Oberbürgermeisterwahl in Landshut:Größte anzunehmende Unsicherheit

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Wahlkampf im Schatten des Reaktors: Ausgerechnet in Landshut macht sich ein Grüner Hoffnung auf den Posten des Oberbürgermeisters. Zu Recht? Die wichtigsten Fragen rund um die Wahl.

Kathrin Haimerl

Fällt an diesem Sonntag eine schwarze Hochburg? Im Schatten von einem der ältesten Meiler Deutschlands sind Oberbürgermeisterwahlen - einen Tag, nachdem Atomkraftgegner zu einer Großdemo in München aufgerufen haben. Grünen-Politiker Thomas Keyßner hofft, vom wachsenden Widerstand gegen Kernkraft zu profitieren. Zu Recht? Wer sind seine Mitbewerber? Kommt es zur Stichwahl? Die wichtigsten Fragen rund um die Wahl in Landshut.

Fühlt sich auch in Anzug und Krawatte wohl: Thomas Keyßner ist der dienstälteste Grünen-Stadtrat in Landshut und seit 2008 zweiter Bürgermeister. (Foto: dpa)

Der Amtsinhaber

Hans Rampf sitzt seit 1996 für die CSU im Stadtrat. Seit 2004 ist der 61-jährige Oberbürgermeister der Stadt Landshut und kommt in seiner leutseligen Art bei den Bürgern gut an. Dafür allerdings hat er in seiner Partei massive Flügelkämpfe ausgelöst und hält sich seither in einer gewissen Distanz zur CSU, was allerdings seinem Bild in der Bevölkerung bislang nicht geschadet hat. Rampf selber will die Wahl in Landshut unbedingt im ersten Wahlgang gewinnen. In einer repräsentativen Umfrage des Allensbach-Instituts für die Landshuter Zeitung kommt er auf 45 Prozent der Stimmen.

Der Herausforderer

Sein Sieg wäre nicht nur eine Revolution im konservativen Niederbayern: Thomas Keyßner will der erste grüne Oberbürgermeister Bayerns werden. Eine Überraschung ist dem 54-jährigen Richter am Landessozialgericht bei den Kommunalwahlen 2008 bereits gelungen: Die Grünen wurden zweitstärkste Fraktion und Keyßner zum zweiten Bürgermeister von Landshut gewählt. Genau wie Rampf sitzt Keyßner seit 1996 im Stadtrat. Er ist damit dienstältester Grünen-Stadtrat. Keyßner gehört zum bürgerlichen Lager und ist als zweiter Bürgermeister in Landshut allseits respektiert. Neben Keyßner treten noch Robert Gewies für die SPD, Robert Mader für die Freien Wähler, Christoph Zeitler für die FDP sowie Jonny Huber für die Linke an. Den übrigen Kandidaten werden allerdings nur Außenseiterchancen eingeräumt.

Landshuter Besonderheiten

Die Hauptstadt des Regierungsbezirks Niederbayerns mit ihren 63.000 Einwohnern ist seit Jahrzehnten eine Hochburg der CSU. Das hängt mitunter auch mit der Person Josef Deimers zusammen. Dieser war Rampfs Vorgänger, war mit 35 Amtsjahren Deutschlands dienstältester OB und durfte 2004 aus Altersgründen nicht mehr antreten. Ein Nachfolger musste also her - und da ging der Streit los in der Landshuter CSU. Denn Hans Rampf war nicht der Wunschkandidat der Partei. Um Rampf bildete sich eine Wählergruppierung, die 8000 Unterschriften sammelte. Gleich im ersten Wahlgang übertrumpfte Rampf den offiziellen CSU-Bewerber Ludwig Zellner mit 51 zu knapp 15 Prozent, was wiederum zu massiven Flügelkämpfen in der Partei führte. Bei den Kommunalwahlen 2008 musste auch die Landshuter CSU herbe Verluste hinnehmen. Im Stadtrat verlor sie von ihren 23 sieben Sitze - und damit auch die absolute Mehrheit der insgesamt 44 Sitze. Die Grünen hingegen verbesserten sich von drei auf acht Sitze und stellen seither die zweitstärkste Fraktion.

15 Kilometer isarabwärts von Landshut liegt der Kernkraftwerkblock Isar. Oder Ohu, wie hier in Landshut der geläufigere Name ist. Isar 1 ist Bayerns älteste Meiler und hätte nach den alten Vereinbarungen 2011 vom Netz gehen sollen. Seit dem Atomkompromiss der schwarz-gelben Koalition in Berlin aber soll die Laufzeit bis 2019 verlängert werden. Der wachsende Widerstand gegen diese Entscheidung verschafft den Grünen derzeit bundesweit Auftrieb: In Umfragen kommt die Partei auf 23 Prozent. Davon will freilich auch Grünen-Politiker Keyßner profitieren, der erst in der vergangenen Woche während einer Demonstration der Atomkraftgegner in Landshut gegen die Politik von Schwarz-Gelb gewettert und die Abschaltung von Isar 1 gefordert hat.

Die Landshuter schätzen ihn für seine leutselige Art: Oberbürgermeister Hans Rampf, CSU. (Foto: dpa/dpaweb)

Amtsinhaber Rampf hingegen betont, dass der Atomstreit und das Stimmungshoch der Grünen die OB-Wahl keinesfalls beeinflussen werden. Doch auch für den anderen Fall hat er vorgesorgt: In einer Resolution hat sich die Landshuter CSU öffentlichkeitswirksam gegen die Parteilinie gestellt und die Abschaltung des Reaktors gefordert.

Der Streit um die Atompolitik ist das beherrschende Wahlkampf-Thema. Denn alles in allem steht die Stadt gut da. Die Wirtschaft ist besser durch die Krise gekommen als andere Regionen Deutschlands. Das liegt auch an großen Konzernen im Umland wie dem Dingolfinger BMW-Werk. Die Arbeitslosenquote liegt den Zahlen von September zufolge in der Stadt Landshut derzeit bei 4,8 Prozent.

Bei der Verschuldung allerdings hält Landshut seit Jahren den Negativrekord in Bayern: Mit 268 Millionen Euro liegt diese weit über dem Landesdurchschnitt. Rampf selber führt im Wahlkampf stets als Hauptverdienst an, er habe 30 Millionen davon getilgt. Nur sind es eben jene Schulden, die seine Partei angehäuft hat. Vermutlich ist auch das ein Grund, warum Rampf immer wieder betont, es gehe bei dieser Wahl um die Person.

Kommt es zur Stichwahl?

Als wahrscheinlichstes Szenario für den Ausgang an diesem Sonntag gilt eine Stichwahl. Grund sind die insgesamt sechs Bewerber, die an diesem Sonntag gegeneinander antreten. Denn auch wenn die Kandidaten von SPD, FDP, Freien Wählern und Linke chancenlos sind, so könnten sie doch so viele Stimmen einsammeln, dass es im ersten Wahlgang nicht für Hans Rampf reicht. Zu einer Stichwahl kommt es nach Artikel 46 des bayerischen Gemeinde- und Landkreiswahlgesetzes, wenn keiner der Bewerber mehr als die Hälfte der abgegeben Stimmen erhalten hat. Diese findet am zweiten Sonntag nach dem Wahltag unter den zwei Kandidaten statt, die bei der ersten Wahl die höchsten Stimmenzahlen erhalten haben.

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