Nürnberg:Auszeichnung für "Caesar"

Der Menschenrechtspreis geht an einen syrischen Fotografen

Schon seit Jahren sammelt die Menschenrechtsabteilung der Vereinten Nationen (UN) Beweise für Gräueltaten in Syrien. Sie sollen helfen, wenn die von allen Seiten begangenen Kriegsverbrechen irgendwann vor dem Internationale Strafgerichtshof geahndet werden. Dann wird auch das Material eine wichtige Rolle spielen, das ein syrischer Fotograf gesammelt und mit Hilfe von Vertrauten aus dem Land geschmuggelt hat. Der Syrer mit dem Alias "Caesar" hatte in den Jahren 2011 bis 2013 im Auftrag des Militärs die Leichen von Menschen fotografiert und archiviert, die in Gefängnissen des Assad-Regimes gefoltert, misshandelt und getötet wurden. Gemeinsam mit seinen Helfern hat er die Bilder später veröffentlicht. Es handelt sich um Tausende Aufnahmen, die zur Verwaltung der Toten gedient haben sollen und die der Fotograf heimlich kopierte. Der Gruppe, die ebenfalls unter dem Pseudonym "Caesar" bekannt wurde, wird dafür am Sonntag den Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis erhalten.

Der Name Nürnberg war lange mit dem Unrecht der Rassengesetze verbunden, dagegen setzt die Stadt seit Langem ein international beachtetes Engagement in Sachen Menschenrechte. Die alle zwei Jahre vergebene Auszeichnung ist mit 15 000 Euro dotiert und wird heuer zum zwölften Mal verliehen. Gewürdigt werden Personen aus aller Welt, die sich besonders für die Wahrung der Menschenrechte eingesetzt haben. Dieses Jahr ist dabei in zweifacher Hinsicht besonders: Erstmals erhält den Preis keine Einzelperson, sondern eine Gruppe - und zum ersten Mal bleibt der Preisträger anonym und wird nicht zur Feier im Opernhaus erscheinen. "Caesar" hat Syrien 2013 zusammen mit seiner Familie verlassen und lebt nun in einem europäischen Land im Untergrund. Stellvertretend wird die französische Journalistin Garance Le Caisne den Preis in Empfang nehmen. Sie hat auf der Basis von Gesprächen mit dem Fotografen und mit ehemaligen Häftlingen ein Buch geschrieben ("Codename Caesar. Im Herzen der syrischen Todesmaschinerie").

"Caesars" Fotos hatten großes Aufsehen erregt, als sie 2014 erstmals an die Öffentlichkeit gelangten. Sie wurden unter anderem in der UN-Zentrale in New York ausgestellt. Ihre Authentizität wurde mehrfach geprüft. Drei der Prüfer waren bereits als Ankläger von Kriegsverbrechertribunalen tätig, sie hatten "Caesar" auch befragt und seine Aussagen sowie die Fotos als authentisch eingestuft. Die Bilder seien ein Beweis, dass die Regierung von Staatschef Assad für "Tötungen im industriellen Ausmaß" verantwortlich sei, sagte Desmond de Silva, ehemaliger Ankläger im Prozess gegen den früheren jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević, damals dem Guardian. Auch die Organisation Human Rights Watch bestätigte 2015 die Echtheit der Bilder.

Zu den elf Mitgliedern der international besetzten Jury zählen neben Oberbürgermeister Ulrich Maly als Vorsitzendem beispielsweise Irina Bokowa, Generaldirektorin der Unesco, und die pakistanische Menschenrechtsaktivistin Hina Jilani sowie der Israelische Künstler Dani Karavan und die iranische Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi. In der Begründung der Jury-Entscheidung heißt es, dass "Caesar" und seine Mitstreiter davon angetrieben wurden, "dass die dokumentierten Menschenrechtsverbrechen nicht straflos bleiben. Dafür nahmen sie große Gefahren auf sich". Mit der Verleihung wolle man außerdem an die Geschichte Nürnbergs als Wiege des modernen Völkerstrafrechts anknüpfen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: