Der seit mehr als einem Jahr leerstehende Kaufhof in der Nürnberger Innenstadt soll „zeitnah“ wieder einer Nutzung zugeführt werden. Das sagten Oberbürgermeister Marcus König (CSU) und Wirtschaftsreferentin Andrea Heilmaier (CSU) am Montagnachmittag bei einem Presserundgang durch das Gebäude. Vorgesehen sei vom ersten Quartal des kommenden Jahres an „eine klassische Pop-up-Nutzung“ im Erdgeschoss des Gebäudes, sagte Heilmaier.
Ihr persönlicher Wunsch sei es darüber hinaus, auf dem bisher ungenutzten Dach eine Terrasse mit Gastronomie einzurichten. Der Nürnberger Innenstadt fehle Grün und hier sei viel Platz, „um eine grüne Oase zu schaffen“. OB König ergänzte auf dem Dach des Kaufhofs mit Blick auf die Lorenzkirche und die Kaiserburg, „das was wir hier an Kulisse haben, kann keine andere Stadt bieten“.
Die Stadt hat das Gebäude an der Königstraße, eine von ehemals zwei Galeria-Kaufhof-Filialen im Nürnberger Zentrum, im Juli dieses Jahres von der RFR Gruppe gekauft. Um die Neunutzung voranzutreiben, hat sie den „Sonderstab Kaufhof“ unter der Führung von Hans-Christian Landrock aus dem Liegenschaftsamt gegründet.
Bereits jetzt nutzen Studierende der Technischen Hochschule Nürnberg das Erdgeschoss für Projekte. Künftig soll die Fläche in drei Bereiche unterteilt werden, auf denen die Nürnberger Universitäten und Hochschulen, Einzelhändler und Gastronomen Platz finden. Es werde „kein neues Warenhaus entstehen, sondern ein Multimix“, sagte OB König und sprach vom „Aufbruch Nürnberg“.
Ein Leerstand mitten im Stadtzentrum sei „schmerzhaft“
Ob, wie und wann sich die anderen Stockwerke nutzen lassen, will die Stadt mit einer Machbarkeitsstudie prüfen. Darin soll unter anderem untersucht werden, auf welchem technischen Stand sich das Gebäude befindet, welche Kosten für die Nutzung entstünden und was sich die Menschen in Nürnberg für den Kaufhof wünschen. Die Ergebnisse sollen bereits im kommenden Jahr vorliegen. Dies sei „sportlich“, sagt König, „aber wir schaffen das“.
Ein Leerstand wie dieser – mitten im Stadtzentrum – sei „schmerzhaft“, sagte Wirtschaftsreferentin Heilmaier, man müsse deshalb die Frage beantworten, wie man das Gebäude „am besten kurzfristig“ nutzen und eine „gute, attraktive Zwischennutzung“ finden könne – auch, um potenzielle Investoren für den Standort zu überzeugen. Denn, betonte Heilmaier, die Stadt selbst werde nicht investieren, sondern das Gebäude „gemeinsam mit einem Partner entwickeln“. Es gebe „schon viele Interessenten“, sagte König. Sonderstabsleiter Landrock zufolge sei auch ein Verkauf mit Nutzungsauflagen für einen möglichen Käufer denkbar.
Schon bevor die Stadt das Gebäude im Juli erworben hat, ist in Bayerns zweitgrößter Stadt debattiert worden über seine Nutzung, seither umso intensiver. Das Bauwerk aus den 1950er-Jahren, Kulturbürgermeisterin Julia Lehner (CSU) nannte es zuletzt eine „Ikone der Wiederaufbauzeit“, steht unter Denkmalschutz. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hielt dieser Umstand im Februar dieses Jahres nicht davon ab, eine „politische Empfehlung“ auszusprechen – und zwar, „das Gebäude abzureißen“. Söder trat damit eine Diskussion über den Kaufhof im Speziellen, aber auch über den Umgang mit denkmalgeschützten Bauten im Allgemeinen los. Ein Abriss dürfte allerdings rechtlich kaum umsetzbar sein.
Zurzeit dient der Kaufhof als Kulisse für Kunst und Kultur
Bei einer Befragung zur geplanten Sanierung der Nürnberger Altstadt werden dieser Tage die Nürnbergerinnen und Nürnberger um ihre Meinung zur Innenstadtentwicklung gebeten und damit auch zur Zukunft des Kaufhofs. Unter den im Internet einsehbaren Meinungsbeiträgen finden sich bereits bekannte Vorschläge wie die Nutzung des ehemaligen Konsum-Tempels für kulturelle Zwecke; als Kongresszentrum für Tagungen; als zusätzlicher, zentraler gelegener Standort der im Süden der Stadt befindlichen Nürnberger Messe oder als Markthalle. Zu lesen waren indes auch abwegigere Ideen – zum Beispiel, die Räume Cannabisclubs zur Verfügung zu stellen, die für Anbau und Verkauf viel Platz benötigen.
Zurzeit dient die triste Kaufhof-Brache als Kulisse für ein Kunst- und Kulturprogramm der Stadt. Ein Berliner Architekturkollektiv hat an seiner Rückseite einen zwölf Meter hohen, mit alten Jeansstoffen ummantelten „Förderturm“ gebaut, eine Art Mahnmal für die Kurzlebigkeit von Textilien, von dem aus man in die Leere des Kaufhofs schauen kann. Überdies fanden und finden Workshops und Diskussionsveranstaltungen statt.
Derweil stehen auch andere Städte Bayerns vor der Herausforderung, eine sinnvolle Verwendung für die leerstehenden Kaufhof-Filialen zu finden – im Zuge des Insolvenzverfahrens von Galeria Karstadt Kaufhof mussten die Häuser in Augsburg und Regensburg schließen. Wie es in Regensburg weitergeht, ist noch unklar. In Augsburg soll dies eine Machbarkeitsstudie klären. In Ingolstadt hat die Stadt erst vergangene Woche das bereits seit vier Jahren leerstehende Kaufhof-Gebäude erworben. Sie strebt dort laut einer Pressemitteilung „eine Mischnutzung aus Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleistungen und Wohnen“ an.