Süddeutsche Zeitung

Regierung in Bayern:Nussels Geschäfte sollen im U-Ausschuss Maske behandelt werden

Die SPD im Landtag fordert eine parlamentarische Aufklärung der Nebentätigkeiten des Beauftragten der Staatsregierung für Bürokratieabbau.

Von Johann Osel

Die SPD im Landtag fordert, die Nebentätigkeiten des Landtagsabgeordneten Walter Nussel (CSU), dem Beauftragten der Staatsregierung für Bürokratieabbau, im Untersuchungsausschuss Maske zu beleuchten. Es sei ein Skandal, dass ein weiterer CSU-Landtagsabgeordneter sein Mandat, die Tätigkeit als Beauftragter und seine private Geschäftstätigkeit "derart verquickt" habe, behauptet SPD-Fraktionsvize Arif Taşdelen. Er ist auch bayerischer Generalsekretär seiner Partei. "Dieses für die CSU leider so typische Geschäftsgebaren muss lückenlos untersucht werden. Es sollte eigentlich auch im Interesse der CSU sein, weiteren unliebsamen Überraschungen aus dem Weg zu gehen."

Anlass sind mehrere Vorgänge, über die die SZ berichtet hatte. Zum einen geht es um eine frühere Firma Nussels unter anderem mit Alfred Sauter, der wegen der Maskenaffäre bei der CSU in Ungnade gefallen ist. Just als das neue Abgeordnetengesetz mit weit strengeren Transparenzpflichten zum 1. April 2022 in Kraft trat, gab Nussel seine Anteile an dem Unternehmen an seinen Sohn ab. Im Landtag musste er das Engagement, bei dem es um Erwerb und Bewirtschaftung eines Waldstücks in der Oberpfalz ging, folglich nicht angeben - was die neuen Regeln erfordert hätten. Rechtlich ist das nicht zu beanstanden.

Ebenso hatte die SZ über Nussels eigene Beratungs-GmbH im Umweltbereich berichtet, deren genaue Geschäftszahlen nicht einsehbar sind. Zudem hatte der CSU-Politiker in der Staatskanzlei für ein Positionspapier zur CO₂-Zertifizierung bei Wäldern geworben, erstellt von einem Geschäftsmann aus seinem Stimmkreis Erlangen-Höchststadt. Dieses Konzept war nach Prüfung im Landwirtschaftsministerium durchgefallen, da es laut den Experten der Regierung rein wirtschaftliche Interessen verfolge und einen unvertretbaren Verwaltungsaufwand verursache. Das Gegenteil - die Reduzierung von Vorschriften und Regularien - wäre als Beauftragter für Bürokratieabbau eigentlich Nussels Job.

"Die Art der Offenlegung im Einzelfall ist nicht geregelt."

Nussel selbst hatte auf Anfragen mitgeteilt, die Firmenübergabe an seinen Sohn sei lange geplant gewesen und stehe nicht in kausalem Zusammenhang mit dem schärferen Abgeordnetengesetz. Und aus dem Vorstoß mit dem Positionspapier seien keine Geschäftsabschlüsse beabsichtigt gewesen. "Ich verfolge keine wirtschaftlichen Interessen aus meinem Mandat heraus. Meine Aufgabe als Abgeordneter ist es, Bürgerinnen und Bürgern zu helfen und in verschiedenen Lebensbereichen gut und zukunftsweisende Konzepte weiterzugeben." Rechtlich sei alles korrekt abgelaufen, erklärte Nussel.

Der aktuelle U-Ausschuss im Landtag will zuvorderst Licht in die Maskenkäufe in der Pandemie bringen - aber auch alle Geschäfte von staatlichen Stellen seit 2016 prüfen, an denen Abgeordnete womöglich beteiligt waren. Der Ausschuss böte, so Taşdelen, daher die Möglichkeit zur umfassenden Befragung Nussels. Schon nach dem ersten Bericht über Nussels Firma mit Sauter und deren Übertragung innerhalb der Familie hatten SPD und auch FDP geargwöhnt, ob Nussel damit womöglich gegen das Beauftragtengesetz des Freistaats verstoßen habe. Im Gesetz heißt es, die von der Staatsregierung ernannten Persönlichkeiten "haben berufliche oder gewerbliche Tätigkeiten, die neben der Beauftragung wahrgenommen werden, offen zu legen". Die Frage sei also, ob Nussel nicht schon vor der Verschärfung des Abgeordnetengesetzes Angaben zur Firma mit Sauter hätte machen müssen, hieß es in der Opposition.

Dies ist jedoch nicht der Fall. Wie die Staatskanzlei auf Anfrage der SZ mitteilte, liege die im Gesetz geforderte Offenlegung in der Verantwortung des jeweiligen Beauftragten selbst. "Die Art der Offenlegung im Einzelfall ist nicht geregelt." Bei Beauftragten, die zugleich Abgeordnete sind (dies ist nicht zwingend vorgeschrieben), hätten allein schon die veröffentlichten Nebeneinkünfte als Abgeordnete "zu einer Erfüllung oder gar Übererfüllung der Pflichten aus dem Beauftragtengesetz geführt". Die Staatsregierung unterhält insgesamt acht Beauftragte für Bereiche, die ihr wichtig sind - neben Bürokratieabbau unter anderem für jüdisches Leben, Integration oder Ehrenamt. Mit Ausnahme des Behindertenbeauftragten handelt es sich um Abgeordnete der Regierungsfraktionen CSU und FW.

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