Nürnberg:Anklage wegen Mordes

'Reichsbürger' schießt auf Polizisten

Auf dem Grundstück in Georgensgmünd wehte diese Flagge. Der Besitzer griff Polizisten an.

(Foto: Nicolas Armer/dpa)

"Reichsbürger" soll Polizisten erschossen haben

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Wegen Mordes hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen Wolfgang P., den sogenannten Reichsbürger aus dem mittelfränkischen Georgensgmünd erhoben. Außerdem wirft die Anklagebehörde ihm versuchten Mord sowie gefährliche Körperverletzung vor. Der 49-Jährige hatte am 19. Oktober 2016 einen Beamten eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) erschossen sowie zwei weitere Polizisten verletzt, als sie sein Haus nach Waffen durchsuchen wollten. Im Fall Georgensgmünd hat die Staatsanwaltschaft zudem gegen einen 51-jährigen Polizeibeamten Anklage erhoben. Dem Polizisten wird fahrlässige Tötung und fahrlässige Körperverletzung im Amt durch Unterlassen vorgeworfen. Außerdem soll der Polizist eine Schusswaffe vorschriftswidrig aufbewahrt haben.

Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage davon aus, dass der "Reichsbürger" P. mit dem SEK-Einsatz gerechnet und sich entsprechend vorbereitet hatte. Er habe sich entschlossen, aus einem Hinterhalt Schüsse auf die Polizisten abzugeben, sollten diese in sein Haus eindringen. Der 49-Jährige habe dabei versucht, die Beamten vorsätzlich zu töten oder zumindest zu verletzen. Zu dem Zweck habe er durch die geschlossene Wohnungstüre, die teilverglast war, geschossen. Er habe die Polizisten vor der Haustüre gesehen und insgesamt elf Schüsse auf sie abgegeben.

Einer der SEK-Beamten erlitt eine Schussverletzung am rechten Ellbogen, eine weitere Kugel drang über die Schulter in die Lunge des Polizisten ein. Der 32-Jährige starb in Folge einer Sauerstoffunterversorgung. Ein weiterer Beamter erlitt einen Durchschuss am rechten Unterarm, ein dritter wurde durch einen Splitter verletzt. Weil die Beamten zwar von einer abstrakten Gefahr in Georgensgmünd ausgehen mussten, in der konkreten Situation an der Haustüre von Wolfgang P. jedoch nicht mit einer konkreten Gefahr rechneten, geht die Staatsanwaltschaft von Heimtücke aus. Auch vom Mordmerkmal niederer Beweggründe sei laut Anklage auszugehen. Der 49-jährige "Reichsbürger" befindet sich seit seiner Festnahme im Oktober in Untersuchungshaft. Bei dem SEK-Einsatz sollten die Waffen des Jägers beschlagnahmt werden, weil er bei den Behörden als nicht mehr zuverlässig galt.

Dem Polizisten, einem Bekannten von Wolfgang P., wirft die Staatsanwaltschaft vor, er habe dessen Gefährlichkeit und Bereitschaft, Waffen einzusetzen, zwar erkannt, habe dies seinen Kollegen aber nicht gemeldet. Die Erkenntnisse weiterzugeben, wäre laut Anklage aber seine Pflicht als Beamter gewesen. Hätte der beschuldigte Polizist sein Wissen weitergegeben, hätten die tödliche Schüsse aus Sicht der Staatsanwaltschaft verhindert werden können. Man nehme zugunsten des Beamten allerdings nicht an, dass er der die Tötung beziehungsweise Verletzung seiner Kollegen billigend in Kauf genommen habe, erklärte die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth, Anita Traud. Insofern werde ihm in der Anklageschrift lediglich Fahrlässigkeit zur Last gelegt.

Der Kommissar aus der Dienststelle in Ansbach ist seit November vom Dienst suspendiert. Er soll schon vor dem SEK-Einsatz Verbindungen zu dem "Reichsbürger" unterhalten haben, auf dem Mobiltelefon des Polizisten fand sich ein Chat mit dem 49-Jährigen. Sogenannte Reichsbürger erkennen die Bundesrepublik nicht als Staat an. Sie behaupten, das Deutsche Reich bestehe bis heute fort.

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