Regensburg:Wolbergs droht der Staatsanwaltschaft

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Die Anklage wirft Wolbergs vor, dem Bauunternehmer Volker Tretzel einen Kredit zu "günstigen Konditionen" verschafft zu haben. (Foto: Armin Weigel/dpa)
  • Der suspendierte Oberbürgermeister Joachim Wolbergs sagt, die Ermittlungen gegen die Regensburger Sparkasse würden "über das Ziel hinaus" schießen.
  • Er droht der Staatsanwaltschaft, das Thema strafrechtlich aufzugreifen - sofern er wieder ins Amt komme.
  • Die Staatsanwältin sagt, man beabsichtige nicht "ein Kreditinstitut zu schädigen". Es seien jedoch Gelder geflossen.

Von Andreas Glas, Regensburg

Kurz vor der Mittagspause knipst Joachim Wolbergs das Mikro auf seinem Tisch an. Er will jetzt mal loswerden, "wie viele hoch dotierte Menschen hier sitzen, die alle bezahlt werden müssen vom Steuerzahler, nur weil die Staatsanwaltschaft sich was ausdenkt". Viele Anklagepunkte seien "höchst strittig", sagt Regensburgs suspendierter Oberbürgermeister.

Gerade beim Thema Sparkassenkredit seien die Ermittler aber "über das Ziel hinaus" geschossen. Er wisse ja, "dass Sie alles dafür tun werden, dass ich nicht mehr ins Amt komme", sagt Wolbergs in Richtung Staatsanwaltschaft. Es folgt eine Drohung: "Aber wenn ich wieder ins Amt komme, wird dieses Thema strafrechtlich noch mal aufgegriffen." Für Wolbergs (SPD) ist es ein Skandal, "welchen Schaden" die Staatsanwaltschaft bei der Sparkasse Regensburg "angerichtet hat".

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In der Tat ist der siebte und letzte Anklagekomplex im Korruptionsprozess der wohl wackeligste von allen. Man merkt das auch, als Staatsanwältin Christine Ernstberger fast entschuldigend sagt, dass ihre Behörde nicht beabsichtige, "ein Kreditinstitut zu schädigen". Sie sagt aber auch: "Es gibt Gelder, die geflossen sind." Und dass hier zwei Männer auf der Anklagebank sitzen, die "durch diese Gelder verbunden sind". Dem, sagt Ernstberger, "muss man halt nachgehen".

Es geht um die Frage, ob Wolbergs in seiner Funktion als Vorsitzender des Verwaltungsrats und des Kreditausschusses der Sparkasse dem mitangeklagten Bauunternehmer Volker Tretzel einen Kredit zu "günstigen Konditionen" verschafft hat. So steht es in der Anklage. Demnach bekam Tretzel im Jahr 2016 von der Sparkasse einen Kontokorrentkredit über 4,5 Millionen Euro. Der Zinssatz: 0,6 Prozent plus 0,5 Prozent Beratungsgebühr. Auf eine Sicherung des Kredits soll die Sparkasse zudem verzichtet haben. Die Anklage verweist darauf, dass "im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zur Kreditgewährung" Spenden aus Tretzels Umfeld an den von Wolbergs geführten SPD-Ortsverein Stadtsüden flossen.

Was die Anklage noch betont: Dass Tretzel Mitglied im Sparkassen-Verwaltungsrat war, als er den Kredit bekam. Tretzel sei "auf Wunsch" des OB in das Kontrollgremium berufen worden. Bei der Sparkasse ist der Verwaltungsrat für gewöhnlich auch dafür zuständig, Kredite an seine eigenen Mitglieder zu billigen, um Missbrauch zu verhindern. In Regensburg aber gibt es ein weiteres Gremium, das dem Verwaltungsrat vorgeschaltet ist und über Kreditvergaben entscheidet: den Kredit- und Personalausschuss.

