Nürnberg:Zwei Tatverdächtige im Fall der vermissten Alexandra R.

Nürnberg: Seit Alexandra R. verschwunden ist, suchte die Polizei intensiv nach ihr. Unter anderem mit Tauchern im Nürnberger Hafen und im Main-Donau-Kanal.

Seit Alexandra R. verschwunden ist, suchte die Polizei intensiv nach ihr. Unter anderem mit Tauchern im Nürnberger Hafen und im Main-Donau-Kanal.

(Foto: Heiko Becker/dpa)

Im Dezember verschwand die hochschwangere Frau. Nun nimmt die Polizei ihren ehemaligen Lebensgefährten und einen Geschäftspartner ins Visier. Die Spur führt nach Rumänien.

Von Max Weinhold, Nürnberg

Noch vermeidet die Polizei den Terminus "dringend" im Zusammenhang mit dem Wort Tatverdacht. Aber: Erstmals überhaupt haben die Ermittelnden im Fall der seit fast zwei Monaten vermissten Alexandra R. aus dem Nürnberger Stadtteil Katzwang einen solchen. Im Verdacht stehen R.s ehemaliger Lebensgefährte und ein Geschäftspartner. "Wir haben Verdachtsmomente gegen zwei Personen aus dem Umfeld von Alexandra R.", bestätigt Polizeihauptkommissar Michael Konrad. Zuerst hatten darüber Bild und Nürnberger Nachrichten berichtet. Nach SZ-Informationen geht die Polizei dem Verdacht nach, dass die beiden Männer gemeinsam am Verschwinden der 39-Jährigen beteiligt waren.

Die Ermittelnden vermuten dabei weiterhin ein Kapitalverbrechen, wie Hauptkommissar Konrad sagt. Also, dass Alexandra R. getötet wurde. Diese Annahme verfestigte sich, seit operative Fallanalytiker um den renommierten Münchner Profiler Alexander Horn zu den Ermittlungen hinzugezogen wurden. Eine Entführung beispielsweise liegt aus Sicht der Polizei deswegen nicht nahe, weil nach nun fast zwei Monaten immer noch keine Lösegeldforderung gestellt wurde.

In Mordfällen wiederum, erklärt Konrad, lasse üblicherweise die Leiche Rückschlüsse zu Tat und Tätern zu. Allerdings handele sich in diesem Fall um so etwas wie einen "Mord ohne Leiche". Das größte Puzzleteil sei deshalb der Verbleib von Alexandra R.

"Wir überprüfen natürlich auch die beruflichen und geschäftlichen Beziehungen, die sie gepflegt hat", sagt er. Auch Finanzermittler seien Teil der Sonderkommission, um "gewisse Aspekte auf Unstimmigkeiten und ein mögliches Motiv für das Verschwinden der Frau hin zu überprüfen".

Es gab ein Kontaktverbot für den Ex-Partner

Letzteres, das Motiv für das mutmaßliche Verbrechen, ist noch immer unklar. Die Polizei schließt eine sogenannte Beziehungstat nicht aus, ebenso wenig einen geschäftlichen Streit. R. arbeitete als leitende Bankangestellte, sie soll mehrere Immobilien besitzen. Im vergangenen Jahr wurde in Nürnberg gegen sie eine Zwangsvollstreckung in Höhe von fast 800 000 Euro verhandelt, die nach SZ-Informationen aber aufgehoben wurde. Den Nürnberger Nachrichten zufolge erwirkte R. zudem vor Gericht ein Kontaktverbot gegen ihren Ex-Partner, der nun unter Tatverdacht steht.

Alexandra R. war zum Zeitpunkt ihres Verschwindens im achten Monat schwanger. Zuletzt wurde sie am Morgen des 9. Dezember 2022 gesehen, als sie ihre Pflegetochter in eine Kindertagesstätte brachte. Danach verliert sich ihre Spur. Ihr aktueller Lebensgefährte, der Vater des erwarteten Kindes, meldete R. als vermisst. Er steht nicht unter Tatverdacht.

Der Fall war für die Polizei von Beginn an deswegen besonders mysteriös, weil R. in ihrer Wohnung Mutterpass, Mobiltelefone, Geld, Karten und Ausweise, kurzum: alle Wertgegenstände, zurückgelassen hatte.

Ihr Telefon tauchte in Italien auf - eine falsche Fährte?

Inzwischen weiß die Polizei: Es waren fast alle Wertgegenstände. Denn die in der Wohnung gefundenen Smartphones benutzte R. gar nicht mehr. Ihr aktives Telefon tauchte im Ausland auf, laut Bild angeklebt an einen Lastwagen in Italien. Möglich, dass der oder die Täter bewusst eine falsche Fährte legten, um R.s Aufenthaltsort zu verschleiern.

Eine neuere Spur führt nämlich nicht nach Italien, sondern nach Rumänien. R. stammt aus dem osteuropäischen Land, Teile ihrer Familie leben in Rumänien. Und genau dorthin fuhr Ende Dezember ein Jaguar mit Nürnberger Kennzeichen, der im Zusammenhang mit Alexandra R.s Verschwinden stehen könnte. Ermitteln kann die 24-köpfige Sonderkommission aus Franken in Rumänien ohne Erlaubnis der dortigen Behörden nicht. Deswegen habe die Polizei ein Rechtshilfeersuchen an das Land gestellt, sagt Michael Konrad. Es sei allerdings offen, wann und inwiefern dieses überhaupt Erfolg bringe. Die Genehmigung solcher Ersuchen dauere mitunter Monate und durchlaufe das dortige Justizministerium.

Zuletzt hatten Ermittelnde der Sonderkommission vor drei Wochen ein Gewerbegrundstück im Hilpoltsteiner Stadtteil Sindersdorf (Landkreis Roth) durchsucht. Vorher waren zudem Taucher im Einsatz, die etwa den Main-Donau-Kanal abgesucht hatten. Die Auswertung der Spuren dauert an; genauso wie die des in Italien gefundenen Handys.

In der Zwischenzeit warten die Ermittelnden auf Rückmeldung aus Rumänien. Die Polizei erhofft sich von dort neben Details zu dem Jaguar auch Erkenntnisse aus Befragungen von R.s Umfeld und Familie. Hauptkommissar Konrad schließt nicht aus, dass die 39-Jährige sich in dem Land befindet. Das tut er allerdings vor allem deswegen nicht, weil die Polizei in diesem Fall weiterhin fast gar nichts ausschließt. Auch nicht, dass Alexandra R. noch lebt. Allerdings, das sagt Konrad auch: "Die Hoffnung schwindet von Tag zu Tag."

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