Nürnberg:Der Grünen-Fresser Söder ist zurück

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CSU-Chef Markus Söder beim Parteitag der Jungen Union in Nürnberg. (Foto: Johann Osel)

Bei der Landesversammlung der Jungen Union eröffnet Söder den Wahlkampf vor allem mit Attacken auf Robert Habeck. Manche im Parteinachwuchs fragen sich: Reicht das für eine erfolgreiche Bundestagswahl?

Von Johann Osel, Nürnberg

Wie ein Star beim Popkonzert trifft Markus Söder ein bei der Landesversammlung der Jungen Union in Nürnberg. Anders kann man es kaum sagen. Und er legt den Vergleich, kaum dem Auto entstiegen, auch selbst nahe: „Ah, Albert macht die Vorband“, murmelt er. Gemeint ist Albert Füracker, sein Finanzminister, den man von drinnen hört. Der lobt dort gerade den Parteinachwuchs als „beste JU ever“ und „Zukunft der CSU“. Dann Söders Einzug in die Halle, donnernde Popmusik, die Leute springen auf. Ob es nur die Ankunft des Ministerpräsidenten ist oder auch das Ampel-Ende, das hier die jungen Christsozialen so beflügelt? Wahrscheinlich beides. Auf vielen Plakaten im Saal steht: „Ready 4 Regierungswechsel“.

Er habe sich, sagt Söder in seiner Rede, Mittwochfrüh nach der US-Wahlnacht mit dem Sieg von Donald Trump gedacht, jetzt bräuchte es eine andere Bundesregierung. Er habe aber „nicht gewusst, dass mein Rat so ein Gewicht hat“. Der CSU-Chef fordert dann auch erneut rasche Neuwahlen: „Wenn wir unser Land stärken wollen, dürfen wir keinen einzigen Tag mehr verschwenden“, durch den „peinlichen Rosenkrieg“ der Ampel. Und an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gerichtet sagt er: „Machen Sie den Weg frei, erweisen Sie dem Land einen Dienst und treten Sie geordnet ab.“

Natürlich war dieses Treffen der Jungen Union schon geplant, bevor sich die Ampel zerlegte. Die Reden von Söder und Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, dem designierten Spitzenkandidaten der CSU, die Programmdebatten – alles schon längst auf der Tagesordnung gewesen. Und doch steht diese JU-Versammlung unter besonderen Vorzeichen, sie ist die Startrampe der CSU in den Wahlkampf. Und, wenn man so will, der erste offizielle Wahlkampfauftritt von Markus Söder.

Am Donnerstag, bei der Gremiensitzung am Tag nach dem Ampel-Crash, hatte sich Söder jedenfalls noch bewusst zurückgenommen, wollte demonstrativ nicht schadenfroh wirken, sondern staatsmännisch, wollte nicht als Wahlkämpfer in schwieriger Stunde dastehen. Und nun, beim Parteinachwuchs – Feuer frei?

Natürlich, man hätte sich sonst sehr gewundert. Söder fragt: „Hat man uns nicht ein neues grünes Wirtschaftswunder versprochen?“ Das Ergebnis seien Rezession und Deindustrialisierung, die keineswegs nur an der Weltwirtschaft lägen. „Diese Ampel hat für das Land einen fundamentalen Schaden hinterlassen.“ Dass gerade die drei Protagonisten – Scholz, Robert Habeck „und auch mein alter Freund Christian Lindner“ – weitermachen wollen bei der Bundestagswahl, sei kaum zu glauben. Ein Trainer, der einen Verein in den Abstieg führe, könne ja auch nicht mehr im Amt bleiben, sagt der Politik- und Fußballstratege aus der Staatskanzlei. Alle drei genannten Personen müssten ab „in den Ruhestand“.

Über Wirtschaftsminister Habeck wundert sich Söder besonders: „Wie jemand von einer Partei mit zehn, elf Prozent glaubt, er sei ein Kanzlerkandidat“ – Habeck sei „das Gesicht der Krise“. Den Grünen schreibt Söder auch zu, dass in der Migrationspolitik nichts vorangehe. Alle Nachbarländer wollte eine Wende, nur Deutschland sei als „asylpolitischer Geisterfahrer“ unterwegs – weil die Grünen alles verhindern würden. Dabei wachse die Migration dem Land, neben logistischen und finanziellen Fragen, „kulturell über den Kopf“. Deshalb bekräftigt Söder seine Absage an Schwarz-Grün in einer künftigen Bundesregierung. Für die Wirtschaft fordert er „cleveren Patriotismus“, nicht nur, wie seiner Ansicht nach, bei den Grünen das Thema „Lastenräder“. Der Kurzzeit-Staatsmann vom Donnerstag findet seine Rolle wieder: die des Grünen-Fressers.

