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NSU-Ausschuss im Landtag:Merk entschuldigt sich - sieht aber keine Versäumnisse

Letzte Zeugenvernehmung im NSU-Ausschuss: Justizministerin Beate Merk hat nach ihrem Amtsantritt 2003 zunächst wenig Interesse an der Mordserie gezeigt - nun entschuldigt sie sich bei den Opfern. Eigene Fehler kann sie allerdings nicht erkennen.

Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) hat sich bei den Angehörigen der NSU-Mordopfer und bei den Verletzten der NSU-Anschläge für die jahrelang erfolglosen Ermittlungen entschuldigt. Sie entschuldige sich dafür, dass es nicht gelungen sei, die Mordserie schnell aufzuklären und weitere Taten zu verhindern, sagte Merk am Donnerstag im NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags. "Ich bedaure das sehr als Vertreterin der Exekutive - vor allen Dingen aber auch ganz persönlich."

Eigene Fehler oder Versäumnisse ihres Ministeriums sieht Merk aber nicht. Sie hatte nach ihrem Amtsantritt 2003 zunächst wenig Interesse an der NSU-Mordserie, die allein in Bayern fünf Opfer forderte, gezeigt: Über Details aus den Ermittlungen ließ sie sich - anders als der damalige Innenminister Günther Beckstein (CSU) - nicht informieren.

Merk betonte nun, die Mordserie, die in der jüngeren deutschen Geschichte ohne Beispiel sei, habe alle geschockt. Es mache betroffen, dass es nicht gelungen sei, diese aufzuklären. Andererseits betonte Merk, dass es keinen Grund für sie selbst oder ihr Ministerium gegeben habe, sich in die Ermittlungen der zuständigen Staatsanwaltschaften einzuschalten. Das Ministerium sei keine Task Force und keine "Über-Staatsanwaltschaft", und die Staatsanwälte seien nicht Ausführungsorgane des Ministeriums. Für ein Einschreiten des Ministeriums als Dienstaufsicht habe es keinerlei Ansatzpunkte gegeben, weil es keine Hinweise auf Versäumnisse bei den Staatsanwaltschaften gegeben habe.

Sie wurde aber informiert, als die Münchner und Nürnberger Ermittlungen gebündelt wurden. Darüber hinaus seien sich alle einig gewesen, dass es trotz der ebenfalls ungeklärten Morde in anderen deutschen Städten kein bundesweites Sammelverfahren geben sollte, so Merk. Genau das hatte eine Expertenkommission aber in einer Manöverkritik deutlich beklagt.

Die Grünen-Abgeordnete Susanna Tausendfreund erklärte nach der Sitzung: "Ich bin fassungslos über das Amtsverständnis von Frau Merk. Ihre Aussage, dass sie sich während ihrer Amtszeit von ihrem Haus nicht ein einziges Mal über die Mordserie informieren ließ, obwohl während dieser Zeit fünf der neun Morde an ausländischen Mitbürgern hier in Bayern begangen wurden, bestürzt." Auch der Abgeordnete Michael Piazolo (Freie Wähler) reagierte überrascht auf Merks Desinteresse.

Merk war die letzte Zeugin im NSU-Untersuchungsausschuss. Dieser muss jetzt bis Mitte Juli seinen Abschussbericht vorlegen.

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