Süddeutsche Zeitung

Angriffe in Nürnberg:Warum die Polizei so spät über die Gewalttaten informierte

  • Ein Mann hat am Donnerstagabend drei Frauen in Nürnberg niedergestochen und ist danach geflohen.
  • Die Polizei informiert erst etwa sieben Stunden später über die Geschehnisse.
  • Man habe die Stadt nicht in Aufruhr versetzen wollen, weil man davon ausgegangen sei, dass sich die Gefahr nur auf den Stadtteil Johannis beschränke, sagt Polizeipräsident Roman Fertinger.

Von Isabel Bernstein und Claudia Henzler

Ein unbekannter Mann sticht am Donnerstagabend in Nürnberg eine Frau auf der Straße nieder, flieht und verletzt knapp dreieinhalb Stunden später nochmals nacheinander zwei Frauen so schwer, dass diese zunächst in Lebensgefahr schweben. Die Polizei leitet nach der ersten Tat bereits umfangreiche Fahndungsmaßnahmen ein, informiert die Öffentlichkeit aber weder über die Tat noch darüber, dass der Täter irgendwo in Nürnberg frei herumläuft. Erst um zwei Uhr nachts, etwa sieben Stunden nach dem ersten Angriff, werden die Geschehnisse öffentlich gemacht.

Warum so spät? Hätten die zwei anderen Taten verhindert werden können, wäre, etwa über die sozialen Medien, frühzeitig informiert worden? Kritik, die auch in der Pressekonferenz am Freitagmittag laut wurde.

Auf diese öffentliche Warnung hat die Polizei offenbar bewusst verzichtet. Zunächst sei man von einer Einzeltat ausgegangen, sagte Polizeipräsident Roman Fertinger auf der Pressekonferenz. Als sich diese Einschätzung um 23 Uhr - also kurz nach der zweiten und dritten Tat - änderte, habe man nicht die ganze Stadt in Aufruhr versetzen wollen, weil man davon ausgegangen sei, dass sich die Gefahr auf den Stadtteil Johannis beschränke.

Alle drei Taten ereigneten sich in der Nähe des Friedrich-Ebert-Platzes, nur wenige Meter Luftlinie voneinander entfernt. In diesem Gebiet habe die Polizei die Lage durch die Präsenz vieler Einsatzkräfte im Griff gehabt. Laut Fertinger hatten auch taktische Gründe bei der Entscheidung, die Messerangriffe nicht gleich öffentlich zu machen, mitgespielt, was er nicht im Detail erklärte. Die Polizei hatte offenbar schon einen oder mehrere Personen im Visier, die zunächst überprüft werden sollten.

Ähnlich äußerte sich Pressesprecherin Elke Schönwald. Das Präsidium habe um kurz nach zwei Uhr die Pressemitteilung ins Internet gestellt und später über Twitter verbreitet. Eine frühere Information ist aus Schönwalds Sicht nicht notwendig gewesen. "Man schafft da möglicherweise mehr Unruhe", sagte sie. Das Polizeipräsidium sei davon ausgegangen, dass der Bereich durch Polizeikräfte überwacht und gesichert ist. Außerdem seien um die Uhrzeit nicht viele Menschen unterwegs gewesen.

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