Süddeutsche Zeitung

Geopark Ries:Bayerns Super-Krater

Kelten und Römer schätzten den fruchtbaren Boden im Nördlinger Ries, heute trainieren Astronauten hier. Nun soll es endlich mit dem Unesco-Titel klappen - im dritten Anlauf.

Von Florian Fuchs, Nördlingen

Die Führer im Geopark Ries geleiten Touristen aus der ganzen Welt durch die Gegend um Nördlingen, gerade haben sie für ihre Verdienste den Heimatpreis Südbayern verliehen bekommen. Es ist ein Preis, mit dem der Freistaat Bürger würdigt, die sich beispielhaft für ihre Heimat engagieren. Es läuft also für den Geopark, zum vollkommenen Glück fehlt jetzt eigentlich nur noch, dass die Unesco auch endlich würdigt, was im Ries geboten ist: eine beeindruckende Landschaft, geprägt von einem Asteroideneinschlag vor 14,5 Millionen Jahren. Das mit der internationalen Würdigung gestaltet sich allerdings etwas komplizierter: Nachdem die ersten beiden Anläufe zurückgestellt wurden, bewirbt sich der Geopark nun ein drittes Mal. Ende November müssen die Unterlagen in Paris sein.

Die Unesco vergibt nicht nur Welterbetitel, etwa für das Wassermanagement in Augsburg, das gerade ausgezeichnet worden ist. Es gibt auch ein immaterielles Kulturerbe, wozu zum Beispiel Yoga in Indien zählt, ein Weltdokumentenerbe wie die Göttinger Gutenberg-Bibel und es gibt Unesco-Geoparks, Gebiete mit besonderen geologischen Stätten wie die Vulkaneifel in Rheinland-Pfalz oder der Ngorongoro-Krater in Tansania. In diese Runde will der Geopark Ries vorstoßen, und wenn man Geschäftsführerin Heike Burkhardt zuhört, versteht man gar nicht, warum eine Bewerbung überhaupt noch nötig ist.

Tatsächlich ist es ziemlich einzigartig, was durch diesen Einschlag vor Millionen Jahren im Ries entstanden ist. Bis heute trainieren Astronauten dort, in den Siebzigerjahren schickte die Nasa ihre Apollo-Raumfahrer, damit sie wissen, wie das Gestein auf dem Mond so aussieht: Im Rieskrater liegt so viel Suevit - auch Schwabengestein genannt - wie nirgendwo sonst. "Das ähnelt Gestein auf dem Mond", sagt Diplom-Biologin Burkhardt. "Die Astronauten konnten so lernen, was sie auf ihren Missionen einsammeln sollten."

Bestimmte Materialien wie das Suevit, können nicht unter gewöhnlichen, irdischen Druckverhältnissen entstehen. Anfang der Sechzigerjahre wies man nach, dass bestimmte Krater auf Meteoriteneinschläge mit hohem Druck und hoher Temperatur zurückzuführen sein müssen: Zuerst gelang dies beim Barringer-Krater in den USA, kurz darauf im Rieskrater. "Es ist einer der am besten wissenschaftlich untersuchten Krater der Welt", sagt Burkhardt. "Und einer der am besten erhaltenen."

Im Gegensatz zum Barringer-Krater, der in Arizona mitten im Nirgendwo liegt, ist der Rieskrater schon lange besiedelt, wovon römische und keltische Spuren zeugen. Schon damals wussten die Siedler den fruchtbaren Boden zu schätzen, heute gilt das Ries als eine der Kornkammern Bayerns. Nicht nur geologisch, auch kulturell hat das Gebiet also eine reichhaltige Geschichte vorzuweisen. Alles gute Argumente für eine Unesco-Auszeichnung.

Dass das aber nicht so einfach ist, mussten auch die Verantwortlichen des Geoparks lernen. Schon vor drei Jahren unternahmen sie einen ersten Anlauf, die Bewerbung geriet schon früh ins Stocken: Die vorgeschaltete deutsche Unesco-Kommission reichte die Unterlagen gar nicht erst ans Unesco-Sekretariat nach Paris weiter, weil der Geopark laut Statuten erst eine eigene Körperschaft bilden musste, nun ist er als Verein eingetragen.

Beim zweiten Versuch war es dann unpraktisch, "dass sich der Asteroid beim Einschlag vor 14,5 Millionen Jahren leider nicht an heutige Gebietsgrenzen gehalten hat", sagt Burkhardt und lacht. Es steht zwar nicht in den Statuten, aber die Unesco monierte, dass der Geopark Ries sich teilweise mit dem Geopark Schwäbische Alb überlappt - denn der ist bereits Unesco Global Geopark, hat die begehrte internationale Auszeichnung also schon erhalten. So haben die Parks in mühsamer Arbeit die Gebietsgrenzen neu gezogen und dazu allerlei Papierkram erledigt, unter anderem war ein neues geologisches Gutachten notwendig. Gerade hat die Unesco die neue Grenze für den Geopark Schwäbische Alb offiziell bestätigt, womit nun wiederum der Weg für den bayerischen Nachbarn frei ist.

"Wir haben keine Garantie, aber dieses Mal ein gutes Gefühl", sagt Geschäftsführerin Burkhardt. Natürlich erhofft sie sich mehr Touristen vom Unesco-Label, es geht ihr aber auch um das, was der südbayerische Heimatpreis ausgezeichnet hat: "Es wäre auch ein Baustein, die ländliche Region hier als Lebensraum attraktiv zu halten." Ein wenig Geduld ist noch gefragt: Wenn die Unterlagen eingereicht sind, durchläuft die Bewerbung verschiedene Gremien, unter anderem kommen Experten für eine Bewertung in den Park - im April 2021 soll eine Entscheidung fallen.

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Quelle:
SZ vom 14.10.2019
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