Süddeutsche Zeitung

Franken:Nürnberg bekommt eine Bratwurstgasse

Zu Ehren ihrer Wurstspezialität und passend zur Eröffnung des neuen Bratwurstmuseums benennt die Stadt einen Straßenabschnitt um. Und setzt damit womöglich Maßstäbe für ganz Bayern.

Glosse von Maximilian Gerl

In vielen bayerischen Gemeinde- und Stadträten wurde schon teils erbittert über politisch korrekte Straßennamen diskutiert. So weit, so gewöhnlich also. Und doch sticht die neueste Straßenbenennung in Nürnberg hervor, schließlich geht es dort um nichts weniger als ein städtisches Kulturgut. Das Argument pro Umbenennung wiegt zwischen 20 und 25 Gramm, ist sieben bis neun Zentimeter lang und beinhaltet nach alter Tradition Schweinefleisch. Kurz: die Nürnberger Bratwurst.

Tatsächlich, Nürnbergs so große wie kleine Wurstspezialität soll nach Willen des städtischen Verkehrsausschusses eine eigene Straße bekommen. Genauer: einen Straßenabschnitt. Das Stückerl zwischen Trödelmarkt und Henkersteg heißt künftig Bratwurstgasse. Offiziell wird die Benennung diesen Freitag, passend zur Eröffnung des neuen Bratwurstmuseums in der dann neuen Bratwurstgasse 1. Die Idee stammt von einem örtlichen Radiosender, die von der örtlichen CSU kurzerhand - Pardon! - verwurstet wurde.

In einer Pressemitteilung der Stadtratsfraktion heißt es zur Begründung, die Nürnberger Bratwurst erfreue sich großer Beliebtheit im In- und Ausland. "Mit der Bratwurstgasse betreiben wir aktives Stadtmarketing!" Ein allerdings inkonsequentes, solange es in Nürnberg nicht auch noch eine Lebkuchen- und eine Rotbierstraße gibt.

Alte Namen loswerden und dabei noch Werbung machen: eigentlich keine schlechte Kombination, könnten sich jetzt straßennamendiskussionsgeplagte Stadträte andernorts denken. Regensburg fiele es jedenfalls leicht, Nürnbergs Beispiel zu folgen und ebenfalls eine Bratwurstgasse aufzumachen. In Schrobenhausen drängt sich die Spargelstraße geradezu auf und in Bamberg der Schlenkerla-Weg. Wer kein hyperlokales Schmankerl zu bieten hat, dem bleiben Klassiker der wahlweise bayerischen, fränkischen oder schwäbischen Küche wie Spätzlestraße, Auszogne-Allee, Böfflamott-Brücke, Leberkäs-Platz und Obstler-Kreisel.

Karpfenwege gehen im Zweifel immer, wie der Blick nach Adelsdorf (Landkreis Erlangen-Höchstadt) oder Neustadt an der Donau (Landkreis Kelheim) zeigt. Und die Landeshauptstadt München sollte dringend darüber nachdenken, zugunsten der Weißwurst eine ihrer wichtigsten Verkehrsachsen umzubenennen: Nicht dass sich noch jemand wundert, warum mit der Frankfurter Allee die falsche Wurstspezialität gewürdigt ist.

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