Pilotprojekt:Angriffe auf Polizisten und Retter sollen schneller bestraft werden

  • Wer in der Oberpfalz Polizisten oder Rettungskräfte angreift, soll künftig sehr viel schneller angeklagt werden als üblich.
  • Die Initiative für das Pilotprojekt ging vom Polizeipräsidium in Regensburg aus, nachdem es in der Stadt in einer Nacht im Januar zu vier Übergriffen auf Beamte gekommen war.
  • In jeder Polizeidirektion soll ein Kollege speziell für diese Delikte zuständig sein.

Von Claudia Henzler, Nürnberg/Regensburg

Sie werden mit Steinen beworfen, getreten und angespuckt. "Täglich ist mehr als ein Polizeibeamter Opfer eines Angriffs", beklagte der Nürnberger Generalstaatsanwalt Lothar Schmitt am Mittwoch. Um das zu ändern, wollen die Strafverfolgungsbehörden mehr Härte zeigen - zunächst in einem Pilotprojekt in der Oberpfalz. Wer dort Polizisten oder Rettungskräfte angreift, soll sehr viel schneller angeklagt werden als bisher üblich. Generalstaatsanwalt Schmitt, zu dessen Gebiet die Oberpfalz gehört, will das Ermittlungsverfahren in bestimmten Fällen auf zwei Wochen verkürzen. "Die Täter sollen wissen: Die Strafe folgt auf dem Fuß."

Um das zu erreichen, werden die Ermittlungen bei den Staatsanwaltschaften und Polizeidirektionen in Amberg, Regensburg und Weiden gebündelt. Die einzelnen Fälle werden nicht mehr von dem Polizisten bearbeitet, der zufällig gerade Schichtdienst hat, sondern in jeder Polizeidirektion von einem speziell dafür zuständigen Kollegen. Das Gleiche gilt für die Staatsanwaltschaften. Und wie schon bei der Kriminalpolizei üblich, sollen Polizei und Ankläger ihr Vorgehen von Anfang an abstimmen.

Das von Innen- und Justizministerium genehmigte Pilotprojekt erlaube es der Polizei, solche Fälle mit Priorität zu behandeln, lobte der Oberpfälzer Polizeipräsident Gerold Mahlmeister - ähnlich wie es bei häuslicher Gewalt gemacht werde. Mehr Personal stehe für das Projekt nicht zur Verfügung. Im Mai 2019 soll das Verfahren ausgewertet und dann gegebenenfalls auf ganz Bayern ausgedehnt werden.

Die Initiative für das Pilotprojekt ging vom Polizeipräsidium Oberpfalz aus, nachdem es in Regensburg in einer Nacht Mitte Januar unabhängig voneinander zu gleich vier Übergriffen auf Beamte gekommen war. Ein Polizist brach sich dabei den Knöchel, ein weiterer erlitt eine Schädelprellung mit Gehirnerschütterung. Insgesamt ist die Zahl der gewalttätigen Übergriffe auf Beamte laut Polizei in den vergangenen Jahren gestiegen, in der Oberpfalz von gut 500 im Jahr 2010 auf mehr als 600 im Jahr 2017. Auch bayernweit gab es laut Statistik einen Zuwachs: Von knapp 6300 Fällen im Jahr 2010 auf 7300 in 2017 (mit einem leichten Rückgang gegenüber 2016).

Zum Widerstands-Paragrafen liegen noch keine Zahlen vor

"Es ist völlig inakzeptabel, dass Polizei und Rettungskräfte in zunehmendem Maße während ihrer oftmals ohnehin schon schwierigen und häufig gefährlichen Einsätze auch noch tätlich angegriffen werden", sagte Justizminister Winfried Bausback (CSU). Mit dem neuen Straftatbestand des "Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte", der 2017 in Kraft trat, sei ein wichtiger Schritt gemacht worden. Nun solle auch in der praktischen Umsetzung die "Schlagkraft" erhöht werden. Ob sich der neue Paragraf schon in Urteilen niederschlug, konnte der Minister nicht sagen. Dazu lägen noch keine Zahlen vor.

Die Turboermittlung kommt laut Generalstaatsanwalt Schmitt nicht für alle Fälle in Betracht. Bei schwerwiegenden Vorwürfen wie der versuchten Tötung oder auch bei "komplexen Verfahren" wie der aus dem Ruder gelaufenen Spontandemonstration vor einer Nürnberger Berufsschule in 2017 werde es sicher länger dauern.

Eine Entwicklung hin zur Themenbündelung gibt es bei den bayerischen Strafverfolgungsbehörden schon länger, beispielsweise mit Schwerpunktstaatsanwaltschaften für die Bereiche Extremismus oder Cyberkriminalität.

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