Nürnberg:Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamten

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg hat ein Ermittlungsverfahren gegen einen Polizeibeamten aus Mittelfranken eingeleitet. Der 50-Jährige könnte von der Gefahr des sogenannten Reichsbürgers von Georgensgmünd gewusst haben, sagte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Anita Traud. Der beschuldigte "Reichsbürger" hatte am 19. Oktober 2016 in Georgensgmünd auf Polizeibeamte geschossen, ein Beamter war dabei ums Leben gekommen. Der mutmaßliche Todesschütze sitzt wegen Mordverdachts seit drei Monaten in Untersuchungshaft. Nun habe man ein weiteres Verfahren in der Causa eingeleitet, sagte Traud: Gegen den Polizeibeamten wird wegen möglicher Beihilfe zum Totschlag durch Unterlassen ermittelt.

Weil der beschuldigte Hauptkommissar im Chat-Kontakt mit dem späteren Todesschützen stand, war er am 23. November vom Dienst suspendiert worden. Weitere Ermittlungen ergaben nun den Verdacht, dass der Beamte nicht nur von Kontakten des 49-Jährigen zu anderen "Reichsbürgern" wusste und auch darüber informiert war, dass dieser im Besitz von Waffen war. Der Beamte könnte auch von der Gefahr, die von dem 49-Jährigen ausging, gewusst haben und hätte damit rechnen können, "dass es bei dem Einsatz zum Gebrauch von Schusswaffen kommen würde", sagte Traud. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft wäre der Polizist dazu verpflichtet gewesen, sein Wissen weiterzugeben. So hätten die Schüsse auf einen 32-jährigen Polizisten womöglich verhindert werden können. Der beschuldigte Beamte hat sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert.

Vor zwei Monaten war in dieser Causa bereits ein 49-jähriger Oberkommissar vom Dienst suspendiert worden. Gegen ihn bestehe der Verdacht, er könnte Geheimnisse aus dem Dienstcomputer an den späteren Todesschützen preisgegeben haben, hatte Mittelfrankens Polizeipräsident Johann Rast zur Begründung erklärt.

Sogenannte Reichsbürger leugnen die Existenz der Bundesrepublik, sie beschimpfen Gerichtsvollzieher und versuchen, Behörden mit ausladendem Schriftverkehr lahmzulegen. Nach Angaben des bayerischen Innenministeriums wurden bislang 15 Verfahren gegen bayerische Polizeibeamte wegen Kontakten zur "Reichsbürgerbewegung" eingeleitet, zwölf davon sind im aktiven Dienst. Von diesen wurden sechs vom Dienst suspendiert.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: