Obersalzberg:Fünf Sterne, vier Millionen Miese

Das Luxushotel auf dem Obersalzberg rutscht immer tiefer in die roten Zahlen - die Verluste trägt der Steuerzahler.

Hans Holzhaider

Das Interconti-Hotel auf dem Obersalzberg, das von einer Tochtergesellschaft der Bayerischen Landesbank betrieben wird, ist im Geschäftsjahr 2009 noch tiefer in die Verlustzone geraten. Aus der jetzt veröffentlichten Jahresbilanz der Berchtesgaden International Resorts Betriebs GmbH geht hervor, dass die Verluste des Fünf-Sterne-Hotels von 2,97 Millionen Euro im Jahr 2008 auf 3,91 Millionen Euro im Jahr 2009 anstiegen. Die Belegungsrate der 126 Doppelzimmer und zwölf Suiten sank im gleichen Zeitraum von 53,4 auf 48,1 Prozent. Die Verluste der Betriebsgesellschaft müssen von der Bayerischen Landesbank und damit letztlich vom Steuerzahler getragen werden.

Obersalzberg

Das Hotel am Obersalzberg: Das Luxusressort rutscht immer tiefer in die roten Zahlen.

(Foto: getty)

Als Grund für das schlechte Betriebsergebnis werden in der Bilanz in erster Linie weggefallene Firmentagungen genannt, deren Zahl als Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise sank. Diese Verluste konnten auch durch intensive Werbung um Individualgäste nicht ausgeglichen werden.

Für 2010 ist Manager Claus Geißelmann allerdings vorsichtig optimistisch. Die Firmenbuchungen hätten im ersten Quartal wieder angezogen, sagt er. Kostensenkungen seien dagegen im Fünf-Sterne-Bereich nicht realistisch: "Da muss man gewisse Dienstleistungen anbieten, das sind Fixkosten." Das Interconti auf dem Obersalzberg bietet unter anderem ein Gourmetrestaurant, das mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet wurde, und einen Wellness-Bereich, der sich mit dem Titel "Germany's leading Spa" schmücken darf.

Das Luxushotel auf dem Obersalzberg war schon vor einem Jahr Gegenstand einer heftigen politischen Diskussion, nachdem die SZ zum ersten Mal über die hohen Verluste berichtet hatte, die sich seit der Hoteleröffnung im Jahr 2005 auf etwa 15 Millionen Euro summiert hatten.

Gleichzeitig war bekannt geworden, dass das Hotel nicht, wie bis dahin allgemein angenommen, von der Hotelgesellschaft Intercontinental betrieben wird, sondern dass sämtliche Angestellte mit Ausnahme des von Intercontinental gestellten Managers auf der Gehaltsliste der Bayerischen Landesbank stehen, die auch für die Verluste geradestehen muss.

Die Oppositionsparteien im Landtag, aber auch die FDP, hatten die Staatsregierung daraufhin aufgefordert, aus dem Hotelbetrieb auszusteigen. Auch Finanzminister Georg Fahrenschon hatte es im Landtag als eine "Herausforderung" bezeichnet, "dass sich der Staat mittelfristig aus diesem Projekt zurückzieht". Dagegen hatte Fahrenschons Amtsvorgänger Kurt Faltlhauser das sogenannte "Zwei-Säulen-Modell", auf dem Obersalzberg neben einer Dokumentationsstelle für die Geschichte des Nationalsozialismus auch ein Luxushotel zu errichten, als eine "brillante Entscheidung der Regierung Stoiber" bezeichnet.

Die Verluste im Hotelgeschäft bezeichnete Faltlhauser damals als einen "bewussten Preis für eine politische Idee". Als Argument dafür, dass auf dem Obersalzberg kein privater Investor zum Zuge kommen dürfe, nannte die Staatsregierung stets die Befürchtung, der Obersalzberg als ehemaliger Wohnort Adolf Hitlers könne zu einem "Wallfahrtsort" für alte und neue Nazis werden.

An dieser Sachlage hat sich nach Ansicht von Finanzminister Fahrenschon auch durch die neuen Verlustzahlen nichts geändert. Die weltweite Wirtschaftskrise könne auch an einem Luxushotel wie dem Interconti Berchtesgaden nicht spurlos vorübergehen, sagte der Minister. Die Entscheidung, auf dem Obersalzberg ein Hotel zu installieren, sei richtig gewesen.

Es sei gelungen, Aufklärung durch die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Diktatur zu leisten und "ewig Unbelehrbare vom Obersalzberg fernzuhalten". Der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) wollte sich nicht äußern. Das sei "alleiniger Beritt des Finanzministeriums", teilte Zeils Pressestelle mit.

Von diesem Argument lässt sich Franz Kirschner, der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, nicht beeindrucken. "Das ist immer dasselbe Lied, das man aus dem Finanzministerium hört", sagt er. "Gegen eine missbräuchliche Nutzung kann man sich jederzeit absichern." Der bayerische Staat brauche kein Hotel, geschweige denn eines, das nur Verluste macht, sagt Kirschner: "Das muss man so schnell wie möglich loswerden."

Auch Volkmar Halbleib, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, hält eine privatwirtschaftliche Lösung auf dem Obersalzberg für durchaus vereinbar mit der Abwehr von Rechtsradikalen: "Da gibt's kein Denkverbot", sagt Halbleib. "Die Staatsregierung muss jetzt dringend ein Konzept vorlegen, wie man aus diesen Defiziten herauskommt." Ins gleiche Horn stößt Thomas Mütze, der neue Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag. "Unter dem Eindruck der neuen Zahlen wird es umso dringender, dass man den Vertrag mit Interconti kündigt", sagt Mütze. "Wir können uns so etwas nicht mehr leisten, und die Landesbank schon gleich gar nicht."

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