Süddeutsche Zeitung

Mitten in Oberhausen:Rücktritte an Schienbeine

Der oberbayerischen Gemeinde Oberhausen sind zuletzt ein paar Bürgermeister abhanden gekommen. Jetzt gibt es einen neuen.

Glosse von Matthias Köpf, Oberhausen

So eindeutig waren die Verhältnisse zuletzt selten in Oberhausen: Mit 721 von 808 abgegebenen Stimmen haben die Bürger der 2100-Einwohner-Gemeinde im Landkreis Weilheim-Schongau am Sonntag den 65-jährigen Rudolf Sonnleitner zum Bürgermeister gewählt, also mit einer satten Mehrheit von 89,2 Prozent. Andererseits war Sonnleitner auch der einzige Kandidat für das Ehrenamt. Auf 87 Stimmzetteln war trotzdem nicht sein Name angekreuzt, und auf immerhin 70 davon standen stattdessen Namen von Menschen geschrieben, die sich gar nicht beworben hatten. Jetzt jedenfalls, wo der bisherige Stellvertreter Sonnleitner Erster Bürgermeister ist, braucht er wiederum einen neuen Stellvertreter, und da könnte es in Oberhausen schon wieder schwierig werden. So wie in letzter Zeit eigentlich immer.

Denn Sonnleitner war ja nur für ein paar Wochen Vize im Rathaus. Seine Vorgängerin als Zweite Bürgermeisterin war erst im Februar zurückgetreten. Ihr und ihrem Ehemann, der ebenfalls im Gemeinderat saß und weiterhin sitzt, hatte Sonnleitners seinerseits schon im Dezember zurückgetretener Vorgänger als Erster Bürgermeister Einschüchterungs- und Erpressungsversuche vorgeworfen. Es soll da um Änderungen an einem Bebauungsplan für ein Grundstück für den eigenen Nachwuchs gegangen sein, wie der Zurückgetretene später brieflich erläuterte. Die Vorwürfe gingen hin und her und werden nach einer Verleumdungsklage der beiden bezichtigten Eheleute auch noch das Landgericht München II beschäftigen.

Vor seiner eigenen Vorgängerin war aber wiederum Sonnleitner schon mal Zweiter Bürgermeister von Oberhausen - erst eine volle Amtszeit bis 2020 und nach der Kommunalwahl dann noch einmal für ein paar Wochen. Nach zweimaliger Stimmengleichheit im Gemeinderat hatte schließlich das Los zu seinen Gunsten entschieden. Doch dass Sonnleitner dieses Los selbst gezogen hatte, war einigen in Oberhausen dann auch wieder nicht recht, und vor allem war es nicht rechtens. Die 14 Gemeinderäte, darunter Mitglieder von sechs verschiedenen Gruppierungen und ein Fraktionsfreier, ließen damals aber nicht noch mal losen, sondern wählten stattdessen erst Sonnleitners Vorgängerin und nach deren Rücktritt dann eben doch noch ihn. Jetzt müssen sie wieder abstimmen. Notfalls wird gelost.

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