Süddeutsche Zeitung

Oberbayern:Etwa 100 Flüchtlinge randalieren im Manchinger Transitzentrum

  • Einige versuchten mit Sperrgittern die Türen bei der Taschengeldausgabe einzurammen.
  • Die Mitarbeiter des Landratsamtes mussten sich verbarrikadieren.
  • Bei den Tumulten wurden zwei Sicherheitskräfte und vier Flüchtlinge leicht verletzt. Es entstand Sachschaden von etwa 500 Euro.

Von Dietrich Mittler

Beamte der Polizeiinspektion Ingolstadt haben am Donnerstag mit der Vernehmung von Flüchtlingen aus dem Transitzentrum Manching begonnen. Am späten Mittwochvormittag war vor der Auszahlungsstelle unter etwa 100 wartenden Flüchtlingen ein Tumult entbrannt. In dessen Verlauf versuchten Flüchtlinge, mit herausgehobenen Sperrgittern die Türen einzurammen und in die Räume einzudringen. Zwei Sicherheitskräfte und vier Flüchtlinge wurden leicht verletzt. Es entstand Sachschaden von etwa 500 Euro.

"Um ein gewaltsames Eindringen der Menschenmenge zu verhindern, wurde durch Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes auch Pfefferspray eingesetzt", teilte die Polizei mit. Die Polizei löste die Menschenansammlung schließlich auf.

Während des Tumults hatte sich das Auszahlungspersonal des Landratsamts Pfaffenhofen mit Security-Mitarbeitern in den Räumen verbarrikadiert. An dem Tumult seien hauptsächlich nigerianische Flüchtlinge beteiligt gewesen. Sie haben nur eine geringe Bleibe-Chance, was letztlich zu ihrer Unterbringung im Transitzentrum Manching/Ingolstadt führte.

Umstehende gehen davon aus, dass einigen Flüchtlingen die Wartezeit zu lange dauerte. "Ich denke aber, dass es in einem von Repression geprägten Camp-Alltag für solche Vorfälle nicht einmal mehr große Anlässe braucht", sagte Stephan Dünnwald, ein Sprecher des Flüchtlingsrats. Ein Konflikt zwischen zwei Wartenden könne ebenso gut der zündende Funke für die plötzliche Entladung von Frust und Aggressionen gewesen sein.

Nach Dünnwalds Erkenntnissen komme es aktuell im Manchinger Transitzentrum "so gut wie täglich zu Auseinandersetzungen - auch zu gewalttätigen". Es sei nicht das erste Mal, dass sich dort Security-Mitarbeiter verbarrikadieren mussten - in einem Fall gar Polizeibeamte, die bedroht oder bedrängt worden seien. "Wir warnen schon lange davor, dass sich in einem solchen Camp schnell eine gewalttätige Atmosphäre entwickelt", sagte Dünnwald.

Noch mehr Repression könne aber nicht die Antwort sein: "Man kann auch neben jeden zweiten Nigerianer einen Polizisten stellen. Aber das wäre dann keine Politik, sondern reine Hilflosigkeit." Die zuständige Regierung von Oberbayern teilte indes mit: "Vorfälle wie diese sind immer Anlass, die Sicherheitsvorkehrungen auch zusammen mit der Polizei lagegerecht anzupassen."

Neben langen Wartezeiten in großen Menschenansammlungen ist einer der ständigen Konfliktpunkte das Essen. Manche der Flüchtlinge beschwerten sich, dass es ungenießbar sei. "Andere wiederum stellen sich ein zweites Mal in die Reihe, was sie aber nicht dürfen", sagte Dünnwald. Hinzu komme, dass die Nigerianer, anders als noch die Flüchtlinge vom Balkan, schneller auf die Barrikaden gingen.

Diese Leute, so sagt Dünnwald, seien alle noch im Asylverfahren. "Wenn sie erst mal ihre Ablehnung oder gar eine Abschiebe-Androhung erhalten, wird es wohl noch härter", glaubt er. Leid tun ihm die Mitarbeiter der Auszahlungsstelle: "Das sind richtig nette Leute, die versuchen, die Taschengeld-Ausgabe entspannt und ordentlich hinzukriegen."

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SZ vom 01.12.2017/mmo
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