Nürnberg:Eine Stadt voller Schlösser

Nürnberg: Schloss Neunhof war einst ein Herrensitz im nördlich von Nürnberg gelegenen Dorf Neunhof, das heute Stadtteil im Knoblauchsland ist. Es war Sitz einer Patrizierfamilie.

Schloss Neunhof war einst ein Herrensitz im nördlich von Nürnberg gelegenen Dorf Neunhof, das heute Stadtteil im Knoblauchsland ist. Es war Sitz einer Patrizierfamilie.

(Foto: Herbert Liedel)

Die Patrizier haben in Nürnberg prachtvolle Bauten hinterlassen. Viele davon sind unbekannt und nicht öffentlich zugänglich. Eine Ausstellung zeigt sie nun.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Es ist ja nicht so, dass man die Spuren der Patrizier nicht mehr erleben kann in Nürnberg. Wer wissen will, wie die vornehmsten Bürger der Stadt gelebt haben, der kann das zum Beispiel im zentral gelegenen und öffentlich zugänglichen Tucherschloss in Nürnberg jederzeit besichtigen. Manch andere Herrensitze, Kleinburgen und Vorstadtschlösschen freilich - für die Nürnberg berühmt war und ist - sind in privatem Besitz. Und weil sich diese nicht demonstrativ aufdrängen, sie häufig in städtischen Nischen versteckt sind und zum Teil nicht öffentlich auf sie hingewiesen wird, bekommen selbst eingefleischte Nürnberger diese Kleinode nicht alle zusammen. Das Petzenschloss? Oberbürg und Unterbürg? Umso besser, dass Nürnbergs Stadtarchiv viele der ehrwürdigen Hausschlösser nun in einer Ausstellung versammelt hat. Und dabei dokumentiert, was aus den Sitzen der städtischen Dynastien über die Jahrhunderte geworden ist.

Allein im heutigen Stadtgebiet gab es 76 solch herrschaftlicher Anwesen, entstanden im Mittelalter und der Frühen Neuzeit. Erhalten sind heute noch etwa die Hälfte davon, aber es gibt Stadtteile, da kann man die ehemalige Dichte dieser Herrensitze zumindest noch nachempfinden. Vor allem im Osten der Stadt. In Mögeldorf gab es einst sieben solcher Schlösschen, in Erlenstegen sogar acht davon. Errichtet wurden diese Häuser zunächst von Reichsmagistralen, also dem Verwaltungsführungspersonal des Mittelalters. Später auch von erfolgreichen Handelsbürgern. Berühmt aber wurden vor allem die Bauten der Patrizier.

Seit dem 14. Jahrhundert machten vor allem die Tuchers von sich reden, sie trieben Gewürzhandel in halb Europa und stiegen als Wirtschaftsbürger in den Kreis derer auf, die in der freien Reichsstadt die kommunalen Geschicke lenkten. Eben keine Fürsten wie in Bayreuth oder Ansbach, auch keine Bischöfe wie in Bamberg oder Würzburg, und schon gar nicht der mitunter auf der Durchreise übernachtende Kaiser bildeten das Machtzentrum von Nürnberg - sondern die dominierenden Familien der Stadt.

Nürnberg: Nachdem das Schloss Neunhof im Markgrafenkrieg schwer beschädigt wurde, versah man es später als klassisches "Weiherhaus" mit einem Wassergraben.

Nachdem das Schloss Neunhof im Markgrafenkrieg schwer beschädigt wurde, versah man es später als klassisches "Weiherhaus" mit einem Wassergraben.

(Foto: Stadtarchiv)

Ein erlesener Zirkel, die nobiles Norimbergenses, entsandte Vertreter in den Rat, wer dazugehörte, wurde mit dem Tanzstatut von 1521 endgültig festgeschrieben: exakt 42 Familien, eine Art Regierungskaste - der Stadtadel als frühes kommunales Selbstverwaltungsorgan. Später wurden diese auch formal dem Landadel gleichgestellt, die früheren Wirtschaftsbürger bekamen ein "von". Mit der Nobilitierung einher ging bei vielen Familien aber auch der Anfang vom Abstieg.

Wie's eben so ist, wenn man's geschafft hat. Wie man sich die frühe Version des klassischen Nürnberger Herrensitzes vorzustellen hat, ist in Dürers Bildern überliefert: Auf fensterlosem Steinsockel saß das vorkragende Obergeschoss aus Fachwerk, meist stand der turmartige Bau in einem Weiher oder wurde von einem Wassergraben umgeben.

Viele dieser Häuser wurden in den Markgrafenkriegen zerstört, seit dem 16. Jahrhundert entstanden dann typische Quaderbauten mit Erkertürmchen an den Gebäudeecken, umschlossen von einem Wall mit Graben - wie man es noch im Zeltnerschloss in Gleißhammer besichtigen kann, das heute als "Kulturladen" genutzt wird. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden manche dieser Herrensitze dann zu pittoresken Barockanlagen umgebaut, etwa das Hallerschloss in Großgründlach.

Die Farbbilder der Ausstellung, auf denen zu sehen ist, was aus den Anwesen heute geworden ist, stammen von Herbert Liedel. Für Ausstellungsmacherin Ruth Bach-Damaskinos war er "der Nürnberg-Fotograf schlechthin": einer, der seine Stadt wirklich kannte und wusste, wie er sie in ein ihr angemessenes Licht rücken musste. Noch zu seinen Lebzeiten hat das Stadtarchiv eine Serie seiner Fotos angekauft, bei der Auswahl einiger der nun zu sehenden Werke hat Liedel noch selbst mitgewirkt. 2015 ist der Fotokünstler gestorben. Zu sehen sind die Bilder - kontrastiert von Schwarz-Weiß-Bildern aus dem Stadtarchiv - noch bis zum 1. September im Forum Handwerkerhof, also am Altstadteingang gegenüber vom Hauptbahnhof.

Die Ausstellung "Herrensitze und Schlösschen in Nürnberg - einst und jetzt" ist täglich von 10.30 Uhr bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

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