Nahverkehr in Nürnberg:Gutachten entzaubert Söders Magnetschwebebahn

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Bei einem Besuch in China konnte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) bereits begutachten, was er gerne durch seine Heimat Nürnberg fahren sähe: eine Magnetschwebebahn der oberpfälzischen Firmengruppe Max Bögl. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Ende 2023 verkündete Ministerpräsident Markus Söder, in Nürnberg solle künftig eine Magnetschwebebahn verkehren. Nun zeigt ein Gutachten: Machbar wäre das. Nur auf der geplanten Strecke ergäbe es wenig Sinn.

Von Max Weinhold, Nürnberg

Von einer „optimalen Erschließung der Messe und des fussläufigen Umfelds“ war die Rede, das Klinikum Süd und das Langwasserbad würden mit einem „hochwertigen Angebot des leistungsfähigen Schienenverkehrs noch besser erreichbar sein“. Ganze Quartiere im Süden Nürnbergs erhielten erstmals schienengebundenen Nahverkehr. Man muss sagen: Es klang überzeugend, was der städtische Baureferent Daniel Ulrich da im Juli 2023 mitteilte.

Was man auch sagen muss: Beim angedachten Fortbewegungsmittel handelte es sich um eine Straßenbahn, die nicht nur wie einmal geplant vom Hauptbahnhof bis zur U-Bahn-Haltestelle Bauernfeindstraße fahren sollte, sondern gleich noch vier Kilometer weiter über die Messe und die neue Technische Universität bis hin zur Klinik. Eine direkte Verbindung vom Hauptbahnhof zum Krankenhaus, das wäre die Korrektur eines „historischen Fehlers“, wie manch ein Politiker in Nürnberg sagt.

Denn als das Klinikum Süd in den 1980er-Jahren geplant wurde, dachte man die Anbindung nicht recht mit. Wer heute aus dem Zentrum in das Krankenhaus möchte, fährt deshalb zuerst mit der U-Bahn und dann mit dem Bus. Zumutbar ist das, optimal aber nicht, weshalb die ausgebaute Straßenbahnlinie 7 Abhilfe schaffen sollte und der Verkehrsausschuss der Stadt vor anderthalb Jahren die Verwaltung beauftragte, „vertiefende Planungen“ aufzunehmen.

Aber dann kam Markus Söder, Ministerpräsident, Nürnberger, Visionär. Anstelle der Straßenbahn wollte der CSU-Chef auf dem zweiten Teil der Strecke vom Hauptbahnhof zur Klinik viel lieber eine Magnetschwebebahn aus dem Hause Bögl in Sengenthal fahren sehen, wie er im Dezember 2023 in einer Regierungserklärung verkündete. In der städtischen CSU stieß Söders Ansinnen auf Begeisterung, Vertreter anderer Parteien fragten sich, ob das denn wirklich ein verkehrstechnischer Fortschritt sei: auf der Hälfte des Weges aus der Tram aus- und in die Magnetbahn umzusteigen.

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Für den ersten Straßenbahn-Abschnitt bis zur Bauernfeindstraße, der ursprünglich 2026 bereits befahrbar sein sollte, laufen noch immer die Planungen, bei jenen zur Verlängerung ging seit Söders Ankündigung derweil nichts mehr voran. Stattdessen arbeiteten Experten im Auftrag der Stadt an einer Machbarkeitsstudie, die Kosten und Nutzen der Magnetbahn namens Transport System Bögl (TSB) mit Daten zu einer Tramverlängerung aus einer früheren Untersuchung vergleichen sollte. Ihre Ergebnisse werden am Donnerstag im städtischen Verkehrsausschuss besprochen, in einer Berichtvorlage sind sie aber bereits jetzt einsehbar, Quintessenz: technisch machbar, Nutzen überschaubar.

Die Baukosten für das einspurige TSB liegen demnach bei etwa 71,1 Millionen Euro, die für den Tramausbau bei 68,1 Millionen. Allerdings sei die Schwebebahn nach aktueller Gesetzeslage – anders als die Straßenbahn – nicht förderfähig und damit für die Stadt teurer. Im Betrieb wiederum, heißt es im Bericht, sei das TSB günstiger, weil verschleißärmer und stärker automatisiert. Zudem sei beim TSB mit geringeren Unfallfolgekosten zu rechnen, weil dieses aufgeständert und kreuzungsfrei verkehre und nicht wie die Tram ebenerdig. Auf diese Weise würde im Vergleich zur Straßenbahn auch Platz gespart und der Baumbestand eher unberührt bleiben. Ein Zehn-Minuten-Takt auf sieben Haltestellen sei „betrieblich stabil umsetzbar“ und technisch „gut realisierbar“.

All diese Vorteile der Magnetbahn will auch Nasser Ahmed nicht in Abrede stellen. Der Nürnberger SPD-Chef ist Befürworter des Verkehrsmittels in der Stadt, nur eben nicht auf dieser Strecke, wie er mit Verweis auf jenen Punkt im Gutachten sagt, den er „das A und O“ nennt: den Nutzen für den öffentlichen Nahverkehr in Nürnberg. Dieser sei, heißt es darin, beim TSB „geringer als bei der Straßenbahn, da die Umsteigeverluste hoch sind“. Der „Umsteigezwang“ bei der Magnetbahn führe zu einem „reduzierten Fahrgastgewinn“: mit etwa 1100 und damit einem Drittel weniger Passagieren als bei der Tram rechnen die Gutachter am Tag. Hinzu kommt: Zwar wäre das TSB auf der Strecke zwischen Bauernfeindstraße und Klinikum etwas schneller, allerdings verlängerte sich die Gesamtfahrzeit vom Hauptbahnhof durch den Umstieg. Ernüchternd seien diese Ergebnisse, sagt Ahmed.

Andreas Krieglstein, Chef der CSU-Fraktion im Stadtrat, hält die Magnetbahn trotzdem „nach wie vor für eine gute Lösung“. Er verweist dabei auf Argumente, die keinen Eingang in das Gutachten gefunden haben: Die Trambahn-Unternehmer von Bögl hätten eine Bauzeit von nur zwei Jahren zugesichert, „eine viel kürzere Zeit“ als bei der Tram, sagt er. Außerdem spricht er von wirtschafts- und industriepolitischen Vorteilen, von der Strahlkraft einer Magnetbahn, die so in Europa noch nirgends fahre. Argumente, die übrigens auch SPD-Chef Ahmed teilt. Nur, sagt er: „Die Strecke ist einfach die falsche.“

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