Die Nürnberger Südstadt hat einen ambivalenten Ruf. Ein bunter, ein flirrender, ein wirklich metropolenhafter Stadtteil, sagen die einen. Optisch gewöhnungsbedürftig, zum Teil prekär, unaufgeräumt sagen andere. In Berlin würde man sagen: rough. Nun gehört der Nelson-Mandela-Platz nur insofern zur Nürnberger Südstadt, als er südlich vom Altstadtring gelegen ist - und alles, was südlich von dort liegt, per Definition zur Südstadt gerechnet wird. Eigentlich handelt es sich bei dem Platz aber um die südliche Bahnhofspiazza. Die gehörte bislang eher nicht zu den Orten, denen Architekturlyriker "Aufenthaltsqualität" nachrühmten, macht nun freilich - nach längerer Ummodelphase - mit Kunst im öffentlichen Raum von sich reden. Und zwar mit einem Rohdiamanten, der in einer durchsichtigen Acrylglas-Stele sozusagen schwebt.
Oh, oh, das ist natürlich der Stoff für den Boulevard. Wer das Werk am Freitagvormittag in Augenschein nehmen will, gerät quasi in eine Livesendung: mag man, kann man, darf man das? Im kaum bemäntelten Subtext geht es darum, ob einem Rohdiamanten an diesem Ort eine lange Aufenthaltsdauer beschieden sein wird. Am Bahnhof! In der Südstadt! Ein Wert in fünfstelliger Höhe hat mal die Runde gemacht, wahrscheinlich liegt der Wert des Edelsteins eher im mittleren vierstelligen Bereich, aber, klar, Diamant ist Diamant.
Das Werk ist das Ergebnis eines Kunstwettbewerbs mit dem Ziel, dem Namenspatron des Platzes - Nelson Mandela - gerecht zu werden. Gewonnen hat eine Arbeit der beiden Künstlerinnen Andrea Knobloch und Ute Vorkoeper, die sich als Duo "missing icons" nennen. Sie haben ihr Werk "Rolihlahla" (in etwa: Troublemaker oder Unruhestifter) genannt - wie Nelson Mandelas zweiter Name. Die Gesamtkosten für Kunst und Wettbewerb beziffert die Stadt auf 143000 Euro, gefördert wurde das Werk von Bund und Land.
Wie ein Edelstein, der aus der Ferne kaum sichtbar ist, von Nahem im Licht funkelt, soll die Skulptur verstanden werden als "produktiver Unruhestifter". Das Ziel dürfte bereits erreicht sein. Der Boulevard rubriziert die Arbeit als "Klau-Kunstwerk". Was sich mutmaßlich nicht als Aufforderung verstanden wissen will.