Verkehr:Wie Bayerns Städte gegen Wildparker von E-Scootern kämpfen

Lesezeit: 3 Min.

E-Scooter sind praktisch - allerdings nehmen es nicht alle Nutzer so genau damit, wo und wie sie die kleinen Roller wieder abstellen. (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Einen Elektroroller leihen statt zu Fuß gehen - das klingt praktisch und endet doch immer wieder als Stolperfalle. Nürnberg und andere Städte wollen das nicht länger hinnehmen.

Von Florian Fuchs, Maximilian Gerl und Irena Güttel, Nürnberg

Auch in Nürnberg haben sie damit zu kämpfen. Vor allem morgens an den Wochenenden stehen und liegen sie wieder herum: Elektro-Tretroller, die Feiernde nach der Fahrt in die nächste Hecke fallen oder mitten vor Hauseingängen stehen gelassen haben. Doch damit soll es in Nürnberg bald bestenfalls vorbei sein. 290 Sammelparkplätze für die Roller will das Rathaus ausweisen, dazu in der Innenstadt das Parken stellenweise verbieten und ihre Zahl begrenzen. Mehr ordentlich abstellen also, weniger wildparken. Denn: "E-Scooter haben nicht die Mobilität verbessert, sondern behindern und gefährden Millionen Menschen", klagt Roland Stimpel von der Fußgängerlobby Fuss e.V. "Sie werden regelwidrig auf Gehwegen gefahren und rücksichtslos abgestellt."

Feindbild E-Scooter? Nicht nur in Mittelfranken haben sie den Rollern nun den Kampf angesagt, genauer: dem immer wieder zu beobachtenden Abstellchaos. Seit einigen Jahren kurven die Modelle verschiedener Anbieter durch Bayerns Städte, als privatwirtschaftliche Ergänzung zum öffentlichen Nahverkehr - und blockieren, wo sie nicht ordnungsgemäß geparkt wurden, unter anderem Menschen mit Kinderwagen, Rollator und Rollstuhl. Die einen sehen die von allein dahinsurrenden Gefährte daher als praktische Alternative. Die anderen empfinden sie als Ärgernis, das es mehr zu regulieren gelte.

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Letzteres darf man durchaus eine Herausforderung nennen, auch in Nürnberg. Die Scooter von gleich fünf Verleihfirmen sind hier unterwegs; stark vereinfacht werden die Roller per App gebucht und können nach der Fahrt irgendwo am Ziel abgestellt werden. Viele Anbieter bitten darum, die Gefährte mit Rücksicht auf die Nachbarschaft abzustellen seien, nur praktisch mag das nicht immer gelingen. In Nürnberg benötigen die Firmen daher laut Verkehrsplanungsamt künftig eine Sondernutzungserlaubnis. Darin müssen sich diese zum Beispiel verpflichten, falsch geparkte Fahrzeuge innerhalb von sechs Stunden zu entfernen. Außerdem müssen sie Gebühren zahlen und finanzieren so die Sammelparkplätze.

Ähnlich wird das bereits in einigen Städten gehandhabt, etwa in München, das ebenfalls Parkplätze ausgewiesen hat. Aschaffenburg dagegen hat sich 2022 gegen den gewerblichen Verleih von E-Scootern entschieden. Auch der Bayerische Städtetag verweist darauf, dass es keinen einheitlichen Umgang mit den Fahrzeugen gebe. Orte mit engen Gassen und historischen Altstädten bräuchten andere Regelungen als andere Kommunen, sagt Sprecher Achim Sing. Probleme mit E-Scootern sind aber natürlich auch dem kommunalen Spitzenverband bekannt - auch weil diese zum Beispiel immer wieder in Seen und Flüssen versenkt werden. "Vandalismus" nennt das Sing. Der Bayerische Städtetag plädiert deshalb für Sperrzonen an Flüssen und Seen. Die Kollegen vom Deutschen Städtetag sehen zudem Bund und Länder in der Pflicht, einen rechtssicheren Rahmen für die Sondernutzungsgenehmigungen zu schaffen. Auch die Straßenverkehrsordnung und die Verordnung für Elektrokleinstfahrzeuge müssten angepasst werden.

Darauf will die Stadt Augsburg offenkundig nicht warten. Sie arbeitet eigenen Angaben nach an einem Konzept, ähnlich dem Nürnberger. 2019 haben die E-Scooter in der Schwabenmetropole Einzug gehalten, auch dort beschweren sich seitdem zahlreiche Bürger über wild abgestellte Gefährte. Inzwischen gibt es Absprachen mit den Betreibern, dass Roller in der Innenstadt teils nicht abgestellt werden dürfen. Nutzer können sich in diesen Bereichen mit der App nicht abmelden und müssen dann einen anderen Stellplatz im Augsburger Stadtgebiet aufsuchen. Strengere Vorgaben werden derzeit auch in Regensburg diskutiert. Dort gehören E-Scooter ebenfalls längst zum Stadtbild; nun planen laut Medienberichten zwei weitere Anbieter den Einstieg. Die Stadtratsfraktion der Brücke forderte deshalb bereits, feste Abstellorte für die Scooter auszuweisen.

Die Anbieter nehmen vermehrt kleine Kommunen ins Visier

Diese können vor allem für Menschen mit Einschränkungen zur Stolperfalle werden, kritisieren etwa Blinden- und Sehbehindertenverbände. Die bayerische Polizei wiederum registrierte im vergangenen Jahr einen starken Anstieg von E-Scooter-Unfällen; ihre Zahl belief sich bis Ende Oktober auf gut 2000. Im Vorjahreszeitraum waren 762 notiert worden. Auch die bundesweiten Statistiken wiesen zuletzt ein Unfallplus bei den Rollern aus. Die Verunglückten hatten demnach häufig Alkohol getrunken und waren falsch auf Straßen und Gehwegen unterwegs. Mancherorts müssen die Fahrerinnen und Fahrer deshalb vom späten Abend an einen Alkohol-Reaktionstest bestehen, bevor sie einen E-Scooter leihen können - und müssen nach der Fahrt mit einem Foto beweisen, dass sie den Roller ordentlich geparkt haben. Außerdem haben die Anbieter eine zentrale Anlaufstelle für Beschwerden geschaffen.

Sollten sich schärfere Vorschriften wie in Nürnberg flächendeckend durchsetzen, könnte das den harten Konkurrenzkampf in der Branche noch härter machen. Häufig sind in einer Stadt gleich mehrere Firmen aktiv, ohne dass der Markt im selben Maße größer würde - weshalb auf Dauer nicht alle im Ringen um Kunden mithalten können. Trotzdem versuchen die Firmen weiterhin zu expandieren, nicht nur in Regensburg. Nach den Ballungszentren scheinen inzwischen vermehrt kleinere Städte und Gemeinden in den Fokus zu rücken: So sollen auch im schwäbischen Friedberg bald E-Scooter fahren - und im Würmtal rund um Krailling (Landkreis Starnberg) sind sie bereits unterwegs.

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