Am Freitag sollte eigentlich der Rebell auf die Bühne des Oberammergauer Passionstheaters kommen. Oder vielmehr „Der Rebell“, also die Geschichte des als „bayerischer Hiasl“ bekannten Wilderers, Wohltätigkeitsbanditen und Volkshelden Matthias Klostermayr, verfasst und inszeniert von Christian Stückl. Stückl selber wäre danach sicher auch auf die Bühne gekommen, und ihn umweht trotz mittlerweile viermaliger Passionsspielleiterschaft ja immer noch etwas Rebellisches. Aber es kommt weder der Rebell noch „Der Rebell“ auf die Bühne. Zu schlecht war der Vorverkauf gelaufen, als dass die Gemeinde und ihre Passionstheater GmbH ein kleines bisschen was von ihrem schönen Passionsgewinn von 2022 derart aufs Zwischenspiel setzen wollten. Und jetzt rebelliert auch noch der Gemeinderat gegen den Spielleiter Stückl.
Denn obwohl eigentlich die Gemeinderäte den Spielleiter aussuchen, ist die von ihm geleitete Passion weit wichtiger als der Gemeinderat. Oder hat der schon mal 48 Millionen Euro eingespielt, wie sie angeblich aus der wegen Corona um zwei Jahre auf 2022 verschobenen Passion in der Gemeindekasse hängen geblieben sind? Genau deswegen geht es bei der Passion in Oberammergau ja immer gleich ums Ganze. Und weiterhin steht die These, dass der Ort nach seinem 1634 erstmals eingelösten Gelübde zwar von der Pest verschont blieb, aber dafür mit ewiger Zwietracht geschlagen worden ist.
Jedenfalls hat der Gemeinderat neulich eine Art ortsöffentliche Stellenausschreibung für die nächste Spielleitung 2030 beschlossen, obwohl sich der viermalige Modernisierer Stückl längst für eine fünfte Passion zur Verfügung gestellt hatte. Doch manche im Rat fragen sich nun, wie alt der derzeit 62-jährige Stückl wohl in sechs oder in 16 Jahren sein werde und wie alt bei einer dringend gewinnbringend einzuschiebenden 400-Jahr-Jubiläumspassion anno 2034.
Müsse Stückl unbedingt noch ein fünftes Mal modernisieren oder könne man nicht bei seiner vierten Version bleiben? Wobei wiederum Stückl, der das geistliche Spiel gründlich entstaubt und von schwerem antisemitischen Ballast befreit hat, nicht zum bloßen Verwalten seiner Inszenierungen neigt. Zu ein bisschen Sturheit neigt er schon. Er habe sich längst beworben, lässt er per Lokalzeitung wissen. Also Ausschreibung hin, Rebell her: Noch mal bewerben werde er sich nicht.