Süddeutsche Zeitung

Nürnberg:Spielplatz nach Wunsch

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Kinder dürfen bei einem Neubau mitplanen

Amina, Runa und ihre Freundinnen blicken durch den Bauzaun auf den weitläufigen Platz. Ein Bagger und ein Radlader stehen herum. In einer Ecke liegen abmontierte Basketballkörbe, ein paar Meter weiter die Seile, die einmal zu einem Klettergerüst gehörten. Hier stand einmal ein Spielplatz - und hier soll auch wieder einer entstehen: ein neuer, besserer. Doch wie sieht ein guter Spielplatz aus? "Viel Platz zum Rennen", wünscht sich die elfjährige Amina. Für die zwölfjährige Runa sollten gleich mehrere Schaukeln nebeneinander hängen, damit sie mit all ihren Freundinnen gleichzeitig schaukeln kann. Und genauso wird es wohl kommen, denn die beiden Mädchen haben den Spielplatz zusammen mit anderen Kindern aus dem Nürnberger Stadtteil Gostenhof mitgeplant.

Immer wenn die Stadt Nürnberg einen neuen Spielplatz baut oder grundlegend erneuert, dürfen die Kinder aus der Nachbarschaft mitreden. "Das macht nicht nur Sinn, sondern ist auch dringend notwendig", meint Doris Lindner, die beim Jugendamt für die Spielflächenplanung zuständig ist. Schließlich seien die Kinder diejenigen, die auf dem Spielplatz Spaß haben sollen. Seit gut 20 Jahren macht Lindner diesen Job und weiß aus Erfahrung, dass Kinder ganz andere Ideen haben als Erwachsene. "Wir gehen mit einem leeren Blatt Papier hin und hören uns erst mal alles an, was kommt", sagt sie. Natürlich wünschten sich viele Kinder Rutschen, Schaukeln, Klettergerüste. Es gebe aber auch ungewöhnliche Vorschläge: ein Schwimmbad, eine Achterbahn oder einen Dönerstand.

Nicht alles lasse sich genauso umsetzen, sagt Lindner. Aber viele Ideen könnte man abgewandelt aufgreifen. Und wenn der Entwurf des Landschaftsarchitektenbüros den jungen Beteiligten am Ende nicht gefällt, wird noch mal neu geplant. "Wir nehmen die Beteiligung der Kinder sehr ernst", sagt Lindner. Auch wenn es erst mal mehr Zeit und Geld koste, zahle es sich am Ende aus. "Die Zufriedenheit ist viel größer." So wie in Nürnberg sollte es nach Meinung des Deutschen Familienverbandes eigentlich überall sein, ist es aber nicht. "Da haben wir in Deutschland echt Nachholbedarf. In anderen Ländern ist seit Jahren gang und gäbe, dass Kinder beteiligt werden", sagt Vizepräsident René Lampe.

Ob Kinder sich außergewöhnliche Spielplätze wirklich wünschen, da ist Spielplatzdesigner Günter Beltzig aus dem oberbayerischen Hohenwart skeptisch. "Oft werden diese von Landschaftsarchitekten geplant, die sich da austoben. Es wird sehr viel Geld für Unpraktisches ausgegeben." Er selbst hält es für sinnvoller, zu beobachten, wie und womit Kinder sich beschäftigen. "Spielplätze dürfen nicht übersichtlich sein. Sie müssen voll mit Gebüschen und Verstecken sein", ist er überzeugt. Außerdem sollte es Spielgeräte für verschiedene Altersgruppen geben und veränderbare Elemente wie Sand, Steine, Wasser und Erde, damit der Spielplatz auch nach Jahren interessant sei. "Es heißt immer, Kinder machen viel auf Spielplätzen kaputt. Das stimmt nicht, sie verändern diese nur nach ihren Bedürfnissen", so Beltzig.

In dieser Hinsicht ist der Aktivspielplatz in Gostenhof der perfekte Spielplatz. Auch Amina und Runa gehen dort regelmäßig hin. In einer Ecke liegt dort ein riesiger Stapel Bauholz. Aus diesem zimmern sich die Kinder ihre eigenen Hütten und Klettertürme. Möglich ist das aber nur unter Aufsicht von Erwachsenen - auf öffentlichen Spielplätzen wäre das undenkbar.

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SZ vom 28.07.2021 / dpa
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