Süddeutsche Zeitung

Notwehr:Polizei erschießt Heimbewohner

62-Jähriger hatte zuvor einen Beamten mit dem Messer verletzt

Die Polizei hat am Mittwochmittag im oberbayerischen Erharting einen psychisch kranken Altenheimbewohner erschossen. Die Beamten berufen sich darauf, dass es Notwehr gewesen sei. Der 62-Jährige sei zuvor mit einem Messer auf sie losgegangen.

Eigentlich war es ein Routineeinsatz im Seniorenpflegeheim Birkenhof im Landkreis Mühldorf am Inn: Ein Bewohner sollte auf Anordnung des Landratsamtes in eine psychiatrische Klinik verlegt werden, den Transport dorthin übernahm das Rote Kreuz. "Der Mann war wohl schon am Vormittag aggressiv. Deswegen hat uns das Landratsamt gebeten, ihn zu begleiten. Das ist zunächst mal nicht ungewöhnlich", sagte ein Polizeisprecher. Er schilderte den Vorgang so: Zwei Beamte haben zusammen mit den beiden Sanitätern gegen 13.15 Uhr das Zimmer betreten. "Der 62-Jährige teilt es sich mit einem Mitbewohner. Es waren also sechs Personen in einem sehr kleinen Raum." Als der Mann erfahren habe, dass er in eine psychiatrische Klinik verlegt werden sollte, ging er auf die Beamten los. Mit einem Messer stach er auf einen der beiden Polizisten ein. Daraufhin fielen mehrere Schüsse. "Es ist noch unklar, wer geschossen hat und wie der Bewohner getroffen wurde", sagte der Polizeisprecher.

Der Mann starb noch am Tatort. "Der Polizist ist am Bein verletzt worden und in ein Krankenhaus gebracht worden. Offenbar ist er aber ansprechbar, es scheint gut für ihn auszugehen", sagte der Polizeisprecher. Sein Kollege sei unverletzt, genauso wie die BRK-Sanitäter und der Mitbewohner des Täters. Sie stehen unter Schock und werden ebenfalls ärztlich betreut. Der Tote sei in Liberia geboren und habe seit zehn Jahren im Seniorenpflegeheim gelebt. "Inzwischen ist klar, dass der Mann an einer chronischen Schizophrenie litt", sagte ein Polizeisprecher. Wie er an das Messer kam, sei noch unklar. Die Ermittlungen führt die Staatsanwaltschaft Traunstein mit dem Landeskriminalamt. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte, der Fall müsse rasch vollständig aufgeklärt werden. Vor allem solle herausgefunden werden, mit welcher Eigensicherung die Polizisten vorgingen. Es gebe schließlich Stichschutzwesten und Pfefferspray.

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SZ vom 14.07.2016 / miu
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