Oberfranken:Wanderer halten Flüchtlingsheim für Gasthof - und werden bewirtet

Asylunterkunft Zapfendorf

Der aus Syrien stammende Kawa Suliman bereitet in Zapfendorf syrisches Brot zu.

(Foto: dpa)

Kawa Suliman serviert Brot und Marmelade, syrische Art. Es dauert eine Weile, bis die Touristen ihren Irrtum bemerken.

Von Olaf Przybilla

Der Syrer Kawa Suliman, 30, lebt seit etwa einem Jahr in einer Asylbewerberunterkunft im oberfränkischen Zapfendorf. Das Flüchtlingsheim war früher ein uriger Landgasthof. So steht es auch immer noch draußen an der Hauswand: Brauerei-Gasthof Hennemann. Wohl deshalb haben zwei Urlauber aus Baden-Württemberg da was verwechselt, so war es im Weihnachtsbrief der Pfarrei Zapfendorf zu lesen. Ein Anruf bei Kawa Suliman.

SZ: Herr Suliman, Sie und Ihre Mitbewohner hatten offenbar zwei Gäste.

Kawa Suliman: Erst mal Entschuldigung, mein Deutsch ist nicht so gut. Ich bin ja noch nicht so lang in Deutschland.

Dafür klingt es ganz ausgezeichnet.

Oh vielen Dank. Ja, es war so: Einer meiner Mitbewohner aus dem Heim hat mich gerufen. An der Tür standen zwei Menschen, ein Paar, glaubte er. Und er sagte, dass er nicht denkt, dass das neue Deutschlehrer von uns sind. Aber doch Gäste. Komm schnell Kawa, hat er gerufen. Ich spreche besser Deutsch als er. Die beiden sahen aus, wie sagt man? So ähnlich wie: müde.

Erschöpft?

Ja, erschöpft, die beiden sahen erschöpft aus. Sie haben gesagt: Hallo. Wir möchten gerne ein Essen und etwas zu trinken. Oh, habe ich geantwortet, dann sollen sie bitte kommen in den Gemeinschaftsraum.

Sie leben in einem ehemaligen fränkischen Landgasthof.

Ja, genau. Da ist ein guter Raum im Heim, groß genug für viele Menschen. Wir trinken da Kaffee, und wir halten den Raum super sauber. Ich habe dann den beiden Gästen gesagt: Ja bitte, setzen Sie sich. Machen Sie es sich bequem, Sie sollen sich bei uns fühlen wie zu Hause. Ich glaube, Sie waren sehr hungrig und sehr durstig.

Warum das?

Ah, sie waren, wie heißt das? Sie haben eine Wanderung gemacht.

Wanderer.

Ja, tut mir leid, genau: Wanderer. Sie waren im Urlaub. Später sagten sie uns, dass sie aus Karlsruhe sind. Aber erst mal haben sie gefragt, was wir zu essen haben.

Fanden Sie das nicht ein bisschen, nun ja, ungewöhnlich?

Nein, warum, es waren ja Wanderer. Ich habe gesagt: Ja, wir haben Käse und wir haben Brot und Salat und Marmelade.

Wie fanden Ihre Gäste das Angebot?

Ich weiß nicht, sie sagten: Ja, schön. Sie wollten dann wissen, was wir zu trinken haben, und ich habe geantwortet: Schwarzer und grüner Tee und Kaffee, aber keinen Alkohol. Sie waren einverstanden.

Und dann wollten die Gäste wissen, was das Ganze kostet

Ihren Gästen kam das nicht irgendwie merkwürdig vor?

In dem Moment? Ich weiß es nicht genau, sie haben einfach bestellt. Ich bin dann in die Küche gegangen und habe zu meinen Mitbewohnern gesagt: Wir haben Gäste. Ich glaube, sie denken, unser Heim hier ist ein Restaurant oder ein Café. Gut, umso mehr haben wir uns angestrengt.

Waren die Gäste zufrieden?

Oh, ich glaube schon. Wir haben alles zubereitet und die Frau wollte wissen: Was ist das alles? Also habe ich es ihr erklärt: Ein Brot, syrische Art. Und Marmelade, syrische Art. Später haben uns die Gäste erzählt: Sie haben sich ein bisschen gewundert über die Einrichtung. Und über das Angebot, was sie zu essen bekamen. Aber sie dachten: Das ist ein Restaurant, das neu eröffnet ist. Und, wie soll man sagen? Vielleicht ein bisschen noch nicht alles ganz so perfekt.

Aber geschmeckt hat es ihnen?

Oh ja. Nach etwa 15 Minuten waren sie fertig, unser Essen hat ihnen gut geschmeckt, haben sie gesagt. Und wollten dann wissen: Was kostet das bitte? Ich habe geantwortet: Das kostet nichts.

Hm.

Ja, sie waren auch ganz erstaunt. Und wollten immer wieder zahlen. Sie sind unsere Gäste, haben wir geantwortet, und unsere Gäste zahlen hier nichts. Das ist impossibel, niemals! Aber warum? Sie haben es einfach nicht verstanden.

Bis Sie es Ihnen gesagt haben.

Ja, das ist hier ja kein Restaurant, haben wir gesagt. Oh, die beiden haben sich vielmals entschuldigt. Und die Frau hat zu weinen begonnen. Wir haben gesagt: Kein Problem, wir sind sehr glücklich, dass Sie unsere Gäste waren. Und dann hatten wir sehr viel Spaß. Wir haben Adressen ausgetauscht. Jetzt hat das Paar uns schon geschrieben und ein Geschenk geschickt.

Fühlen Sie sich wohl in Deutschland?

Deutschland ist sehr gut zu uns. Wir sind glücklich hier. Nur eines ist vielleicht nicht so gut: Die, wie sagt man, Bürokratie. Aber sonst: Die Deutschen sind tolle Leute.

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