Ansbach und Bayreuth:Hier tobt der Wahlkampf

Der Montgelasplatz mit der Kirche St. Gumbertus in Ansbach

Der Montgelasplatz mit der Kirche St. Gumbertus in Ansbach.

(Foto: mauritius)

Ausgerechnet in den sonst eher beschaulichen Städten Ansbach und Bayreuth geht es vor der OB-Stichwahl hart zur Sache. Die beiden Amtsinhaberinnen Carda Seidel und Brigitte Merk-Erbe müssen sich mit heftigen Anwürfen auseinandersetzen.

Von Olaf Przybilla, Ansbach/Bayreuth

Ansbach und Bayreuth sind historisch sehr ähnliche Orte. Beide sind ehemalige preußische Residenzstädte, beide haben nach ihrer Integration ins Staatsgebilde Bayerns ihr hoheitliches Selbstverständnis einigermaßen hinüberretten können.

Nicht-Franken muss man das mitunter erklären: Wie - Mittelfrankens Hauptstadt ist nicht Nürnberg, die Halbmillionenstadt, sondern das beschauliche Ansbach? Und Oberfranken wird nicht von lovely Bamberg aus regiert - sondern von Bayreuth? Ja, und wie gesagt, das hat historische Gründe. Dass die Situation in beiden Städten kurz vor der Stichwahl auch nahezu identisch ist, mag reiner Zufall sein. Aber auffällig ist es schon.

Beide Städte, schon das ist ja die große Ausnahme in Bayern, werden von Frauen regiert. Damit aber nicht genug. Sowohl im dezidiert protestantisch geprägten Ansbach als auch im ebenso protestantischen Bayreuth waren es freie Gruppierungen, die einst eine OB-Kandidatin auf den Schild gehoben und überraschend reüssiert haben damit: Die parteilose Carda Seidel war für die OB-Wahl in Ansbach 2008 als Kandidatin der Bürgerinitiative Ansbacher Parteiloser, der ÖDP und der Freien Wähler aufgestellt worden - und hatte sich in der Stichwahl mit 67 Prozent der Stimmen gegen den von der SPD und CSU unterstützten Amtsinhaber Ralf Felber (SPD) durchgesetzt - in dieser Höhe geradezu sensationell. 2014 ist sie im Amt bestätigt worden.

In Bayreuth wiederum wurde Brigitte Merk-Erbe 2012 für die Bayreuther Gemeinschaft als OB-Kandidatin nominiert - und setzte sich in der Stichwahl mit 52 Prozent der Stimmen gegen CSU-Amtsinhaber Michael Hohl durch. Auch das war für viele keine ganz kleine Überraschung.

Auch damit freilich erschöpfen sich die Parallelitäten nicht. Wer Ansbach und Bayreuth beobachtet hat seither, musste feststellen, dass beide Amtsinhaberinnen in ihren Städten deutlich mehr in der Kritik stehen als andere Rathauschefs. Um nur in den großen Städten in Franken zu bleiben: Weder in Würzburg, Schweinfurt, Aschaffenburg, Coburg, Nürnberg, Fürth, Bamberg oder in Erlangen ist die kommunalpolitische Szene auch nur ansatzweise so unruhig wie in Bayreuth und Ansbach.

Und nun, kurz vor den Stichwahlen, kulminiert diese Unruhe sogar noch. Während in den anderen Stichwahl-Städten der Vorwahlkampf fast zum Erliegen gekommen ist - die Leute hätten nun andere Probleme und wollten keine parteipolitischen Kleinkrämereien, argumentieren die Wahlkämpfer - sind in Ansbach und Bayreuth nahezu jeden Tag neue Anwürfe, Wahlempfehlungen, Leserbriefschlachten zu beobachten. Beide Amtsinhaberinnen - soweit wird man es sagen dürfen - gehen in die Stichwahl gegen ihre CSU-Gegenkandidaten zumindest nicht als klare Favoritinnen.

Brigitte Merk-Erbe in Bayreuth reagiert auf Anfragen zum ruppigen Wahlkampf momentan nicht mehr, die Corona-Krise - so dürfte das zu deuten sein - lässt wohl ihrer Ansicht nach politische Sandkastenspiele nicht mehr zu.

Carda Seidel meldet sich auf eine SZ-Anfrage hin, macht aber keinen Hehl daraus, wie schwer ihr die täglichen Wahlkampfvolten zusetzen. "Es tut mir persönlich weh", sagt sie, dass nun öffentlich alles schlechtgeredet werde, was sie seit 2008 auf den Weg gebracht habe. Stimmt, es sei da womöglich kein "Vorzeigeprojekt" dabei gewesen. In Sachen Wirtschaftspolitik und Umweltschutz aber habe sich vieles verbessert. Und da verletze sie die allgemeine Frontbildung gegen sie als Bewerberin eben schon.

Tatsächlich haben sich in den vergangenen Tagen mehrere Gruppierungen und Parteien offensiv für CSU-Kandidat Thomas Deffner stark gemacht. Sogar die SPD plädierte relativ unmissverständlich für einen Neuanfang.

Den sieht auch Deffner - der im ersten Wahlgang mehr als vier Prozent Vorsprung vor Seidel hatte - als dringend notwendig an. Und Deffner, bislang Stellvertreter der OB, macht keinen Hehl daraus, dass es das politische Klima ist, das er und seine Mitstreiter in Ansbach geändert wissen wollen.

Seidel, so sagt es Deffner, spreche "mit niemandem". Wenn er sie als OB vertreten müsse, bekomme er dies ohne Absprache schriftlich mitgeteilt. Er solle, bekomme er dann zu lesen, in diesem oder jenem Zeitraum "die Vertretung sicherstellen". Ein persönliches Gespräch zwischen ihm und der OB habe es zuletzt vor über einem Jahr gegeben. Stimmt das? So stimme das nicht, sagt Seidel. Zu Fraktionsgesprächen sei natürlich auch Deffner eingeladen als stellvertretender CSU-Chef im Stadtrat.

Noch aufgewühlter ist die Situation in Bayreuth. Dort haben drei Tage nach dem ersten Wahlgang Vertreter von FDP, Unabhängigen, CSU, Jungem Bayreuth und sogar der SPD für ein Foto im Nordbayerischen Kurier posiert, auf dem alle den Daumen zugunsten von CSU-Bewerber Thomas Ebersberger in die Höhe halten. Der entsprechende Text erschien unter der Überschrift "Alle gegen Merk-Erbe".

Das Leserbriefaufkommen seither ist enorm, ob sie bestellt sind, ist schwer festzustellen. Eine "machtgeile Herrenriege" glauben die einen erkannt zu haben, andere wittern Verrat mitten in der Corona-Krise. Ebersberger, der im ersten Wahlgang knapp vor Merk-Erbe lag, findet das albern. Dass sich vor einer Stichwahl ehemalige OB-Mitbewerber für einen der beiden Kandidaten aussprechen, sei ganz normal. Bei Merk-Erbes Wahlsieg 2012 sei es exakt so gewesen - zugunsten von Merk-Erbe.

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