Wenn sich am Wettkampftag tatsächlich wie erwartet bis zu 15 000 Besucher zum Ochsenrennen rund um die „Hertawies“ in Münsing drängen, sind dies mehr als dreimal so viele Menschen wie die Kommune Einwohner hat. Allein diese Zahl stellt eine logistische Herausforderung für das Dorf am Starnberger See dar, verheißt allerdings obendrein einen ordentlichen Umsatz. Das könnte noch besonders befeuert werden, weil das seit 1996 alle vier Jahre organisierte Ochsenrennen 2020 – im ersten Pandemiejahr – ausfiel, also schon acht Jahre her ist.
Die weißen Trachtenhemden mit dem auf die Brust gestickten Ochsen sind bei Martin Weber jedenfalls gefragt. Die sind bei den Vereinsmitgliedern der Münsinger Ochserer – des Hauptveranstalters der vier Bierzelttage mit dem Rennsonntag am 1. September als Höhepunkt und Abschluss – gefragt, sagt der Inhaber des Holzhauser Geschäfts, der Trachten verkauft und eine Polsterei führt. „Umsatzmäßig wirkt sich das schon ein bisschen aus.“ Mehr zumindest, als wenn er eine Zeitungs-Annonce schalte, so Weber.
Dazu hat die Trachtenmodenschau am Donnerstagabend das Ihrige beigetragen. Sie wurde von Weber gemeinsam mit den Inhabern von „Heinzelstück“ aus dem Münsinger Ortsteil St. Heinrich sowie „Hut und Rädl“ aus Feldkirchen-Westerham organisiert. Die Veranstaltung mit Bieranstich ist gleichsam die Ouvertüre des mehrtägigen Festakts.
Vom „Wahnsinnspektakel“ spricht Susanne Huber. Für die Gemeinderätin und Vorsitzende der Münsinger Interessengemeinschaft (IG) Tourismus ist allerdings der Unterhaltungsfaktor höher einzuschätzen als die Wertschöpfung. „Der wirtschaftliche Ertrag ist nicht das Relevante“, so Huber, die Fischereimeisterin ist, in St. Heinrich mit der Familie einen Campingplatz betreibt und Ferienwohnungen vermietet. Der Umsatz im Bierzelt sei den Ochserern sowie dem Münsinger Burschenverein als Hauptveranstaltern gegönnt. „Das Ochsenrennen ist dafür da, zu zeigen, welches unheimliche Engagement die Brauchtumsgruppen leisten“, sagt sie. Was beide machten, sei fantastisch und großartig.
Sogar die „Washington Post“ hat über das Spektakel berichtet
Dass in ihrem Betrieb und bei den Vermietern von Ferienwohnungen in Münsing der August gut gebucht sei, liegt laut Huber generell an der Hochsaison im Sommertourismus. Sie glaubt nicht, dass sich Leute eigens wegen des Ochsenrennens einmieteten. Weltweiten Bekanntheitswert hat die Veranstaltung in der Münsinger Naturarena. Schließlich haben die Agentur Reuters aus Großbritannien oder die US-amerikanische Zeitung Washington Post darüber berichtet.
Der Münsinger Burschenverein organisiert am Freitag und Samstag, 30. und 31. August, das Börsenfieber sowie das Weinfest. Die Mitglieder konzentrieren sich darauf, die Getränke einzukaufen und zu bedienen; auch helfen sie mit, das Zelt auf- und abzubauen.
„Für den Verein springt damit relativ nix raus“, sagt Vorsitzender Tobias Graf. An den vier Festtagen komme zwar einiges Geld zusammen. Aber das Zelt für bis zu 2000 Gäste koste die Vereine mehr als 20 000 Euro. „Mit dem, was übrig bleibt, organisieren wir für die Mitglieder einen Ausflug und gehen irgendwo ins Wirtshaus“, so Graf. „Das ist die Motivation.“ Bei der Veranstaltung gehe es hauptsächlich um den Zusammenhalt in der Gemeinde. Ochserer und Burschenverein würden zusammenhelfen, und am Rennsonntag springe zudem der Sportverein Münsing-Ammerland ein. Das Fest trage vor allem zum guten Ruf der Kommune am Ostufer des Starnberger Sees bei.
30 Mitglieder haben die Ochserer. Im Verein hauptverantwortlich dafür, das Fest samt Rennen zu organisieren, sind Anton Leinbach und Peter Bauer. Die Mitglieder verkaufen Festzeichen und kümmern sich um die Getränke. Wie viel Geld übrig bleibe, könne er im Vorhinein unmöglich sagen, meint Peter Bauer. So seien die Getränke Kommissionsware. Das bedeutet, dass der Verein nur für jedes verkaufte Getränk eine Provision bekommt. Je schlechter das Wetter sei und je weniger Gäste kämen, desto weniger nehme der Verein ein. Bilanz lasse sich erst nach Abschluss ziehen.
An der zentral im Dorfzentrum gelegenen Bäckerei „Krümel & Korn“ gehen die Umsätze der Festtage vorbei. Deswegen kauften nicht mehr Kunden ein und das Brot für die Gäste liefere ein anderer, sagt Inhaber Paul Otto. Der Edeka-Supermarkt an der Bachstraße ist am Sonntag wie immer geschlossen.