Die Parteijugend will eine eigene bayerische Abschiebe-Polizei

Das JU-Publikum nimmt das erst mal alles dankbar auf. An einer Stelle in Söders Rede reicht nur die Erwähnung von Habecks Namen, um im Saal ein lautes „buuuhhh“ hervorzurufen. Söder will eine „geistig-moralische Wende“ für Deutschland. Das erinnert an Helmut Kohl, Söder sagt selbst, es mag „altbacken klingen“. Aber gemeint sei ein neuer „Leistungsgedanke“ – nur mit Teilzeit, Home-Office oder Vier-Tage-Woche werde man den Anschluss in der Welt verlieren. Beim Fußball sei die Nachspielzeit oft am wichtigsten, „Deutschland gibt in der 70. Minute auf“. Und eines sagt Söder noch, bevor der Applaus dann wieder samt Jubelrufen („Hey, Super-Bayern, hey, hey“) durchbricht wie beim Popkonzert oder im Fußballstadion: „Ein Wahlkampf ohne JU ist unmöglich.“

Was zu spüren ist: Die JU hat richtig Lust auf Wahlkampf. Das ist auch ein wichtiger Stimmungstest. 2021, als der Kanzlerkandidat Armin Laschet hieß und nicht Friedrich Merz, hat man ja gesehen: Wenn sich keiner reinhängt, nicht mal Plakate kleben will, dann wird das nichts. 31,7 Prozent der Zweitstimmen holte die CSU damals im Freistaat. Als „Motor“ skizziert der JU-Landeschef und Europaabgeordnete Christian Doleschal am Samstag seine Truppe, auch als Garant für „geile Aktionen“ in Wahlkämpfen. Die Bundesregierung steht in seinen Augen für das Bürgergeld („Recht auf Faulenzen“), für ein „linkes Menschenbild und Sozialismus“, wodurch das Land „heruntergewirtschaftet“ wurde, für „Cannabis-Chaos“. Auch wenn in der JU keineswegs alle eindeutig gegen das Kiffen sind, wie sich immer wieder zeigte. Im Leitantrag in Nürnberg fordert die JU unter anderem eine Abschiebe-Offensive mit einer „bayerischen Rückführungspolizei“ samt eigenen Charterflügen des Bundeslandes.

Stark beklatscht wird auch Alexander Dobrindt. Er verspricht: „Wir machen diesen linken Scheiß nicht mehr mit.“ Die „illegale Migration“ müsse ganz oben auf die Tagesordnung, die Probleme müssten in der Mitte des Parlaments gelöst werden. Alles andere nütze der AfD. Dobrindt rät: keine „Realitätsverweigerung“ mehr, „Aufhören mit der geschwurbelten Sprache bei diesem Thema“.

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Wobei die Parteijugend Söder nur mit Grünen-Bashing auch nicht davonkommen lassen will. Das zeigt sich bei der Aussprache mit dem CSU-Chef. Da gibt es Fragen: Ob der „Hauptgegner Grüne“ reiche, was man denn strategisch gegen die AfD und die Freien Wähler unternehmen wolle? Ob man die Bundestagsambitionen von Hubert Aiwanger und dessen FW wirklich so kleinreden dürfe, wie es Söder zuletzt tat? Gerade in Niederbayern treibt das einige JU-Vertreter stark um, da hätten bei der Landtagswahl schließlich AfD und FW zusammen mitunter Richtung 50 Prozent geholt.

Söder stellt nochmal klar, was hinter seiner Taktik steckt: Wer den Eindruck erwecke, er wolle mit den Grünen koalieren, der schmälere die Chancen der Union dramatisch. „Dann macht man FW gigantisch, dann macht man FDP stark und man würde auch die AfD stärken.“ Natürlich seien die Feinde der Demokratie andere, die AfD, teils auch Sahra Wagenknechts BSW. Vor den Freien Wählern dürfe man keine Angst haben, sagt Söder. Das Landtagswahlergebnis sei nur durch die Flugblatt-Affäre entstanden, alles verflüchtigt. Es sei aber Aiwangers demokratisches Recht, bei der Bundestagswahl zu kandidieren. „Jeder soll in sein Unglück laufen, wie er will.“

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