Öffentlicher Nahverkehr:Nürnberg will 365-Euro-Ticket für alle einführen

Nürnberg plant 365-Euro-Jahresticket für alle

Für den öffentliche Nahverkehr in Nürnberg soll es ab 2023 ein 365-Euro-Jahresticket für alle geben.

(Foto: dpa)

Die Jahreskarte soll es spätestens vom 1. Januar 2023 an geben. Der Beschluss der neuen Rathaus-Koalition macht einen angestrebten Bürgerentscheid überflüssig.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Der Druck muss enorm gewesen sein auf das schwarz-rote Rathausbündnis in Nürnberg: Die Initiatoren für ein 365-Euro-Ticket hatten in kurzer Zeit mehr als 20 000 Unterschriften gesammelt, im August hätten die Bürger über ein solches Ticket abstimmen sollen. Die Amtsperiode des neuen Oberbürgermeisters Marcus König (CSU) hätte also gleich mit einer krachenden Niederlage beginnen können. Dazu wird es nicht kommen. Im Gegenteil. Der OB hat sich nun an die Spitze der Initiative gesetzt und spricht von einem "Meilenstein für Nürnberg" und davon, dass die Stadt "Geschichte schreiben" werde. Nürnberg will spätestens vom 1. Januar 2023 an ein 365-Euro-Ticket im Stadtgebiet für alle Bürger einführen. "Wir sind damit die erste große Stadt in Deutschland, die sich dazu bekennt", sagt der OB.

Der von der Initiative angestrebte Bürgerentscheid wird damit ersatzlos entfallen. Zwar wollte die Initiative um den Stadtrat Titus Schüller (Linke) das Ticket ursprünglich bereits zu Beginn 2021 einführen. Der von CSU und SPD angebotene Kompromiss - die Zusage für eine Einführung zwei Jahre später - sei aber auf Zustimmung bei der Initiative gestoßen.

Ob auch die Mehrzahl der Unterschreibenden dem Kompromiss zustimmt, sei spekulativ. "Ich glaube aber, dass es das ist, wofür die Leute unterschrieben haben", sagt Schüller. Zumal sich die Stadt nun 500 000 Euro für den andernfalls notwendigen Gang zur Urne einspart. Er habe vor acht Jahren erstmals ein solches Ticket gefordert und bedanke sich ausdrücklich für diesen Kompromiss, sagt Schüller. Zumal er bereits vor 15 Jahren erstmals für ein Sozialticket für Bedürftige plädiert habe und auch dieses nun Wirklichkeit wird, sogar schon vom kommenden Jahr an. Inhabern des sogenannten Nürnberg-Pass - es handelt sich um 80 000 Nürnberger - wird dann ein Monatsticket in der Tarifstufe A für 15 Euro angeboten. "Das ist eine deutliche Verbesserung für Menschen, die es nicht immer leicht haben", sagt Schüller.

Bürgermeister Christian Vogel (SPD), der Aufsichtsratschef der Verkehrsgesellschaft ist, hofft nun auf viel Zuspruch für die neuen Tickets. "Wir brauchen jetzt die, die nach diesem Ticket gerufen haben", sagt er, die Nürnberger also. Sorgen, dass die Kapazitäten für einen etwaigen Ansturm in Bussen und U-Bahnen nicht ausreichen könnten, treiben ihn weniger um: "Wir gehen davon aus, dass wir das abdecken können." Immerhin investiert die Stadt in den kommenden Jahren allein 230 Millionen Euro in neue U-Bahn-Waggons.

Und die Finanzierung? Man habe nun zwei Jahre gewonnen, um "Partner und Financiers" mit ins Boot zu holen, sagt OB König. Er hoffe auf die Beteiligung umliegender Kommunen sowie der Staats- und Bundesregierung. Allein auf die Stadt Nürnberg dürften Mehrausgaben von 30 Millionen Euro pro Jahr zukommen. Wo gegebenenfalls gespart werden muss, müsse künftig der Stadtrat entscheiden, sagt der OB - im Falle eines Bürgerentscheids für so ein Ticket hätte die Stadt ja ebenfalls für anfallende Kosten aufkommen müssen. Allein den Namen "365-Euro-Ticket" findet König eher ungut. Dieser trage die Gefahr einer "Mogelpackung" in sich, sagt er. Schließlich sei es allein durch Inflation und Kostensteigerungen unrealistisch, dass ein solches Ticket auf Dauer für diese Summe zu haben sei.

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