Sparkasse nimmt Wolbergs in Schutz

"Eine sehr kleine und vertrauliche Runde", sagt Tanja Schweiger (Freie Wähler), die am Donnerstag als Zeugin vor Gericht aussagt. Die Regensburger Landrätin teilte sich den Vorsitz in Verwaltungsrat und Kreditausschuss mit OB Wolbergs. Schweiger sagt, dass der Tretzel-Kredit dem Kreditausschuss im März 2016 zur Kenntnisnahme vorgelegt worden sei. Sie habe nicht gewusst, dass der Ausschuss auch hätte zustimmen müssen, wenn ein Verwaltungsratsmitglied einen sogenannten Organkredit bekommt, sagt Schweiger. Weil es offenbar schnell gehen musste, bekam Tretzel seinen Kredit zudem per Eilbeschluss, den Wolbergs und Schweiger unterzeichneten. "Dass ein Eilbeschluss für Organkredite nicht möglich ist", habe sie ebenfalls erst hinterher erfahren, sagt Schweiger. Es sei aber nicht Aufgabe des OB oder der Landrätin, sondern "ganz klar Aufgabe der Sparkasse", die formalen Regeln zu kennen und entsprechend vorzugeben.

In einer Mitteilung hat die Sparkasse kürzlich eingeräumt, dass bei der Kreditvergabe an Tretzel "Bearbeitungsfehler gemacht wurden, die bankenrechtliche Relevanz haben". Die Sparkasse nimmt OB Wolbergs allerdings in Schutz und betont, "dass es keine Einflussnahme Dritter auf diese Kreditentscheidung gegeben hat". Ähnlich äußert sich Schweiger am Donnerstag im Gerichtssaal. Auf die Frage nach einer möglichen Einmischung des OB beim Tretzel-Kredit sagt die Landrätin: "Mir ist dazu nichts bekannt und ich kann es mir auch nicht vorstellen."

So wie es Schweiger und Sparkasse schildern, ist also nicht Wolbergs für die Ungereimtheiten beim Tretzel-Kredit verantwortlich, sondern die Sparkasse selbst. Es sei auch Aufgabe der Sparkasse, die Höhe der Zinsen festzulegen, sagt Schweiger. "Das wäre eher unüblich, wenn der Verwaltungsrat die Konditionen bewerten oder vorgeben würde." Dass Wolbergs dafür gesorgt haben könnte, dass Tretzel einen günstigen Kredit bekam, sei "für mich einfach an den Haaren herbeigezogen", sagt die Landrätin.

Bereits am Dienstag hatte sich Axel Bartelt als Zeuge zum Thema Sparkassenkredit geäußert. Der Regierungspräsident der Oberpfalz sagte, dass Volker Tretzel der Wunschkandidat von OB Wolbergs für einen Sitz im Verwaltungsrat der Sparkasse gewesen sei. Seine bevorzugten Kandidaten zu benennen, stehe einem Oberbürgermeister allerdings zu, sagte Bartelt. Zudem verteidigte er sich gegen die Vorwürfe, die Wolbergs und dessen Verteidiger gegen ihn erhoben hatten. Sie hatten unterstellt, dass sich Bartelt mit merkwürdigem Eifer in die Ermittlungen gegen Wolbergs eingemischt habe. In einem Brief an die Kriminalpolizei soll die Bezirksregierung formuliert haben, dass "kein Zweifel" am Fehlverhalten des OB im Zusammenhang mit dem Verkauf eines städtischen Grundstücks an Tretzels Firma bestehe. Man sei lediglich dem Wunsch der Ermittler gefolgt, auf Basis der Ermittlungsakten ausführlich zum Grundstücksverkauf Stellung zu beziehen, rechtfertigte sich Bartelt. "Wir wollten dem OB nichts unterstellen und ihn nicht vorverurteilen."

Für den Themenkomplex Sparkassenkredit sind im Korruptionsprozess weitere drei Verhandlungstage terminiert. Das Verfahren wird am kommenden Montag fortgesetzt.

© SZ vom 22.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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