht Naehe zu den Gruenen

Gesicht des strikten Rauchverbots in Bayern: ÖDP-Jungpolitiker Sebastian Frankenberger.

(Foto: dapd)

Dass Frankenberger zum Gegenstand des Satiremagazins wurde, zeigt, wie sehr seine Person im Streit um das Rauchverbot polarisiert. Seit 1. August herrscht im Freistaat die bundesweit strikteste Regelung. Kaum eine Person hat Bayerns Bürger in diesem Zusammenhang derart beschäftigt wie der junge Stadtrat aus Passau. Als sich Frankenberger an die Spitze der Nichtraucherschutzbewegung stellte, tingelte er durch die Fernsehsender, gab zahlreiche Interviews, inszenierte sich als Kopf der Kampagne. Und der Jungpolitiker hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass er weitere politische Ambitionen hat. Doch in letzter Zeit ist es eher still um den Passauer geworden.

An diesem Samstag will er seine Parteikarriere vorantreiben: In Regensburg stellt er sich der Wahl zum Bundesvorsitzenden der ÖDP. Der 29-Jährige hat gute Chancen. Unklar ist bislang, ob es überhaupt einen Gegenkandidaten gibt. Der bisherige ÖDP-Chef Klaus Buchner verzichtet aus Altersgründen auf eine Wiederwahl. Buchner ist 69 Jahre alt. Der hessische ÖDP-Vorsitzende Eric Manneschmidt überlegt, ob er seine Bewerbung zugunsten Frankenbergers zurückzieht.

Frankenberger, der sich selbst als den Grünen nahestehend bezeichnet, hatte im Vorfeld des Regensburger Parteitags angekündigt, im Falle seiner Wahl eine organisatorische und inhaltliche Reformdebatte in der ÖDP anstoßen zu wollen. Sein Ziel sei, dass künftig auch bundesweit Volksentscheide eingeführt werden. Beispielsweise könne es dann zum Thema Atomenergie eine Abstimmung geben oder eine Direktwahl des Bundespräsidenten, sagte Frankenberger. So solle die ÖDP nach bayerischem Vorbild "durch direkte Demokratie eine außerparlamentarische, starke Opposition sein".

Die konservative Öko-Partei hat eigenen Angaben zufolge bundesweit etwa 6500 Mitglieder, fast zwei Drittel von ihnen kommen allerdings aus Bayern. Bei den letzten Landtagswahlen kam die Partei im Freistaat auf 2,0 Prozent.

Das Rauchverbot hat den jungen Politiker zwar bekannt gemacht. Aber nicht unbedingt beliebt. Er hat Bayern gespalten. Und zwar in diejenigen, die rauchen wollen. Im Münchner Glockenbachviertel zum Beispiel gibt es ein Lokal, an dem ein Foto von Sebastian Frankenberger prangt - mit der Aufschrift "Ich muss draußen bleiben". Demgegenüber steht die Mehrheit derer, die beim Volksentscheid am 4. Juli tatsächlich abgestimmt haben. Die wiederum sind froh, dass nirgends mehr geraucht werden darf.

Frankenberger - ein Weltverbesserer? Ja, das gibt der Mann, der wegen seiner langen braunen Haare aus der Masse hervorsticht, auch selber gerne zu Protokoll, wenn er nach seiner Motivation gefragt wird. Sein Auftreten hat deshalb auch etwas Missionarisches, Angriffe auf seine Person quittiert er mit einem breiten Lächeln. Dann stützt er die Hände auf die Hüfte, spreizt die Ellbogen seitlich raus und erzählt, wie man auch mit Hendl und Apfelsaftschorle im Bierzelt Spaß haben kann.

Stadtrat, Notfallseelsorger und Fremdenführer

Der Spaß hörte freilich in diesem Jahr auf, nachdem Frankenberger in Begleitung von Kameras aus mehreren Bierzelten mehr oder weniger höflich hinauskomplimentiert worden war. Der Jungpolitiker aus Passau setzt sich gerne in Szene. Er ließ sich gar auf dem gesamten Weg zu einem Bierzeltbesuch am ersten Tag des verschärften Rauchverbots von einem lokalen Medium filmen.

Morddrohungen bekommt er inzwischen keine mehr. "Und auch die Beleidigungen in Briefen und E-Mails sind deutlich weniger geworden", sagt Frankenberger.

Der umtriebige Stadtrat hat seine politische Karriere in der Schülerunion gestartet. Nachdem er sich für die Rettung eines Naturschutzgebiets einsetzte, wechselte er 2004 zur ÖDP. Ähnlich wechselhaft ist sein beruflicher Werdegang: Zunächst studierte er Lehramt für Mathe und Physik, brach dann ab. Dann begann er ein Theologiestudium in Passau - auch dieses beendete er ohne Abschluss. Inzwischen ist er Stadtrat, Notfallseelsorger und Fremdenführer. In barocken Kostümen führt er Touristen durch Passau, Linz und Salzburg.

Nun also will er mit 29 Jahren an die Spitze seiner Partei. Es ist nicht das erste Mal, dass Frankenberger mit ehrgeizigen Zielen auffällt. Scherzhaft kündigte er einmal an, 2020 Oberbürgermeister seiner Heimatstadt Passau werden zu wollen. Sein Autokennzeichen lautet übrigens "PA-O-2020".

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