Diskussion um Erdoğan-Plakate:Nürnberg verbietet künftig ausländische Wahlwerbung

Diskussion um Erdoğan-Plakate: Plakate für die Präsidentenwahl in der Türkei hängen am Nürnberger Frauentorgraben.

Plakate für die Präsidentenwahl in der Türkei hängen am Nürnberger Frauentorgraben.

(Foto: Sven Grundmann/dpa)

Die Stadt reagiert damit auf die Kritik der vergangenen Tage und will die Änderung der entsprechenden Satzung "möglichst schnell" vornehmen. Auf den aktuellen Wahlkampf hat dies keinen Einfluss mehr.

Von Max Weinhold, Nürnberg

Die Hand patriotisch auf der Brust und die Botschaft voller Pathos: "Doğru Zaman, Doğru Adam" - die richtige Zeit, der richtige Mann. Bis zum kommenden Freitag ist es dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan noch erlaubt, die Menschen in Nürnberg auf diese Weise von Plakaten aus anzulächeln. So lange hat das die Stadt der in der Türkei regierenden AKP im Rahmen einer Sondernutzung genehmigt. Unabhängig vom Ausgang der Präsidentschaftswahl am 14. Mai und davon, wer bei der darauffolgenden antreten wird, steht seit Dienstag fest: Beim nächsten Mal wird Erdoğan niemanden mehr anlächeln. Die Referentenrunde der Stadt, die einem Kabinett gleicht, beschloss, eine Änderung der Sondernutzungssatzung vorzunehmen, wie ein Sprecher bestätigte. Ausländische Wahlwerbung im öffentlichen Raum - etwa mit Plakaten - soll in Nürnberg künftig demnach nicht mehr möglich sein.

Die Änderungspläne kommen einer Kurskorrektur gleich. Noch am Montag hatte die Stadt mitgeteilt, sie sei wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet, "derartige Plakatierungen zu genehmigen". Neben Erdoğan wirbt auch die Yeşil Sol Parti, die Grün-Linke Liste, auf Plakaten in Nürnberg um Wählerstimmen.

Die gefassten Pläne müssten, so der Sprecher, zunächst rechtlich bewertet und beschlossen werden. Für den aktuellen Wahlkampf ist die geplante Änderung daher nicht mehr relevant. Man versuche aber, sie "möglichst schnell", vermutlich bis Juni oder Juli, umzusetzen. Noch am Dienstag stellte die in Nürnberg mitregierende CSU einen entsprechenden Antrag.

Die Stadt reagierte mit den Plänen auf Kritik an den Plakaten. Cemal Bozoğlu etwa, Landtagsabgeordneter der Grünen aus Augsburg und in der Türkei geboren, hatte auf Twitter geschrieben, er halte die Erlaubnis für eine "zumindest sehr fragwürdige Auslegung des geltenden Rechts". Erdoğan sei nicht nur für den Demokratieabbau in der Türkei verantwortlich, "sondern auch für die Vergiftung des deutsch-türkischen Zusammenlebens hier bei uns".

Der Stadtsprecher betonte am Dienstag erneut, es sei rechtlich korrekt gewesen, der AKP die Wahlkampfwerbung zu erlauben. Gleichwohl sei die Meinung, die Satzung zu ändern, in der Referentenrunde einhellig gewesen.

Bülent Bayraktar, Vorsitzender der Türkischen Gemeinde Nürnberg, lobte die Entscheidung als "sehr vernünftig". Zuvor hatte er angesichts der hier erlaubten Plakate von einer "Sonderstellung" Nürnbergs im Wahlkampf gesprochen. Der Nürnberger Grünen-Stadtrat Cengiz Sahin, der in der Türkei aufgewachsen ist, bezeichnete den Entschluss als "einerseits gut, andererseits aber zu spät". Seine Fraktion fordere eine Aufarbeitung, sie wolle trotz der Kurskorrektur klären, "wer es zu verantworten hat, dass es gerade in Nürnberg solche Plakate gibt".

Inzwischen sind einige Plakate verschwunden

Von den 25 genehmigten AKP-Plakaten hängen viele inzwischen nicht mehr. Die Stadt habe keines davon entfernt, sagte der Sprecher. Stattdessen liegt ein anderer Verdacht nahe: So dürften es Gegner der regierenden AKP gewesen sein, die die Plakate abgehängt haben. In einem Facebook-Video des Nürnberger Ortsverbandes der AKP sind auf dem Boden liegende Plakate zu sehen, dazu heißt es in einem Text in türkischer Sprache: "Ihr werdet uns niemals einschüchtern können, indem ihr die Transparente, für die wir unter großen Schwierigkeiten Genehmigungen erhalten haben, demontiert und zerreißt. Ihr werdet wieder unterliegen, ihr werdet wieder scheitern, an Recep Tayyip Erdoğan, dessen Bild ihr nicht einmal tolerieren könnt."

Eine Polizeisprecherin sagte, man wisse nicht, wer die Plakate entfernt habe. Dies fällt unter den Straftatbestand der Sachbeschädigung. Der Polizei lagen am Dienstag allerdings keine Anzeigen vor.

Die etwa 1,5 Millionen wahlberechtigten Deutschtürken können bis zum 9. Mai ihre Stimmen für die Wahlen in der Türkei abgeben. Auch in Bayern sind Zehntausende der etwa 174 000 hier lebenden Menschen mit türkischer Staatsbürgerschaft zur Wahl aufgerufen. Der türkische Oppositionsführer Kemal Kılıçdaroğlu hat Umfragen zufolge gute Chancen, die AKP nach 20 Jahren an der Macht zu schlagen.

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