Süddeutsche Zeitung

Internationale Auszeichnung:Ärztin erhält Nürnberger Menschenrechtspreis

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Die Medizinerin Sayragul Sauytbay wird für ihren Einsatz für bedrohte Minderheiten in China ausgezeichnet. Nürnbergs Kontakte nach Fernost belastet das.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU) hat es bereits geahnt. Nachdem sich die Jury 2021 dafür ausgesprochen hatte, den Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis an Sayragul Sauytbay zu verleihen, äußerte er den Verdacht, dies werde in China nicht ohne "Reaktion" bleiben. Die 45 Jahre alte Ärztin, die in Schweden Asyl genießt, wird mit dem renommierten Preis gewürdigt, weil sie sich laut Jury "mit bewundernswertem Mut für die muslimischen Minderheiten in China" einsetzt und die "dortigen Verbrechen an Uiguren und Kasachen" aufdecke. Pandemiebedingt konnte der Preis im vergangenen Jahr nicht überreicht werden, dies wird an diesem Sonntag im Opernhaus nachgeholt. Die befürchtete "Reaktion" freilich glauben sie in Nürnberg längst zu spüren.

Nürnberg ist Partnerstadt der chinesischen Metropole Shenzhen, demnächst sollte 25-jähriges Bestehen einer Freundschaft gefeiert werden. Nicht zuletzt der "kulturelle Austausch" zwischen beiden Kommunen spiele eine "große Rolle", heißt es in städtischen Publikationen. Davon indes wird wenig zu bemerken sein. Ein Konzert der Nürnberger Symphoniker, eines profilierten Reiseorchesters, bei chinesischen Gastgebern? Daraus wird wohl nichts. Gemeinsame Veranstaltungen zum Jubiläum? Sieht schlecht aus.

Auf dem Papier existiert die Städtepartnerschaft zwar weiter. Seit der Bekanntgabe, dass Sauytbay den mit 15 000 Euro dotierten Preis verliehen bekommt, muss man sich den Dialog zwischen zwei Partnern aber auf bescheidenem Niveau vorstellen. OB König hatte das 2021 gleichsam vorab bedauert. Gerade unter Freunden müsse es möglich sein, sich auch mit Kritik aneinander zu konfrontieren, hatte er da gesagt.

"Mutige und außergewöhnliche Menschenrechtsaktivistin"

König würdigt die muslimische Kasachin Sauytbay als "mutige und außergewöhnliche Menschenrechtsaktivistin" und Whistleblowerin, die exemplarisch für das Schicksal der uigurischen und kasachischen Volksgruppen in China stehe und trotz "permanenter Bedrohung und Einschüchterungsversuchen" unerschrocken Zeugnis über deren Schicksal ablege. Sauytbay wurde in der chinesischen Provinz Xinjiang im Nordwesten Chinas geboren, arbeitete zunächst als Ärztin.

Nach Angaben des Nürnberger Menschenrechtsbüros wurde sie 2017 für ein sogenanntes Umerziehungslager zwangsrekrutiert und dort festgehalten. Während dieser Zeit habe sie Einblick in das Lagersystem bekommen. Zwar wurde sie 2018 freigelassen, habe aber als Gefangene kurz darauf in das Lager zurückkehren sollen. Daraufhin gelang ihr die Flucht, zunächst nach Kasachstan. Seit Juni 2019 wird ihr und ihrer Familie in Schweden Asyl gewährt. Gemeinsam mit der Autorin Alexandra Cavelius ist dort auf Basis mehrerer Interviews das Buch "Die Kronzeugin" entstanden. Die Welt müsse wissen, was in den Lagern vor sich gehe, betont Sauytbay.

Laut OB König - Vorsitzender der internationalen Jury - habe sie auf die Mitteilung, von der Stadt ausgezeichnet zu werden, mit dem Satz reagiert: "Yeah - ich nehme den Preis gerne an." Vor der Preisverleihung wird sie sich am Samstag ins Goldene Buch Nürnbergs eintragen.

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