Architektur:Nürnberg bekommt ein Deutsches Museum

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Die Dependance des Deutschen Museums in Nürnberg: Der Bau schließt eine Lücke in der Altstadt. (Foto: Entwurf Staab-Architekten)

Die Idee hat in der Stadt fast schon Euphorie ausgelöst - für fränkische Dimensionen. Das Haus soll "einzigartig" werden, trotz dürftiger Finanzierung.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Volker Staab hatte schon vor 20 Jahren mit dem Nürnberger Augustinerhof zu tun, das allerdings nur im übertragenen Sinne. Der Berliner Architekt plante damals das Neue Museum an der historischen Stadtmauer, bis heute die Signatur der Moderne in Nürnbergs Altstadt.

Mit dem Augustinerhof bekam er da allerdings auch zu tun: Man ließ ihn wissen, dass seine etwa hundert Meter lange Glasfassade nur deshalb nicht zu Totalverwerfungen in der Stadt führe, weil die ideologischen Grabenkämpfe zu der Zeit an einem wesentlich prominenteren Ort ausgetragen wurden. Am Augustinerhof nämlich, einem 5000 Quadratmeter großen und leer stehenden Areal in Sichtweite des Nürnberger Hauptmarkts, der in der Welt als "Christkindlesmarkt" bekannt ist.

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Staab, der bis dahin als Architekt nur Insidern bekannt war, baute also das Neue Museum an der Stadtmauer. Sein ungleich bekannterer Kollege, der in Franken geborene Chicagoer Helmut Jahn, bebaute den Augustinerhof nicht. Sein Entwurf eines Glaspalastes inmitten altfränkischer Architektur überzeugte zwar die meisten Stadträte. Die einflussreichen Nürnberger Altstadtfreunde wussten den Bau aber zu verhindern.

Im ersten Nürnberger Bürgerentscheid überhaupt votierten knapp 69 Prozent gegen Jahns spektakulären Entwurf, der von Traditionalisten als "aufgeschnittene Bratwurst" verspottet wurde. Jahn zog sich daraufhin vom Projekt zurück. Und das Areal, direkt an der Pegnitz gelegen, verkam zur Dauerwunde Nürnbergs. Bis heute ist dort ein Parkplatz.

Am Samstag im Heimatministerium konnte man beobachten, wie sehr die Nürnberger unter dieser kariösen Stelle in ihrer Altstadt leiden. Die Veranstaltung im großen Saal des Söder-Ministeriums war seit Tagen ausverkauft, die meisten Besucher stehen, um zu hören, was Volker Staab mit dem Areal vorhat.

Museum statt Konzertsaal

Der ist längst nicht mehr der Nobody von damals, auch wenn sein Habitus, betont leger, das manchen vermuten lassen könnte. Seit er das Neue Museum entworfen hat, gehört Staab zu den gefragtesten Architekten der Republik. Und nun plant er also eine Dependance des Deutschen Museums in Nürnberg. Und das mit einer sehr speziellen Vorgeschichte. Im vergangenen Kommunalwahlkampf war der Augustinerhof erneut ins Zentrum der Nürnberger Debatten geraten. Kulturreferentin Julia Lehner (CSU) hätte dort gerne den neuen Konzertsaal verwirklicht gesehen, direkt am Fluss, an einem der zentralsten Orte der Stadt.

Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) war dagegen, das Areal sei zu beengt, argumentierte er und setzte sich durch. Der Immobilienentwickler Gerd Schmelzer ließ daraufhin von Staab einen Mischbau für Wohnungen, Gewerbe und ein Hotel entwerfen.

Der Plan war längst fertig, als sich unter freundlicher Mithilfe von Finanzminister Markus Söder die Idee Bahn brach, in den Bau zusätzlich einen Ableger des Deutschen Museums zu integrieren. Staab deutet an, dass ihn die Idee nicht sofort begeisterte, immerhin hatte er keinen Entwurf für museale Zwecke vorgelegt. Nun aber soll der Kopfbau des Hauses am Fluss tatsächlich als Museum genutzt werden, dahinter schließen sich Hotel und Wohnungen an. Wohl 2020 soll das Haus eröffnet werden.

In Nürnberg hat die Idee für fränkische Dimensionen fast schon Euphorie ausgelöst, auch im Heimatministerium gibt es kaum Fragen, die nicht im hohen Ton der Begeisterung vorgetragen werden. Und das, obwohl Wolfgang Heckl, der Generaldirektor des Deutschen Museums, kein Geheimnis aus der Größenordnung des Projekts macht. 650 Mitarbeiter zählt sein Haus in München, in Nürnberg sollen es "etwa ein Dutzend" sein. Einer der Frager will vorsichtig wissen, ob elf Millionen Euro für die Grundausstattung eines Museums nicht arg dürftig sind. Dem Generaldirektor gelingt es, diese Bedenken nicht allzu groß werden zu lassen.

Ein Museum zum Mitmachen

Er plant auf 6000 Quadratmetern Gesamtfläche ein Haus, in dem "Technik erlebbar gemacht werden" soll. Bespielen will er es nach Art der inzwischen gängigen Science Center. Geplant sei also keine Präsentation von Objekten hinter Glasvitrinen, sondern ein Museum zum Mitmachen. Sogar "einzigartig" nennt er die Grundidee für die Nürnberger Dependance: Ausgehend von Science-Fiction-Filmen will Heckl dort zeigen, "wie aus Fiktionen Innovationen werden können" - etwa aus dem "Communicator" aus Star Trek das neuzeitliche Mobiltelefon.

Das ist auch Markus Söder wichtig: Das Haus werde auf keinen Fall Objekte präsentierten, "die in München gerade langweilig geworden sind", die man also guten Gewissens nach Nürnberg auslagern könne. "Das wird hier kein Depot der Münchner", sagt Söder. Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle träumt sogar von einem Haus, das die Entwicklung Nürnbergs "vom Produktionsstandort zur Future-City" abbilde.

Wenn das so ist, warum riskiere man dann keine wirklich aufregende Architektur, will ein Besucher wissen, "ein Ufo an der Pegnitz"? Der Architekt lächelt, so was bringt Staab nicht aus der Fassung. Ein Bauwerk, sagt er, dürfe "keine Halbwertszeit" haben, müsse etwas sein, womit alle Generationen gut leben können. Mit dem Neuen Museum scheint Staab das in Nürnberg schon einmal gelungen zu sein. Das Museum und der durch das Haus entstandene Platz davor werden immer beliebter.

© SZ vom 14.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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