OB-Stichwahl in Nürnberg:"Besser als der Franken-Tatort"

Nürnberger OB-Kandidat Marcus König in Quarantäne

Marcus König ist neuer CSU-Oberbürgermeister in Nürnberg.

(Foto: dpa)

Marcus König (CSU) wird Oberbürgermeister in Nürnberg und erobert damit eine SPD-Hochburg. Sein Sieg ist auch eine Niederlage für den bisherigen Amtsinhaber Ulrich Maly.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Mitunter sind es ja die kleinen Dinge, die eine Wahl auf den letzten Metern entscheiden. Und so durfte dieses Wochenende debattiert werden in Nürnberg, ob die absonderlichen Bedingungen, unter denen die Stichwahl stattfand, dem erwarteten Kopf-an-Kopf-Duell noch eine kleine, aber maßgebliche Wende verpasst haben könnten. Noch am Samstag sah sich die Stadt zu einer Rechtfertigung veranlasst: So viele Briefwähler waren es plötzlich, Vorbereitung sei nicht möglich gewesen und so habe man am Freitag "von Wahlberechtigten die Rückmeldung" erhalten, "dass die Wahlunterlagen immer noch nicht bei ihnen angekommen" seien.

Also durften die sich noch am Wochenende beim Wahlamt einen Ersatzwahlschein abholen. Anfechtbar dürfte die Wahl dadurch kaum sein, den Glauben ans Funktionieren eines Rathauses - das in Nürnberg seit Jahr und Tag rot dominiert ist - könnte es indes leicht erschüttert haben. Aber kann so etwas noch Folgen für die Wahl haben? Ausschließen kann man es nicht. Thorsten Brehm (SPD) und Marcus König (CSU) lagen den Wahlabend lang gleichauf, die Führung änderte sich fast minütlich - am Ende aber triumphierte König relativ deutlich, mit 52,2 gegen 47,8 Prozent. Ein historischer Sieg im roten Nürnberg.

Und das obwohl man sich in den vergangenen 18 Jahren - der Amtszeit von Ulrich Maly (SPD) - unkomfortablere Zeiten für einen sozialdemokratischen Bewerber in Nürnberg hätte vorstellen können als das Jahr 2020. Bei der vorangegangen OB-Wahl etwa hatte die CSU ein mantraartiges und nicht ganz von der Hand zu weisendes Thema: Seht her, der Sozi an der Spitze mag ein begnadeter Rhetor und Menschenfänger für eine solidarische Stadtgesellschaft sein. Die Projekte in der Stadt aber ziehen sich hin wie Hubba Bubba. Was ist mit dem Augustinerhof, dieser Altstadtwüste? Bleibt das frühere Quelle-Haus jetzt eigentlich für immer zweitgrößte leer stehende Immobilie der Republik? Wie lange lässt die Infrastruktur am Wöhrder See auf sich warten? Wird das noch mal was mit dem ebenso trockenen wie gammelnden Volksbad? Und wann wird endlich der Bahnhofsplatz, dieses blamable Stadtentree, in Angriff genommen? Das alles aber spielte keine Rolle im Wahlkampf 2020.

Und zwar, weil bei allen besagten Projekten zumindest Licht am Ende des Tunnels zu sehen ist, beim Augustinerhof - der kariösen Stelle der Stadt - mit dem "Zukunftsmuseum" sogar weit mehr als das. Lange ging es stattdessen im Wahlkampf um Klimapolitik, ein Thema, bei dem sich die beiden Bewerber kaum unterschieden - weshalb sich Nürnbergs Grüne im Gegensatz etwa zu Erlangen nicht mal durchringen wollten, einen der beiden zu empfehlen. Und am Ende ging dann alles fast nur noch um Corona. König musste sogar vorsorglich in Quarantäne und erlebte die Wahlnacht sicherheitshalber zu Hause auf dem Sofa.

"Wir sind im Elfmeterschießen", sagt er 60 Minuten nach Auszählungsbeginn. Und: "Das ist besser als der Franken-Tatort." Eine halbe Stunde später wird sein Vorsprung immer größer, "ich bleibe entspannt", sagt König auf seinem Sofa und gönnt sich kurz darauf schon mal Amtsvorgänger-Lob. Maly habe einen "guten Job" gemacht, daran werde er anschließen. Tatsächlich ist das auch eine Niederlage für Maly, Brehm war eindeutig sein Mann - auch gegen Skeptiker, die Brehm in einer Persönlichkeitswahl für nur bedingt geeignet hielten. "Bitter für mich", sagt Brehm, sei dieser Abend.

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