Oberallgäu:Söder könnte Skischaukel am Riedberger Horn Abfuhr erteilen

Skisaison im Allgäu hat begonnen

Für Bergsteigerlegende Luis Trenker war das Riedberger Horn der schönste Skiberg Deutschlands, doch den Liftbetreibern reicht das nicht.

(Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)
  • Die Betreiber des Skigebiets am Riedberger Horn wollen eine Skischaukel bauen, um zwei Pisten zu verbinden.
  • Dies wäre aus Gründen des Naturschutzes und auch rechtlich eigentlich nicht möglich.
  • Bisher sah es so aus, als ob Heimatminister Söder die Erlaubnis zum Bau erteilen würde. Doch nun scheint er umzuschwenken.

Von Christian Sebald

Schnee und Sonne satt, fein präparierte Skipisten und jede Menge Aufstiegspfade für Tourengeher und Schneeschuhwanderer: Das Riedberger Horn präsentiert sich in diesen ersten Frühlingstagen von seiner besten Seite. Oben auf dem 1787 Meter hohen Gipfel der Oberallgäuer Hörner Gruppe reicht der Ausblick vom nahen Hochvogel bis weit nach Westen hinüber, hinein in den Schweizer Alpstein mit seinem Hauptberg, dem Säntis.

Dieses Panorama ist einer der Gründe, warum die Bergsteigerlegende Luis Trenker das Riedberger Horn einmal den schönsten Skiberg Deutschlands genannt hat. So prächtig bietet sich die winterliche Bergwelt hier oben dar, dass manche Tourengeher sogar nächstens den Gipfel erklimmen, um dort in morgendlicher Stille den Sonnenaufgang zu genießen.

Derweil steuert im 140 Kilometer entfernten München der Streit um das Riedberger Horn auf seinen Höhepunkt zu. Und womöglich gibt es eine überraschende Wende. Vordergründig geht es in der Auseinandersetzung, die mit harten Bandagen geführt wird, um die Pläne für eine Skischaukel, welche die Liftbetreiber am Riedberger Horn errichten wollen. Sie soll einmal zwei kleine Skigebiete an dem Berg miteinander verbinden.

Warum die Skischaukel eigentlich nicht zulässig ist

Das ist nach geltender Rechtslage, aber auch aus Gründen des Naturschutzes eigentlich nicht möglich. So würde die neue Skischaukel gegen die Alpenkonvention verstoßen, gegen das internationale Vertragswerk also, in dem sich Deutschland und die anderen Alpenstaaten zum Schutz der Bergwelt verpflichtet haben. Das Projekt würde auch den Alpenplan missachten, das bayerische Pendant zur Alpenkonvention. Und es wäre eine massive Verletzung des Naturschutzes - am Riedberger Horn leben zum Beispiel so viele Birkhühner wie in keiner anderen Region im Freistaat.

So dreht sich der Streit um die Skischaukel in Wirklichkeit längst um die Grundsatzfrage, wie es die Staatsregierung und die CSU ganz generell mit dem Naturschutz in den Bergen halten. Solche Ausmaße hat die Auseinandersetzung angenommen, dass das Riedberger Horn inzwischen in ganz Deutschland bekannt geworden ist, und zwar auch in Kreisen, die mit Bergsteigerei und Skisport wenig am Hut haben.

Nicht nur alle möglichen Umweltverbände und Fachstellen haben massiven Einspruch erhoben. Auch der frühere CSU-Spitzenpolitiker Alois Glück, der vielen nach wie vor als höchste moralische Instanz seiner Partei gilt, hat die Pläne in einem Brief an Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) scharf verurteilt. Und unlängst hat sich sogar Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) eingeschaltet.

Der Grund: Seit Monaten sieht es so aus, als würde Heimatminister Markus Söder (CSU), der für die Skischaukel eine Ausnahmegenehmigung erteilen müsste, den Liftbetreibern den Gefallen tun. Bis zuletzt hat der Mittelfranke sein Verständnis für ihr Bestreben betont, etwas für den Tourismus und damit für eine gute Zukunft des Oberallgäus zu unternehmen.

Es gibt Anzeichzen, dass Söder das Projekt doch ablehnen könnte

Außerdem hat Söder einen mächtigen Verbündeten. CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer, der in Kempten daheim ist, setzt sich so hartnäckig für die Skischaukel ein, als hinge sein persönliches Wohl von ihrem Gelingen ab. Umweltministerin Ulrike Scharf, die als einzige maßgebliche CSU-Politikerin das Projekt von Anbeginn an strikt ablehnt, musste sich denn auch viele böse Worte für ihre Haltung gefallen lassen.

Nun aber mehren sich auf einmal die Anzeichen, dass Söder dem Projekt doch eine Abfuhr erteilen könnte. Zumindest gehen einige Kabinettsmitglieder inzwischen davon aus, dass er das tun wird. "Söder hat erkannt, dass die Skischaukel, wie sie die Liftbetreiber wollen, gegen so viele Vorgaben verstößt, dass eine Genehmigung vor Gericht keinen Bestand hätte", sagt ein ranghoher CSU-Mann. "Deshalb hat er bis zuletzt versucht, einen Kompromiss zu finden."

Andere bestätigen das. "Das Risiko eines Präzedenzfalles ist einfach viel zu hoch", sagt ein Kabinettsmitglied. "Wenn der Heimatminister jetzt das Riedberger Horn durchgehen lässt, sind wir demnächst mit einem ähnlich massiven Vorhaben an anderer Stelle konfrontiert."

Was Söder selbst dazu sagt

Auch Söder selbst weist in letzter Zeit auffällig deutlich auf die hohen rechtlichen Hürden hin, die dem Projekt entgegenstehen. So sagte er am Mittwoch am Rande der Sitzung seiner Fraktion: "Es wird nicht mehr lang dauern, bis wir da eine Entscheidung fällen. Wir sind allerdings ans Recht gebunden." Gleich darauf betonte der Heimatminister, dass die Entscheidung "sowohl rechtlich als auch inhaltlich knifflig wird".

In der CSU-Fraktion läuft bisher freilich alles wie gehabt. Am Donnerstag wollte der SPD-Abgeordnete Florian von Brunn die Skischaukel im Umweltausschuss per Dringlichkeitsantrag zu Fall bringen. Die CSU-Abgeordneten wiesen den Antrag geschlossen zurück.

Ihr Tenor: Man dürfe doch nicht in ein laufendes Verfahren eingreifen, zumal kurz vor dem Abschluss. CSU-Fraktionschef Kreuzer hatte tags zuvor bereits bekräftigt, dass er weiter für die Skischaukel ist. Denn der Wintertourismus sei im Oberallgäu ein "äußerst wichtiger Wirtschaftsfaktor". Außerdem sei der Eingriff in die Natur sehr klein und deshalb vertretbar.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: