Nürnberg:Schwebender Schokoriegel

'Lange Nacht der Wissenschaft'

Hokuspokus: Die Lange Nacht der Wissenschaften in Franken überrascht die Besucher immer wieder mit spektakulären Experimenten.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Die Lange Nacht der Wissenschaften zeigt Forschung lebensnah und zukunftsorientiert

Von Katja Auer, Nürnberg

Stundenlang stehen die Leute vor den Spaghetti-Brücken. "Da geht keiner raus, weil es wirklich spannend ist", sagt Ralf Gabriel. Aus einer handelsüblichen Packung Nudeln und einer Tube Kleber basteln Bauingenieur-Studenten jene Brücken und schauen dann, welche am meisten aushält. Diejenige, die als letzte unter der größten Belastung zusammenbricht, hat gewonnen.

Zu sehen ist dieser Wettbewerb bei der Langen Nacht der Wissenschaften, die am Wochenende zum siebten Mal in Nürnberg, Fürth und Erlangen stattfindet. Mit 30 000 Besuchern ist sie die größte Veranstaltung dieser Art in Deutschland. Nicht einmal zur Nacht der Museen in München kommen so viele Gäste. Das erzählt Ralf Gabriel gerne, er hat sich die Veranstaltung nämlich ausgedacht und organisiert sie mit seinem Kulturbüro. Auch jene in München, aber auf die in seiner fränkischen Heimat ist er besonders stolz.

Mehr als 300 Einrichtungen, darunter alle Hochschulen der Region, Unternehmen und Institute präsentieren sich und ihre Arbeit mit etwa 1000 Programmpunkten. Hingehen sollen alle, "die neugierig sind und die wissen wollen, wo die Zukunft liegt", sagt Gabriel. Also nicht nur angehende Wissenschaftler und technikbegeisterte Männer. Tatsächlich sei die Zahl der männlichen und weiblichen Besucher ausgewogen, sagt Gabriel, auch wenn sich bei einzelnen Veranstaltungen schon eine geschlechtsspezifische Tendenz erkennen lasse. Am Nachmittag gibt es ein Kinderprogramm, am Abend können sich die Erwachsenen bis ein Uhr in der Nacht den Wissenschaften widmen.

Dabei geht es nicht um trockene Forschung. "Es ist sowohl hochwissenschaftlich als auch sehr lebensnah", sagt Gabriel. Im Klinikum Fürth zum Beispiel können Besucher die Bewegungsexperimente aus der Schmerztherapie ausprobieren. Es wird getanzt. "Besondere tänzerische Vorkenntnisse und Rhythmusgefühl sind nicht erforderlich, notorische Nichttänzer sind sogar besonders willkommen", heißt es in der Ankündigung, was eine Chance für jene Frauen sein könnte, die mit einem solchen verheiratet sind.

Etwa die Hälfte der Besucher sind Schüler und Studenten, und auch viele Kinder kommen zu den Veranstaltungen, sagt Gabriel. Sie können am Nachmittag erfahren, wie eine Kamera funktioniert und wie sie das Wetter anhand der Wolken voraussagen können. Wie man einen Schokoriegel zum Schweben bringt, ohne dafür in die Schwerelosigkeit des Weltalls fliegen zu müssen, erklärt ein Experiment im Audimax der Universität.

Vorträge und Diskussionen, Experimente, Filme, Führungen, die Liste der Veranstaltungen ist lang. Viel größer soll die Nacht der Wissenschaften auch nicht mehr werden, sagt Gabriel, sonst drohe die Gefahr, dass die Qualität leide.

2003 fand die erste Nacht der Wissenschaften statt, in einer Zeit, als die Franken noch mehr jammerten, wie sehr sie von den Oberbayern benachteiligt würden, sagt Gabriel. "Wissenschaft ist ein Zukunftsthema", sagt er, das habe gut in die Region gepasst. In München hätte sich das so möglicherweise gar nicht etablieren lassen, zu sehr sind die großen Hochschulen und Unternehmen dort mit sich selbst beschäftigt. In Franken funktioniere die Kooperation gut. Für Unternehmen bietet die Nacht die Gelegenheit, ihre eigene Forschung zu präsentieren. So gewährt etwa Siemens Einblick, wie verschiedene Transformatoren funktionieren. Für manchen Besucher ist die Nacht eine Art von Weiterbildung, manche sehen sich auch nach potenziellen neuen Arbeitgebern um.

Etwas Prominenz verleiht zusätzlichen Glanz. Im Audimax der Universität wird Astronaut Alexander Gerst zu Gast sein, der im vergangenen Jahr sechs Monate auf der Internationalen Raumstation ISS verbrachte. Dort führte er mehr als 100 Experimente in Schwerelosigkeit durch. Gerst berichtet von seinen Erfahrungen und beantwortet Zuschauerfragen.

Die Lange Nacht der Wissenschaften am 24. Oktober von 18 bis 1 Uhr. Kinderprogramm von 14 bis 17 Uhr. Infos im Internet unter www.nacht-der-wissenschaften.de. Karten für 12 Euro oder ermäßigt 8 Euro gibt es an den Vorverkaufsstellen und an allen Veranstaltungsorten an der Abendkasse.

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