Nürnberg:Angeklagte im Korruptionsprozess um Bauamt verurteilt

Nürnberg: Ein ehemaliger Mitarbeiter im staatlichen Bauamt Nürnberg wurde wegen Betrugs, Vorteilsnahme und Bestechlichkeit zu fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Ein ehemaliger Mitarbeiter im staatlichen Bauamt Nürnberg wurde wegen Betrugs, Vorteilsnahme und Bestechlichkeit zu fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt.

(Foto: Max Weinhold)

Acht Personen sollen über Jahre hinweg von einem betrügerischen Abrechnungssystems profitiert haben. Das Gericht spricht vergleichsweise milde Urteile.

Von Max Weinhold, Nürnberg

Als seien elf Verhandlungstage nicht schon genug gewesen, mussten die acht Angeklagten im Korruptions- und Betrugsprozess um das staatliche Bauamt in Nürnberg am Mittwoch noch eine Viertelstunde länger auf ihren Schuldspruch warten - ein Anwalt verspätete sich bei der Anreise. Nach seiner Ankunft dann ergingen vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth die Urteile. Das Gericht verurteilte einen Angeklagten zu einer Geldstrafe in Höhe von 30 000 Euro, vier Beschuldigte zu Bewährungsstrafen zwischen neun Monaten und zwei Jahren und einen weiteren zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Der Hauptangeklagte, ein früherer Mitarbeiter des Bauamtes, wurde wegen Betrugs, Vorteilsnahme und Bestechlichkeit zu fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt, seine ebenfalls angeklagte Frau freigesprochen.

Das Gericht blieb damit unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft. Es honorierte vor allem den "Wert der Selbstanzeige", die vier Angeklagte vorgenommen und so die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft entscheidend vorangebracht hatten. Zuvor waren Mitarbeitern im Bauamt Unregelmäßigkeiten bei Abrechnungen aufgefallen.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass mehrere Angeklagte über Jahre hinweg gemeinsam ein betrügerisches Abrechnungssystem aufgebaut haben, um das staatliche Bauamt um hohe Geldsummen zu betrügen und die Gewinne untereinander aufzuteilen - was die Angeklagten aus naheliegenden Gründen nicht versteuerten. Ursprünglich hatte die Staatsanwaltschaft den Angeklagten daher auch Steuerhinterziehung vorgeworfen; diesen Anklagepunkt ließ sie aber fallen, weil er im Vergleich zu den anderen nicht beträchtlich ins Gewicht fiel.

Der ehemalige Angestellte des Bauamtes soll die betrügerische Praxis schon 2011 mit dem Mitarbeiter einer Baufirma begonnen haben. Der frühere Mitarbeiter des Bauamtes segnete, so befand das Gericht, über Jahre hinweg immer wieder überhöhte, teils auch vollends erfundene Rechnungen ab. Der Vorsitzende Richter Mark Leppich sprach von einer "hohen kriminellen Energie" und nannte das Vorgehen "einigermaßen dreist".

Dass seine ebenfalls angeklagte Ehefrau geholfen hat, Zahlungsflüsse zu verschleiern (wie es auch weiteren Angeklagten mithilfe von Subunternehmen vorgeworfen wurde), konnte die Staatsanwaltschaft aus Sicht des Gerichts nicht nachweisen.

Der Vorsitzende Richter Leppich bezeichnete es in der Urteilsbegründung als "sehr schwierige Aufgabe", das Maß zwischen dem Honorieren der Mithilfe und der Bestrafung der Taten zu finden. Schon zu Prozessbeginn hatte er gesagt, es sei "außergewöhnlich, dass ein Fall in dieser Dimension aufgedeckt wird". Obwohl der Bau strukturell betrugsanfällig sei, sei es der Staatsanwaltschaft fast nie möglich, Taten aufzudecken. "Es ist viel Geld unterwegs und zugleich viel zu leicht, dieses Geld verschwinden zu lassen." Leppich sagte, durch die Selbstanzeigen sei eine "Schlacht von Sachverständigen und Zeugen" vermieden worden.

Die Staatsanwaltschaft hatte für den ehemaligen Mitarbeiter des Bauamtes wegen Betruges, Bestechlichkeit und Vorteilsannahme acht Jahre und drei Monate Gefängnis gefordert, die Verteidigung höchstens sechs Jahre. Für die anderen Angeklagten hatte die Staatsanwaltschaft Strafen von einem Jahr auf Bewährung bis zu sechs Jahren Haft beantragt.

Insgesamt ist dem Bauamt laut Staatsanwaltschaft seit 2017 ein Schaden von etwa 4,5 Millionen Euro entstanden. Weil Betrug nach fünf Jahren verjährt, konnten die mutmaßlich vorangegangenen Delikte nicht mehr belangt werden. Das Gericht ordnete bei mehreren Angeklagten an, Geld einzuziehen; in einem Fall in Höhe von etwa 2,5 Millionen Euro. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Hinweis der Redaktion: In einer früheren Fassung hieß es fälschlicherweise, einer der Angeklagten habe eine Geldstrafe in Höhe von 150 000 Euro erhalten. Stattdessen muss er 150 Tagessätze in Höhe von je 200 Euro zahlen, in Summe also 30 000 Euro.

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