Bratwurstmuseum in Nürnberg:Es geht um die Wurst

Nürnberger Bratwurstmuseum

Ehre, wem Ehre gebührt: Die schmackhaftesten neun Zentimeter Frankens haben nun ein eigenes Museum bekommen.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Mit einem neuen Museum bekennt sich Nürnberg zum Bratwurstimage und widmet der Wurst hundert Quadratmeter in der - kein Witz - Bratwurstgasse 1. Dort wird auch der Frage nachgegangen: Warum sind die Dinger eigentlich so mickrig?

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Ein Bratwurstmuseum, hat's das jetzt wirklich gebraucht? Jedenfalls darf sich der geneigte Nürnberg-Besucher künftig nach Überschreiten des "Henkerstegs" zwischen zwei einschlägigen Erkennungsmerkmalen entscheiden: links hinein, in jenes malerische Haus, wo der berüchtigtste Scharfrichter des Alten Reiches sein Quartier bezogen und Grundlagen gelegt hat für akribische Aufzeichnungen rund ums fränkische Henkerhandwerk. Empfehlenswert. Oder rechts hinein, wo man dem lokalen Wärschtla, den begehrtesten neun Zentimetern Frankens, nun ein eigenes Museum eingeräumt hat.

Vor die Frage gestellt, ob das auch empfehlenswert ist, muss hier zunächst ein Mann zitiert werden, der mal Rathauschef war, sich aber nicht zuletzt als Alltagsphilosoph Meriten erworben hat. Ulrich Maly sah sich einst vor die Frage gestellt, ob das in Gottes Namen denn sein müsse: eine Bratwurstausstellung in Nürnberg?

Müsse es, befand er und wurde kurz grundsätzlich. Ob man's bitteschön denkbar finde, dass sie sich im französischen Cognac vom Weinbrand lossagen? Sie in Roquefort aufschreien: Nieder mit dem Käse! Die Leute in Modena in Massen aufstehen mit der Parole: Ende mit dem Essig! Also.

Überhaupt habe er, Maly, sich zu Amtszeitbeginn - das war 2002 - dauernd von eilfertigen Marketingleuten anhören müssen, die Stadt brauche dringend einen Imagewandel. Inklusive Appell: endlich weg vom Bratwurstimage! Damit habe man Maly aber nicht kommen brauchen. Stattdessen sah er die Zeit gekommen "für ein klares Bekenntnis zum Bratwurstimage".

Nürnberger Bratwurstmuseum

Im neuen Museum an der Nürnberger Adresse Bratwurstgasse 1 gibt es auf 100 Quadratmeter Ausstellungsfläche unter anderem eine Bratpfanne aus Kupfer (links), ein Brautwurstteller in Glockenform aus Zinn und eine Bratwurstdose aus Zinn (alle vor 1944) zu sehen.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)

Wohlan. Nun also ein ganzes Wurstmuseum, auf hundert Quadratmetern in der - kein Witz - Bratwurstgasse 1, der Menschheit geschenkt vom "Schutzverband Nürnberger Rostbratwürste" (ja, den gibt's wirklich). Mit allem, was dazu gehört: Bratwurstteller in Glockenform, Messgerät zur Wurstlängenbestimmung, Metallbügel zur Durchmesserkontrolle und allerlei andere schicke Wurstherstellungsgerätschaften. Vor allem aber: Aufklärung! Warum sie so mickrig ist, die Nürnberg-Wurst? Damit sie Spätankömmlingen nach Schließung der Stadttore durchs Schlüsselloch verabreicht werden kann - Legende.

Um Todgeweihten im Lochgefängnis die Henkersmahlzeit durchs gebohrte Loch zukommen zu lassen - noch 'ne Legende, und in besagter Museumsumgebung eine besonders adrette. Weil Kaspar Hauser eingefleischter Vegetarier war und man ihm Ortsspezialitäten nur in homöopathischen Dosen einzutrichtern vermochte - die schönste Legende. Und wie war's nun tatsächlich?

Will man das wirklich wissen? Weil: Womöglich war's ja schlicht ein vergleichsweise gelungener Gag von Marketingstrategen des 19. Jahrhunderts, die sich damals schon einen Kopf gemacht haben ums Stadtimage. Und die Begründung schlechthin stammt eh vom Franken-Dichter Fitzgerald Kusz, demzufolge die Stadt Nürnberg das Diminutivum liebt, mit dessen Hilfe sie ihr, keineswegs geringes, Selbstbewusstsein zu verstecken weiß. Schon vor 400 Jahren habe man deshalb dem Kampf um die größte Wurst abgeschworen. Und ob das womöglich sogar stimmt - weiß im Zweifelsfall der Herr auf der anderen Straßenseite: der Henker.

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