U-Ausschuss zum NSU:Beckstein verteidigt Polizeiarbeit

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Der ehemalige bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein hat als Zeuge im NSU-Untersuchungsausschuss im Bayerischen Landtag ausgesagt (Foto: dpa)

Die Polizei im Freistaat habe keine wesentlichen Fehler gemacht: Bayerns früherer Innenminister Beckstein sagt im NSU-Untersuchungsausschuss aus. Für sich nimmt er in Anspruch, frühzeitig auf die Möglichkeit rechtsextremer Täter hingewiesen zu haben.

Von Mike Szymanski

Bayerns früherer Ministerpräsident und Innenminister Günther Beckstein (CSU) bleibt dabei: Bei der Aufklärung der NSU-Mordserie habe die Polizei im Freistaat keine wesentlichen Fehler gemacht. Beckstein sagte am Dienstag als Zeuge im NSU-Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags: "Ich kenne keinen Punkt, wo ich sage, hätten wir das anders gemacht, wären die Täter sofort gefasst worden."

Allerdings nahm er für sich in Anspruch, frühzeitig auf die Möglichkeit rechtsextremer Täter hingewiesen zu haben. Aus heutiger Sicht hätten die Beamten "stärker im rechtsextremen Bereich ermitteln sollen". Neun Morde an Migranten und ein Mord an einer Polizistin werden den Tätern des Nationalsozialistischen Untergrunds zugerechnet, davon fünf in Bayern, allein drei in Nürnberg.

Mit der Vernehmung Becksteins steigt der Untersuchungsausschuss in die Schlussphase seiner Arbeit ein. Die Landtagsabgeordneten konfrontieren derzeit die Entscheidungsträger von damals mit den in den vergangenen Monaten gewonnenen Erkenntnissen. Beckstein war von 1993 bis 2007 Innenminister in Bayern und bis Herbst 2008 Ministerpräsident. Die Mordserie fällt in seine Amtszeit.

"Die Mordserie war der Fall, der mich am meisten bewegt hat", sagte Beckstein in einer kurzen Eingangserklärung. Er bezeichnete das Scheitern der Ermittler als "einer der zentralen Niederlagen der bayerischen Polizei". Beckstein hatte bereits vor einem Jahr im Untersuchungsausschuss des Bundestages ausgesagt und damals erklärt, er sehe "keinen substanziellen Fehler bei den bayerischen Behörden".

Auch am Dienstag blieb Beckstein bei dieser Darstellung. Die Ermittler hätten das Terror-Trio "nicht auf dem Bildschirm gehabt". Bis zum Schluss hätten die Beamten außer der bei den Taten verwendeten Schusswaffe keine richtige Spur gehabt. "Letztlich ist alles abgearbeitet, was wir an ernsthaften Ideen hatten", meldeten ihm die Polizisten zurück. "Es gibt das perfekte Verbrechen nicht. Es muss irgendwo ein Schlüssel liegen, der das Verbrechen erklärt. Den haben wir heute noch nicht", sagte Beckstein.

Nach jedem Mord habe er "heftiger nachgefragt"

Erst auf Nachfrage des Ausschussvorsitzenden Franz Schindler (SPD) und weiterer Abgeordnete räumte Beckstein mit, wo die Ermittlungen dann doch nicht optimal gelaufen seien. Vergangene Woche hatte die Augenzeugin Beate K. im Ausschuss erklärt, die Polizei hätte ihre Aussage nicht ernst genommen und im Protokoll sogar relativiert. Sie hatte 2005 beim dritten Mord in Nürnberg die Täter Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gesehen und auf Überwachungsvideos aus Köln wiedererkannt. Dort sollen die Terroristen ein Jahr zuvor einen Bombenanschlag gegen die türkische Gemeinde verübt haben.

Die mögliche Verbindung beider Taten hätte die Ermittler dazu veranlassen müssen, ihre Theorie von Tätern aus dem Bereich der organisierten Kriminalität zumindest infrage zu stellen. Aber die Vernehmungsbeamten glaubten der Frau nicht, weil ihre Aussage nicht ins "Gesamtbild" zu passen schien. Beckstein sagte im Ausschuss, die Sache gefalle ihm nicht. Jedoch sehe er in diesem Versäumnis nicht den "Schlüsselfehler" in den Ermittlungen. Er habe auch immer vor "Verengungen" gewarnt und gemahnt, dass man in alle Richtungen ermitteln müsse, solange die Täter nicht gefasst seien. Nach dem dritten Mord in Nürnberg sei schnell klar geworden, dass die Hintergründe der Taten wohl nicht in der organisierten Kriminalität zu suchen seien.

Beckstein hatte bereits nach dem ersten Mord vermutet, es könnte sich womöglich um Rechtsextremisten handeln. Eine entsprechende handschriftliche Notiz findet sich am Rande eines Zeitungsartikels. Nach jedem weiteren Mord habe er "heftiger nachgefragt", er habe das Gefühl gehabt, hier müsse ein "hoch professioneller Killer" am Werk sein. Die Ermittler hätten ihm versichert: "Die Kameraden haben nichts damit zu tun."

"Die haben alle korrekt ausgesagt"

Auf Nachfrage der Grünen-Abgeordneten Susanna Tausendfreund räumte Beckstein ein, dass die Polizei keineswegs bei ihren Ermittlungen im Angehörigenkreis der Opfer auf eine "Mauer des Schweigens" gestoßen sei. "Glücklich war die Äußerung sicher nicht", sagte Beckstein. "Die haben alle korrekt ausgesagt. Rausgekommen ist aber nichts." Die Angehörigen hatten sich über die Ermittlungsmethoden beschwert, sie fühlten sich kriminalisiert.

Den im Jahr 2006 zwischen bayerischen Ermittlern und dem Bundeskriminalamt (BKA) entbrannten Streit über die Zuständigkeiten für die Ermittlungen relativierte Beckstein. Das BKA wollte damals die Führung an sich ziehen, nachdem die Polizei in den Ländern nicht weitergekommen war. Dieser Versuch scheiterte nach Angaben von ranghohen BKA-Mitarbeitern, die bereits als Zeugen im Untersuchungsausschuss ausgesagt hatten, am Widerstand der Bayern. Beckstein sagte dazu : "Es hat nie einen ernsthaften Streit auf Ebene der Minister gegeben."

Er halte es auch heute noch für richtig, dass die Bayern sich damals widersetzten, die Ermittlungen neuen Leuten zu übertragen.

© SZ vom 12.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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