Oberfranken:Darf man ein Grab mit einem Buddha dekorieren?

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Friedhofsordnung, Paragraf 25, Absatz 3: Es ist verboten, an den Grabmälern etwas anzubringen, was im Widerspruch mit christlichen Anschauungen steht. (Foto: Olaf Przybilla)
  • Im Landkreis Hof hat ein Mann das Grab seiner Eltern mit einem Plastik-Buddha dekoriert.
  • Weil die Figur nicht christlich ist, will der Pfarrer sie vom Friedhof entfernen.

Von Katja Auer, Helmbrechts

Die Debatte um die Leitkultur kommt zur rechten Zeit. Im oberfränkischen Helmbrechts nämlich, im Landkreis Hof, stellt sich gerade sehr konkret die Frage, wie es um die Toleranz bestellt ist. Dabei geht es in der Geschichte nicht um Asylbewerber, schon gar nicht um kriminelle, und erst recht nicht um islamistische Bedrohungen.

Es geht um einen Buddha. Kaum so groß wie ein Gartenzwerg sitzt die Plastikfigur mit den Schneckenlocken im meditativen Lotussitz auf dem Grab der Familie Fickenscher. Bernd Fickenscher, 56, hat sie dort hingestellt, nicht etwa weil er Buddhist wäre, sondern weil ihm bei seinen Asienreisen die Ruhe und der Frieden in den buddhistischen Klöstern besonders gut gefallen haben. Passt doch, dachte er sich wohl, ein Buddha für die letzte Ruhestätte seiner Eltern.

Passt überhaupt nicht, findet der evangelische Pfarrer Thomas Berthold, weil der Buddha eben ein Buddha ist. Somit nicht christlich, klar. Und so steht es in der Helmbrechtser Friedhofsordnung, Paragraf 25, Absatz 3: "Insbesondere ist es verboten, an den Grabmälern etwas anzubringen, was im Widerspruch mit christlichen Anschauungen steht."

Im Netz wird bereits aufgeregt diskutiert

Da formt sich dem toleranten Weltbürger gleich der Empörungsschrei in der Kehle, dass er sich gefälligst nicht so haben soll, der Herr Pfarrer. Symbolisiert doch schließlich Frieden, so ein Buddha, da kann doch ein Mann Gottes nichts dagegen haben. Hat er grundsätzlich ja auch gar nicht. Auf einem christlichen Friedhof aber schon. Wofür es durchaus Argumente gibt.

"Von der Kirche wird immer Toleranz eingefordert, aber umgekehrt wird sie uns nicht zugestanden", sagt er. Berthold hat sich in den vergangenen Tagen mehr mit dem Buddha beschäftigt als mit den üblichen Dienstpflichten, und auch wenn er immer noch geduldig seinen Standpunkt erklärt, merkt man ihm doch an, dass es ihm andersrum lieber wäre. Aber, sagt er, es sei ja auch gut, dass sich die Leute Gedanken machten.

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Vor allem im Internet wird aufgeregt diskutiert, jede Position findet dort ihre mehr oder weniger niveauvoll formulierte Unterstützung. Bernd Fickenscher jedenfalls will nicht nachgeben. Er selbst ist aus der Kirche ausgetreten, "ich glaube nicht an die Kirche", sagt er. Seine Eltern allerdings seien Mitglieder der Gemeinde gewesen. Deswegen habe es ihn besonders geärgert, als der Pfarrer gefragt habe, warum er die Eltern nicht auf dem städtischen Friedhof habe bestatten lassen. Dort könnte er den Buddha aufstellen. Weil er sich aber für den evangelischen Friedhof entschieden habe, müsse er auch die Regeln beachten, sagt Pfarrer Berthold. Niedergeschrieben in der Friedhofsordnung, wie überall.

Wiedergeburt als Zebra oder Regenwurm

Die in Helmbrechts umfasst 39 Paragrafen und regelt die Größe der Gräber ebenso wie deren Gestaltung. Porzellanfiguren sind verboten, genauso Holzkreuze und Bilder der Verstorbenen. Grabsteine dürfen nicht wackeln, verwelkte Blumen müssen entfernt werden. Wenn es diese Verordnung gebe, könne er sie nicht einfach außer Acht lassen, sagt Berthold. "Das ist nicht reine Willkür, das hat schon seinen Sinn."

Er solle großzügiger sein, raten ihm manche Leute. Ob Buddha oder Kruzifix - sei doch alles das Gleiche. Eben nicht, sagt Berthold. Während Christen auf die Auferstehung hoffen, wird ein Mensch nach buddhistischer Lehre wiedergeboren, je nach Karma möglicherweise als Zebra oder Regenwurm. Da ist er, der Widerspruch zur christlichen Anschauung.

Nun könnte man den Buddha einfach als Deko-Objekt betrachten. Schließlich sind die Figuren in jedem Baumarkt erhältlich, was darauf hindeutet, dass die Käufer nicht überempfindlich in ihren religiösen Gefühlen sind. Und eine Platzierung im Vorgarten wohl auch nicht als Bekenntnis verstanden werden muss. Aber so will Pfarrer Berthold gerade am Friedhof nicht argumentieren. Am Mittwoch trifft er sich zum Gespräch mit Fickenscher. Ergebnisoffen. Aber nachgeben will keiner von beiden.

© SZ vom 20.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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